Nachdem der Stadtrat am 22. Januar 2020 beschlossen hatte die Arndtstraße in Hannah-Arendt-Straße umzubenennen, wurde dieser Entschluss nun in der Sitzung am 16. September aufgehoben. Vorerst wird die Straße in der Südvorstadt also nicht in Hannah-Arendt-Straße umbenannt und behält ihren Namen.

Dem voraus geht unter anderem die Petition „Arndt bleibt Leipziger – Keine Umbenennung der Arndstraße“ von Kai-Uwe Arnold und eine Debatte rund um die historische Benennung von Straßennamen im Allgemeinen (siehe auch „Leipziger Zeitung“ LZ Nr. 81). Damit ist die Thematik um die Arndtstraße jedoch noch immer nicht gänzlich vom Tisch.

Denn die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen reichte einen Änderungsantrag ein, der, genau wie die Arndtstraße selbst, auch für Diskussionen sorgte. Der ursprüngliche Änderungsantrag lautete: „Die Umsetzung des Beschlusses des Stadtrates Nr. VII-A-00420 vom 22.01.2020 wird bis dahin ausgesetzt.“ An dem letzten Wort wiederum entbrannte jedoch im Stadtrat eine Paralleldebatte.

Sigrun Seidel (CDU), die die Debatte anführte mit „Wo ist denn da ein Anfang und wo zieht man das Ende?“, kreidete die Formulierung des Änderungsantrags an und stichelte gegen Vorredner Jürgen Kasek (Bündnis 90/Die Grünen), er solle doch mit seiner Formulierung auch schreiben was er meint.

Darauf folgte Unruhe im Großen Saal der Kongresshalle am Zoo und Sven Morlok (FDP) unterbreitete den Vorschlag, „ausgesetzt“ durch „aufgehoben“ zu ändern. Nach kurzer Verwirrung wurde der Antrag mit 43 Ja-, sechs Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen beschlossen. Die wissenschaftliche Kommission soll sich trotzdem mit Ernst Moritz Arndt beschäftigen. Allerdings befindet sich diese immer noch in der Gründung.

Ein weiterer Streitpunkt stellte die Sinnhaftigkeit der Prüfung durch die Kommission dar. Getu Abraham (SPD) erwartet kein neues Ergebnis, da andere Wissenschaftler/-innen sich schon die Mühe gemacht haben und es dort immer noch Arndtstraßen gibt. Leipziger Wissenschaftler/-innen würden mit den gleichen Quellen zum gleichen Ergebnis kommen. Darauf entgegnet Kumbernuß, dass die Universität Greifswald den Namen 2018 abgelegt hat. Insgesamt zog sich die Debatte und die Redner/-innen lieferten sich einen regen Austausch.

Einen Anfang nahm die Änderung der Arndtstraße mit einer Petition von Alexander John namens „150 Jahre sind genug – Arndtstraße in Leipzig umbenennen“. Diese Petition nahm Stadtrat Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) im Oktober 2019 zum Anlass im Stadtrat zu fordern: „Der Leipziger Stadtrat möge beschließen, die Arndtstraße in 04275 Leipzig in Hannah-Arendt-Straße umzubenennen.“

Nachdem im Januar 2020 beschlossen wurde, den Antrag von Kumbernuß anzunehmen, gingen in der einmonatigen Widerspruchsfrist rund 180 Anträge bei der Stadt ein, die bis zur Sitzung heute unbeantwortet blieben. Dazu kam auch noch Arnolds besagte Gegenpetition. Damals wurde komplett ohne Bürger/-innenbeteiligung über die Umbenennung beschlossen. Nun ist der Beschluss aufgehoben und die Diskussion um die Arndtstraße geht weiter.

Die Debatte am 16. September 2020 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Petitionsausschuss des Leipziger Stadtrats knickt vor Arndt-Verfechtern ein und torpediert die Stadtratsentscheidung vom Juni

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Es gibt 5 Kommentare

In dem Zusammenhang interessiert mich also nun doch mal der “Vorwurf” gegenüber Burkhard Jung, welcher in der Phrase gekleidet “Nähe zum Linksterrorismus” daherkommt. Gibt es dafpr auch nur einen Beleg? Oder handelt es sich um eine Verleumdung ohne Beweise?

Ähmm äh Ellen – womit beschäftigt sich der Stadtrat da? Mit der Karl Marx Straße? Mit der Karl Liebknecht Straße? Da gibt es noch eine Reihe anderer Namen, die irgendwie nicht mehr passen. Arndt ist da nur eine fixe Idee um sich zu profilieren, und dann bis tief in Nacht Selbstdarstellung zu spielen. “Was haben wir heute wieder für den Humanismus gekämpft!” An so einer Umbenennung hängen reichlich Folgeprobleme daran. Ich bekomme heute noch Post mit mehreren Wochen Verspätung wegen ähnlicher Vorgänge aus den 90’ern. Und “Ähmm”, was soll der letzte Satz bedeuten – Ähmm, Sorry also Autorin – hä? Ich bin perplex.
Ellen, wie heißen Sie denn nun wirklich, Sie sind doch sonst so wild auf Klarnamen.
Grüße Steffen Rascher Ähmm äh Igor

Ähmm, nochmal den Livestream schauen, wenns dann in der Aufzeichnung geht, also auch die Autorin? (Der “Igor” ist aus meiner Sicht eh unterkomplex. Sorry, ist gerade das Netteste, was mir einfiel..)

Aber das Thema Petition vs. Stadtratsbeschluss vs. Petition doch sehr interessant. Zumal es ja hier darum ging, finanziellen Schaden von der Stadt abzuwenden, da die “180 Kläger” ansonsten mangelndes Verwaltungshandeln hätten geltend machen können. Wobei die wohl zum Großteil nicht in Leipzig wohnen.

Der Stadtratsbeschluss wurde aufgehoben, der Franzosenhasser Arndt etc. in die bereits vorher beschlossene Historikerkommission verwiesen und nach Wiedervorlage wird es auch eine direkte Diskussion mit den wirklichen Anliegern der Straße geben. Und im besten Falle aus meiner Sicht dann einen neuen Stadtratsbeschluss zum Thema. Ist ein Unterschied, ob man jemanden toll oder nicht so findet, aber die Ehrung durch eine Straßenbennung, sollte die Würde anderer Benannter nicht abwerten. Meine Meinung.

Das ist doch mal eine gute Nachricht für Leipzig.
Statt sich mit sowas zu beschäftigen, sollten wir uns um die linke Gewalt kümmern, nicht das in Zukunft auch noch OB Burkhard Jung als Straßenname abgelehnt werden muss, weil Historiker seine Nähe zum Linksterrorismus kritisieren.

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