Noch im Herbst stellte die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat den Antrag, dass Leipzigs Oberbürgermeister deutlich Stellung beziehen solle gegen die militärische Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle. Und zwar auch in den Aufsichtsgremien. Aber immer wenn eine Ratsfraktion das versucht, wird der Flughafen zur Sperrzone für die politische Willensbildung.

„Der Oberbürgermeister spricht sich gegen militärische Ansiedlungen in Leipzig und am Flughafen Leipzig/Halle aus und wird alles in seiner Möglichkeit Stehende unternehmen, um jene Ansiedlungen zu verhindern und sich in den entsprechenden Gremien gegen diese einsetzen“, hatte die Linksfraktion gefordert.Jetzt hat der OBM dazu Stellung bezogen. Und das dürfte bei der Linksfraktion gar nicht gut ankommen. Denn wenn das Stadtoberhaupt mit dieser Position recht haben sollte, würde das bedeuten, dass mehr als eine Placebo-Politik in Deutschland nicht möglich ist und die Demokratie überall dort endet, wo es um wirtschaftliche Interessen geht und seien es auch die des Freistaats Sachsen oder der Bundesrepublik Deutschland.

Denn ein allgemeines Friedens-Bekenntnis abzugeben, damit hat Oberbürgermeister Burkhard Jung kein Problem: „Der Oberbürgermeister teilt das Anliegen der Antragsteller, sich für Frieden und Abrüstung in der Welt einzusetzen. Dies findet seinen Ausdruck unter anderem mit der Mitgliedschaft im internationalen Städtenetzwerk ,Mayors for Peace‘. Zuletzt setzte die Mayors for Peace-Flagge, eine weiße Taube auf grünem Grund, anlässlich des Inkrafttretens des Atomwaffenverbotsvertrags am 22. Januar 2021 vor dem Neuen Rathaus ein Zeichen der Unterstützung.“

Und warum dann keine Erklärung, dass die Stadt Leipzig gegen die militärische Nutzung des Flughafens ist, der den Namen der Stadt trägt?

„Diese Willenserklärung sollte sich aber auf Felder mit Zuständigkeit oder Einflussmöglichkeit beschränken. Der im Antrag geforderte Einsatz des Oberbürgermeisters hätte reinen Appellcharakter“, formuliert das Referat Grundsatz und Koordination. Was ja schon einmal ein Anfang wäre. Ein Appell wäre auch ein Bekenntnis.

Aber wie ist es mit dem Sitz der Stadt Leipzig in den Aufsichtsgremien des Flughafens, den OBM Burkhard Jung wahrnimmt?

„Der Flughafen Leipzig/Halle ist als Verkehrsflughafen des allgemeinen Verkehrs genehmigt. Der Airport dient dem Gemeingebrauch der Luftfahrt und ist damit allgemein zugänglich. Flüge auf militärische Anforderung stehen im Einklang mit der Betriebserlaubnis des Flughafens als internationaler Verkehrsflughafen entsprechend seiner luftrechtlichen Genehmigungen, die ihrem Wesen nach auch eine Betriebspflicht darstellen“, heißt es in der Begründung, warum der OBM nicht tätig werden kann.

„Eine gesellschaftsrechtliche Einflussnahme auf den Flughafen ist nicht möglich, da die Stadt Leipzig keine Anteilseignerin der Flughafen Leipzig/Halle GmbH ist und somit keine Gesellschafterrechte oder Befugnisse gegenüber der Flughafen Leipzig/Halle GmbH besitzt. Bezogen auf die Mitteldeutsche Flughafen AG als Holding, an der die Stadt Leipzig 2,1 Prozent der Anteile hält, ist festzustellen, dass der Oberbürgermeister weder dazu aufgefordert werden kann, im Aufsichtsrat gegen das Unternehmensinteresse zu verstoßen noch aus dem Aufsichtsrat zu berichten. Selbst hoheitlich ist die Stadt Schkeuditz und nicht die Stadt Leipzig für den Flughafen Leipzig/Halle zuständig.“

Das nennt man dann wohl eine Black Box.

Wobei Burkhard Jung ja schon mehrfach erklärt hat, dass er nichts unternehmen würde, um die Geschäftsentwicklung am Flughafen in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.

Das steht so ungefähr auch in der Stellungnahme zum Antrag der Linken: „Die Stadt Leipzig profitiert stark vom Flughafen Leipzig/Halle mit seiner hochwertigen Infrastruktur im Passagier- und Frachtbereich. Diese dient der gesamten Region im internationalen Werben um Ansiedlungen von Unternehmen, wissenschaftlichen Instituten und Organisationen. Die erfolgreiche Ansiedlungspolitik trägt zum wirtschaftlichen Wachstum, der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region und zum Ausbau des internationalen Handels bei. Auch in der Überzeugung, dass dieser Handel die friedliche Kooperation stärkt, setzt sich der Oberbürgermeister weiterhin im Rahmen seiner Möglichkeiten für die zivile Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle ein. Das schließt nicht aus, dass Transporte der Bundeswehr oder der Nato zu Missionen (insbesondere Friedensdiensten) im Auftrag der UNO am Flughafen Leipzig-Halle abgewickelt werden.“

Was einmal mehr eine Stellungnahme aus der Verwaltung ist, die dem eigentlichen Antrag einfach ausweicht und nicht mal drauf eingeht.

Denn die Linksfraktion hatte eindeutig gefordert, dass sich der OBM gegen „militärische Ansiedlungen“ aussprechen sollte, womit in diesem Fall der Bau eines Logistikzentrums für das Betreiben einer Flotte von 44 bis 60 Militärgroßhubschraubern der Bundeswehr gemeint ist, gegen die der Verein „Leipzig bleibt friedlich“ seit Monaten Unterschriften für eine Petition sammelt.

Heißt im Klartext: Die Stellungnahme aus dem OBM-Büro ist wieder nur Augenwischerei, geht auf das Thema gar nicht ein und das Fazit am Ende stimmt auch nicht: „Entspricht bereits dem bestehenden Verwaltungshandeln und wird fortgeführt.“ Denn nichts von dem, was der Antrag fordert, tut die Verwaltung bislang.

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