Das beängstigende an konservativer Politik ist immer wieder, dass sie militärische Einsätze immer wieder als ganz selbstverständliche Drohkulisse selbst in der Friedenspolitik betrachten. Das Jahr 1990 wurde eindeutig nicht genutzt, einen wirklich nachhaltigen Friedensprozess für ganz Europa zu beginnen. Im Gegenteil: Man erweiterte lieber das Aufstellungsgebiet der NATO. Und der Flughafen Leipzig/Halle ist längst Teil der diversen NATO-Operationen in der Welt geworden. Das kann aber nicht Leipzigs Interesse sein, findet die Linksfraktion.

Die erinnert sich noch sehr gut an die Worte von Finanzbürgermeister Torsten Bonew in der Stadtratssitzung vom 11. November 2020, als er sagte, die Stadt habe grundsätzlich nichts gegen militärische Ansiedlungen, „die dem Flughafen und der Stadt Leipzig nützen“. Damals ging es um die mögliche Ansiedlung einer Flottenmanagementbasis für Militärgroßhubschrauber, die die Bundeswehr nach wie vor plant, auch wenn sie die Ausschreibung dafür aus finanziellen Gründen vorerst ausgesetzt hat.Dass das Bewerberkonsortium ganz selbstverständlich eine Niederlassung am (Zivil-)Flughafen Leipzig/Halle ins Auge fasste, sagte eine Menge über die Ansiedlungspolitik der Flughafenbetreiber – und über das seltsame Schweigen der Stadt Leipzig zu allem, was am ausufernden Frachtflughafen geplant ist.

Da fühlte sich nicht nur die Linksfraktion wie im falschen Film, als der sitzungsleitende Bürgermeister Torsten Bonew auf Anfrage der Linksfraktion erklärte, dass die Stadt Leipzig grundsätzlich nichts gegen militärische Ansiedlungen habe, sofern diese „dem Flughafen oder der Stadt Leipzig nützen“.

„Eine solche Aussage schadet dem Ruf und der Glaubwürdigkeit der Stadt“, kommentiert das die Linksfraktion jetzt in Zusammenhang mit einem Antrag, der jetzt Thema in der Ratsversammlung wird. „Leipzig ist Ort der friedlichen Demokratiebewegung 1989; unsere Stadt ist weltoffen, humanistisch orientiert und dem Frieden verpflichtet. Das bedeutet ganz klar: Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht über Menschlichkeit und ziviler Konfliktlösung stehen. Unsere Fraktion lehnt deshalb jede militärische Ansiedlung am Flughafen Leipzig/Halle ab.“

Es waren nicht nur die Amerikaner, die den Flughafen als Drehscheibe für ihre Truppen- und Materialverlegungen in den Irak und nach Afghanistan nutzten. Auch die Bundeswehr fliegt hier regelmäßig mit großem Gepäck und schweren Großflugzeugen ihre Truppen im Auslandseinsatz an. Vom Gesetz her kann eine solche Nutzung eines Zivilflughafens für Militärflüge nicht untersagt werden.

Und das Wahlprogramm von CDU und CSU zur Bundestagswahl deutet schon an, dass die beiden konservativen Parteien wieder stramm auf militärische Aufrüstung setzen – und damit auf eine massive Erhöhung der Militärausgaben. Und das ohne Steuererhöhungen? Die F.A.Z. hat das analysiert.

Aber der Linksfraktion fehlt jedes Signal aus der Rathausspitze, dass man sich dort wenigstens dafür einsetzt, dass nicht auch noch dauerhafte Niederlassungen militärischer Einrichtungen den Flughafen besiedeln.

Mit dem Antrag „Frieden ist Verantwortung aller“, der Thema in der Ratsversammlung am 23. Juni sein wird, fordert die Linksfraktion deshalb eine deutliche Positionierung gegen militärische Ansiedlungen am Schkeuditzer Airport vonseiten der Verwaltung.

„Der Oberbürgermeister sollte alles in seiner Möglichkeit stehende tun, um die Niederlassung von Militär zu verhindern und sich in entsprechenden Gremien dafür einsetzen“, erklärt Sören Pellmann, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat. „Leipzig ist friedlich und soll es auch in Zukunft sein – dafür braucht es ein klares Bekenntnis.“

Für das Anliegen engagiert sich seit 2020 auch die Initiative „Leipzig bleibt friedlich“.

Die von ihr initiierte Petition hat inzwischen über 3.000 Unterstützer/-innen gefunden. In der Petition heißt es unter anderem: „Wir wollen nicht, dass der Rüstungskonzern Rheinmetall seine Tochterfirma Aviation Systems in die Region Leipzig/Halle verlegt und hier ein neuer Standort für Luftwaffentechnik etabliert wird. Wir nehmen mit zunehmender Sorge wahr, wie der zivile Flughafen Leipzig/Halle schleichend und ohne einen gesellschaftlichen Diskurs darüber zu einem immer größer werdenden internationalen Militärdrehkreuz ausgebaut wird. Selbst ausländische Armeen transportierten von hier aus Militärtechnik und hunderttausende Soldaten unter anderem in Kriegsgebiete nach Afghanistan oder in den Irak. Diese Entwicklung passt weder zur Historie unserer Stadt noch zu unserem heutigen Selbstverständnis.“

Denn eines sollte eigentlich nach dem konfliktreichen 20. Jahrhundert auch eine politische Lehre sein: Man löst Konflikte nicht mit Drohung und Gewalt, sondern mit richtiger – oft auch mühsamer – Friedenspolitik. Doch nach dem Zusammenbruch des Ostblocks hat der Westen diese Chance nie ergriffen und auch die Gelegenheit verpasst, ein europäisches Friedenssystem zu schaffen. Und statt die Konflikte mit Staaten wie Russland zu lösen, hat man lieber die Muskeln spielen lassen. Keine Überraschung also, dass sich viele Ostdeutsche an eine Zeit erinnert fühlen, die man eigentlich 1989 hinter sich gelassen hatte.

Und so fordert auch die Petition, dass „Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, sich zum einen gegenüber Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer klar gegen das Vorhaben ausspricht und er das Thema zum anderen im Leipziger Stadtrat öffentlich diskutiert.“

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