In den vergangenen Tagen verschickte die Initiative „Leipzig bleibt friedlich“ viele Briefe und E-Mails an Parlamentarier und Politiker, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen, dass es am Flughafen Leipzig/Halle keine militärischen Ansiedlungen geben darf, auch keinen Wartungsstützpunkt für Militärhubschrauber. Auch OBM Burkhard Jung hat einen Brief bekommen und auch geantwortet.

Und auch wenn Burkhard Jungs Antwort eher zu den friedlichen gehörte – einige Adressaten haben wohl sogar beleidigend reagiert –, hatte sich „Leipzig bleibt friedlich“ doch mehr versprochen und macht einen Teil der Antwort jetzt öffentlich.Darin heißt es: „(…) ich teile Ihr Anliegen, sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen. Erst im Januar wurde vor dem Neuen Rathaus die ,Mayors for Peace‘-Flagge, eine weiße Taube auf grünem Grund, anlässlich des Inkrafttretens des Atomwaffenverbotsvertrags am 22. Januar 2021 gehisst.

Das damit zum Ausdruck gebrachte Bekenntnis bringe ich auf Handlungsfeldern mit städtischer Zuständigkeit und Einflussmöglichkeit zur Anwendung. Da die von Ihnen angesprochene militärische Ansiedlung für Leipzig nicht zur Debatte steht, ist der vorgeschlagene Austausch mit Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht zielführend.

Nichtsdestotrotz wird sich die Ratsversammlung anlässlich des Antrags ,Frieden ist Verantwortung aller – gegen jede militärische Ansiedlung in unserer Stadt‘ voraussichtlich am 24. März in ihrer öffentlichen Sitzung darüber austauschen. Sollten dort aus Ihrer Sicht nicht alle Positionen zum Ausdruck kommen, möchte ich Sie ermuntern, Ihr Anliegen dem Petitionsausschuss vorzulegen.“

Eingereicht hat den Antrag „Frieden ist Verantwortung aller – gegen jede militärische Ansiedlung in unserer Stadt“ die Linksfraktion. Darin fordert sie zu Beschluss: „Der Oberbürgermeister spricht sich gegen militärische Ansiedlungen in Leipzig und am Flughafen Leipzig/Halle aus und wird alles in seiner Möglichkeit Stehende unternehmen, um jene Ansiedlungen zu verhindern und sich in den entsprechenden Gremien gegen diese einsetzen.“

Der Alternativvorschlag, den der OBM dazu formuliert hat, liest sich dabei eher wie ein Ausweichmanöver: „Der Oberbürgermeister setzt sich vordringlich für die zivile Nutzung des internationalen Verkehrs- und Logistikdrehkreuzes ,Flughafen Leipzig/Halle‘ ein.“

Als hätte er nicht den Mut, sich öffentlich gegen jede militärische Nutzbarmachung des Flughafens auszusprechen.

Eine Haltung, die „Leipzig bleibt friedlich“ jetzt öffentlich kritisiert: „Wir empfinden Burkhard Jungs Nichtzuständigkeits-Einlassungen als der Dimension des Themas unangemessen, oberflächlich und ausweichend. Mit seinem Mandat als Oberhaupt der Stadt der Friedlichen Revolution sollte er schon längst eine weit aktivere Rolle eingenommen haben. Offensichtlich scheint seine Funktion als langjähriges Mitglied des Aufsichtsrats der Mitteldeutschen Flughafen AG Burkhard Jung wichtiger zu sein, als über die schleichende militärische Umnutzung des Flughafens Leipzig/Halle zu diskutieren.“

Der Karikaturist Gerhard Mester hat die Situation in Leipzig ein weiteres Mal aufs Korn genommen. Denn wirklich konsistent war auch der „Alternativvorschlag“ des OBM zum Antrag der Linksfraktion nicht.

Dort heißt es: „Diese Willenserklärung sollte sich aber auf Felder mit Zuständigkeit oder Einflussmöglichkeit beschränken. Der im Antrag geforderte Einsatz des Oberbürgermeisters hätte reinen Appellcharakter. Der Flughafen Leipzig/Halle ist als Verkehrsflughafen des allgemeinen Verkehrs genehmigt. Der Airport dient dem Gemeingebrauch der Luftfahrt und ist damit allgemein zugänglich.“

„Flüge auf militärische Anforderung stehen im Einklang mit der Betriebserlaubnis des Flughafens als internationaler Verkehrsflughafen entsprechend seiner luftrechtlichen Genehmigungen, die ihrem Wesen nach auch eine Betriebspflicht darstellen. Eine gesellschaftsrechtliche Einflussnahme auf den Flughafen ist nicht möglich, da die Stadt Leipzig keine Anteilseignerin der Flughafen Leipzig/Halle GmbH ist und somit keine Gesellschafterrechte oder Befugnisse gegenüber der Flughafen Leipzig/Halle GmbH besitzt.“

Manchmal aber geht es um den „reinen Appellcharakter“, den Mut, sich auch mit seiner Person gegen etwas auszusprechen, was dem Charakter einer Friedensstadt so deutlich zuwiderläuft.

Und noch etwas ärgert „Leipzig bleibt friedlich“. Denn einige lokale Politiker behaupten inzwischen, das Militärhubschrauber-Projekt und die angebotene Rüstungsunternehmen-Ansiedlung am Flughafen Leipzig/Halle seien vom Tisch.

„Zur Klarstellung empfehlen wir unter anderem diese Lektüre: ,Positionspapier: Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft‘ von der Bundesverteidigungsministerin und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, vom 9. Februar 2021. Auf Seite 7 heißt es dort: ,Im II. Quartal treffen wir die Entscheidung zur Beschaffung eines schweren Transporthubschraubers.‘“, geht Lutz Mükke von „Leipzig bleibt friedlich“ auf den Stand der Dinge ein.

Da würde ein klares Bekenntnis aus Leipzig, dass man sich hier keine Militärhubschrauber wünscht, durchaus ein mutiges Zeichen sein. Erst recht in einer Zeit, in der noch nichts entschieden ist und niemand auf unterschriebene Verträge verweisen kann.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 5 Kommentare

Lieber Christian, ich stimme Ihnen zu: wir sollten erst mal im Kleinen, vor unserer Haustür für Klarheit sorgen. Gleichwohl ist das große Thema ein sehr wichtiges, mit dem sich, leider unkommuniziert, bereits viele kluge Köpfe sehr kritisch befasst haben. Der Flughafen Leipzig/Halle ist das Drehkreuz nicht für amazom, um in trauter Gemeinschaft mit den Konsumenten den Einzelhandel kaputt zu machen, sondern auch für das US-Militär für ihre Flüge im Zusammenhang mit Kriegseinsätzen (z.B. Afghanistan). Mit der Landeerlaubnis – und ich bin nicht sicher, ob da die zivile Nutzung der militärischen gleichgeordnet ist – stimmen wir zu und unterstützen wir das Töten von Menschn, mehrheitlich ZivilistInnen. Warum es hier keine öffentliche Reaktion gibt, die in ihrer Wucht und Breite auch nur annähernd der Empörung entspräche, die das Töten eines einzigen (wie sagt man nun heute genau korrekt dazu?) dunkelhäutigen US-Bürgers vor ein paar Monaten aktivieren konnte, ist eine zu klärende Frage, die natürlich auch mit der entsprechenden medialen Aufmerksamkeit bzw. zielgerichtetem (womöglich angeordnetem) Ignorieren zu tun hat: Dank an Herrn Julke!!

Da “von deutschem Boden nie mehr ein Krieg ausgehen” sollte, so steht es jedenfalls geschrieben, wären solche Aktivitäten grundsätzlich aus- und Ramstein sofort komplett zu zu schließen (von dort werden die Drohnen gesteuert, die in Afghanistian… s.o., ohne Ramstein keine Drohenaktivitäten dort, denn die Erde ist keine Scheibe mehr).

Warum eiert der Leipziger OBM nun so rum? Er eiert nicht rum, er macht Realpolitik: Fähnlein mit dem richtigen Motiv, öffentlich und viel Tamtam in den Wind hängen und unterm Radar ja nicht daran rütteln, dass von deutschem Boden weiterhin unverhohlen Kriege geführt werden. Und sicherlich wird diese Kriegsbeteiligung ordentlich Geld einbringen.

Nochmals danke an Herrn Julke, dass Sie daran erinnern!

Gnädigster Freitag am Samstag,

müßig war es mir darüber nachzudenken, da es in dem Artikel vorrangig über den Flughafen ging, und nicht um die Zugehörigkeit Deutschlands in bestimmten Organisationen.

Natürlich ist dieses Thema auch wert, diskutiert zu werden. Nur nicht zwingend hier.
Kritisch darf man zu dieser Zugehörigkeit immer und gern argumentieren, wenngleich die Ursache dieses weltlichen Organisations-Urkonflikts ja von Deutschland ausging. Hätten unsere Ahnen das Unheil kommen sehen oder anders gestimmt, wäre der Verlauf alternativer gewesen.
Und das lupenreine Gegenstück zur NATO ist keineswegs besser, freundlicher oder nur mit humanistischen Gesellschaftsformen ausstaffiert.
Sicher wäre eine europäisch bestimmte Organisation auch eine gute Sache; oder man gründet einen Dachverband von WP und NATO und sorgt somit für Frieden unter den Mitgliedern…Und für tolle Posten.

Immerhin hat ja unser OBM schon mal eine ‘Mayors for Peace’-Flagge gehisst.
Wow.

“Ob wir nun in der NATO sein müssen oder nicht, ist müßig abzuwägen.”
von Christian, 12.3.2021, 9:56 Uhr
Verehrter Christian,
vielleicht ist es hilfreich, Ihren beschriebenen Müßiggang betreffs NATO-Zugehörigkeit ein wenig beleben?
Ihnen bekannt sind hoffentlich die vielen prekären NATO-“Einsätze” (wir dürfen sie gelassen Kriege nennen) mindestens in der Zeit nach dem Zusammenbruch des Weltsozialismus?
Wenn nicht, bitte gleich halt rufen, ich würde dann die Beispiele unterfüttern.

Dem liegt die Tragik der uns Europäern von den US-Amerikanern aufgepfropften Mitgliedschaft in dieser NATO zugrunde.
Statt uns Europäer als solche zu einigen und ein vereintes europäisches Militärkommando zu installieren, hinken die meisten europäischen Staaten den aggresiven NATO-Aktionen hoffnungslos hinterher und agieren eher als Steigbügelhalter oder als Tatortreiniger denn als Friedensbringer.
Nun, der Bogen muß nicht sehr weitgespannt werden und Ihre Geduld nicht überstrapaziert, deshalb darf ich abschließend die integren Worte eines aufrechten Demokraten und bemerkenswerten Intellektuellen zitieren.
Vielleicht erzeugen sie beim einen oder anderen ja zumindest Fragen hinsichtlich unserer deutschen bedingungslosen NATO-Treue und des verheerenden USA-Kadavergehorsams?

„Auf der anderen Seite mißfällt mir und beschämt mich eine schwächliche und selbstvergessene Verfallenheit Europas an Amerika, … wie drüben ein immer wieder zu beobachtender tiefer Respekt vor der älteren historischen Würde und Geprüftheit unseres Kontinents mit der Neigung, Europa als ökonomische Kolonie, militärische Basis, Glacis im zukünftigen Atom-Kreuzzug gegen Russland zu behandeln, als ein zwar antiquarisch interessantes und bereisenswertes Stück Erde, um dessen vollständigen Ruin man sich aber den Teufel scheren wird, wenn es den Kampf um die Weltherrschaft gilt […] In dieser sträflichen Neigung, meine ich, werden diejenigen, die drüben roh genug sind, sie zu hegen, bestärkt durch eine würdelose Devotheit Europas vor Geld und Macht, durch die ausgestreckte Bettlerhand, die Nachäffung amerikanischer Sitten, die den bewussten, noch selbstbewussten Europäer beinahe nach Parlamentskommissionen zur Untersuchung von „Un-European-Activities“ verlangen lässt, durch die kniefällige Bewunderung einer freilich imposanten success story, die „amerikanische Geschichte“ heißt, durch die Knechtseligkeit des Souternierten, eine Dienerei, die selbst dem ehrlichsten Freunde Amerikas Gefühle der Freude und Genugtuung einflößt über das kleinste Zeichen von Stolz, Steifnackigkeit, widerstehendem Selbstgefühl, das Europa noch aufbringt in seinem Verhalten zu dem gebietend spendenden Riesen über See. Thomas Mann kehrte nie wieder in die Vereinigten Staaten zurück“ (Thomas Mann nach seiner Rückkehr aus dem USA-Exil 1953).

Sie müssen mir nicht antworten, eine Antwort nehme ich jedoch gerne entgegen.
Mit besten Grüßen

Ihr streitbarer Freitag

Ob wir nun in der NATO sein müssen oder nicht, ist müßig abzuwägen.

Einem rechtlich gültig existierenden internationalen Flughafen kann man die Zugänglichkeit durch jedwede Luftfahrzeuge nicht verwehren. Entweder – oder!

Die Stadt Leipzig hat die A-Karte, weil diese kein Mitspracherecht am Flughafen besitzt, aber einen Flughafen, der zu nah am Stadtgebiet weiterentwickelt wurde.
Die Politik jubelt über prekäre Arbeitsplätze und klopft sich dabei auf die Schulter.
Der OBM sitzt am (bezahlten) Katzentisch und wird durch den Flughafen eher dirigiert.

Die Fluglärmgesetze regeln Lärm und Emissionen, sind aber viel zu schwach in Deutschland.
Die Fluglärmkommission ist aufgrund ihrer Zusammensetzung ein Witz.
Der SPD-Wirtschaftsminister hat einen Fluglärmbeauftragten versprochen (Koalitionsvertrag), glänzt aber mit aktiver Untätigkeit.

Es läuft also alles rechtens.
Letztlich ist die Frage, ob jemand überhaupt juristisch dagegen vorgehen kann?
Oder ob die einzige Möglichkeit ziviler Ungehorsam sein wird.
Denn die Politik kümmert das Geschwätz von gestern wenig.

Danke für diesen gleichfalls ernüchternden Bericht, verehrter Herr Julke.
Er ist allemal die Mühe wert 🙂
Wenn ich solcherlei erfahre, dann vergeht mir nicht nur die gute Laune, nein, dann zweifle ich offen am Verstand oder Willen unserer Parlamentarier.
Und im Grunde ist mir auch gleichgültig, wer diesen NATO-Unfug zu verantworten hat.
Nicht einmal oppositionelle Parteien wie die Linke oder die AfD schaffen es, uns diese Ungemach vom Hals zu halten.
Seit die Russen hier im Osten rausmarschiert sind erheben sich wirklich die Sinnfragen nach der weiteren Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO und der ständigen Osterverschiebung der NATO-Grenzen, nach den Provokationen gen Rußland etc.
Eigentlich hätten die Amis damals gleichfalls abziehen müssen!
Sind wir denn immer noch ein besetztes Land?
Ich habe jetzt nicht recherchiert, ob die LIZ zum legendären Ramstein-Beschluß des Deutschen Bundestags im Januar 2020 gleichfalls berichtet hatte.
Denn damals stimmte im Bundestag sogar die AfD (!) für den Weiterbetrieb von Ramstein unter US-Flagge, obwohl sie dies in ihrem Parteiprogramm ausdrücklich verneint hatte (fremdländische Soldaten sollten Deutschland verlassen).
Kaum ein Gleichsprech-Medium fand sich, diese Tatsache dem Wahlvolk zu verklickern.
Und so reiht sich auch Ihre heutige Geschichte ein in einen langen Reigen verhängnisvoller Ergebnisse von Beschlüssen Deutscher Parlamente, der letzte ist noch gar nicht so lange her.
Nochmals vielen Dank

Ihr streitbarer Freitag

Schreiben Sie einen Kommentar