Der Wintereinbruch am Wochenende vom 7. zum 8. Februar hat natürlich wie erwartet eine ordentliche Diskussion darüber angeheizt, ob denn nun LVB und Stadtreinigung richtig und schnell genug reagiert haben. Oder versagt. Auch die Leipziger Debattierclubs neigen ja gern zu Extremen. Und mehrere Ratsfraktionen stellten entsprechende Anfragen. Auch die AfD, die sich ganz sicher war, dass das besser hätte gemacht werden können.

Auch in der LZ wurde ja diskutiert. Scheinbar sind die Dresdner Verkehrsbetriebe mit der Lage besser zurechtgekommen, während die Verkehrsbetriebe in Halle und Magdeburg noch viel länger mit den Verkehrsbehinderungen kämpfen mussten als die LVB. Die Schneemassen verteilten sich dann eben doch nicht gleichmäßig übers Land. Und es waren eindeutig genug, um auch die Vorbereitungen, die die LVB getroffen hatte, auszuhebeln. Was in größeren Jahresabständen immer wieder passiert.Und was die Mitteleuropäer daran erinnert, dass sie eben doch nicht alles im Griff haben und sich auch nicht auf alles vorbereiten können. Wofür ja eigentlich auch die Corona-Pandemie steht, die von der WHO in dieser Form schon seit dem ersten SARS-Ausbruch 2003 so prognostiziert worden war. In diesem Fall hatten sich die meisten Länder eben nicht vorbereitet. Auch Deutschland nicht. Die drei Tage Ausfall in Leipzig kamen für manchen halt noch obendrauf.

Aber die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) erklären in ihrer Stellungnahme, die das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport übernommen hat, recht deutlich aus ihrer Sicht, wie sie mit den Behinderungen durch den Schnee umgegangen sind.

„Die LVB waren vom Winter nicht überrascht“, betonen sie extra. „Unser Winterstab sah intern verschiedene Personalressourcen vor und wir waren vorbereitet. Die Massen an Schnee und Schneeverwehungen haben uns vor Probleme gestellt. In dieser Situation haben die Konzernunternehmen sofort und gut mit zusätzlichem Personal unterstützt.
 
Außerdem konnten in entsprechenden Verträgen vereinbarte Sonderleistungen unserer Dienstleister für die Räumung von Betriebshöfen abgerufen werden. Zudem haben wir im Winter ganz kurzfristig freie Kapazitäten unserer Tiefbaupartner gebunden um Haltestellen und Strecken zu räumen.“

Immerhin sind es über 500 Haltestellen im Stadtgebiet, die zu beräumen sind.
 
Im Einzelnen erläutern die LVB; wie das im Ernstfall bei ihnen so abläuft: „Die Leipziger Verkehrsbetriebe haben mit einem internen Regelwerk umfangreiche Vorkehrungen zum Umgang mit ,gefahrdrohendem Wetter‘ getroffen.
 
Auf Basis dessen wurde eine Winterdienststufe 2 zum 05.02.2021 ausgerufen und ein Krisenstab Winter einberufen.
 
Die Winterdienststufe 2 ist u. a. durch eine erhöhte Bereitschaft und dem nächtlichen Einsatz von Straßenbahnen für sogenannte Spurfahrten, zur ständigen Freihaltung der Gleisanlagen charakterisiert.

Zum 07.02.2021 wurde die Winterdienststufe 3 ausgerufen, bei welchem ergänzend zwei Schienengebundene Schneepflüge zum Einsatz kommen.

Dabei wird das Ziel verfolgt, den Linienbetrieb vollständig aufrechtzuerhalten. Im weiteren Verlauf des 07.02.2021 musste der Busbetrieb aufgrund der Straßenverhältnisse eingestellt werden.

In der Nacht zum 08.02.2021 erfolgten intensive Räumarbeiten der Gleisanlagen mittels der schienengebunden Schneepflüge sowie durch Spurfahrten.“

Da schien man – ganz ähnlich wie in Dresden – die Lage im Griff zu haben. Aber es schneite ja weiter und der Wind kam noch dazu.

Ergebnis: „Nach Einschätzung zum 08.02.2021 um 04:00 Uhr erfolgte die Betriebsaufnahme, welche jedoch aufgrund erneut einsetzender Schneefälle und sehr starken Schneeverwehungen mit dem Ausrufen der Winterdienststufe 4 eingestellt wurde. Selbst geräumte Strecken waren aufgrund der starken Schneeverwehungen von teils über 40 cm Höhe nach kürzester Zeit nicht mehr befahrbar, sodass ein sicherer Betrieb nicht mehr gewährleistet war.“

Am Sonntag und Montag ging also gar nichts mehr, auch wenn der Schneefall jetzt langsam nachließ. Aber dafür war das komplette Netz zugeschneit. Das konnte nur im Zusammenspiel mit der Stadtreinigung Strecke um Strecke wieder freigeräumt werden.

Die übrigens die Vorwürfe auch nicht auf sich sitzen lässt und recht ausführlich dazu Stellung nimmt, wie sie seit dem 7. Februar im Dauereinsatz war und auch mit Streusalz versuchte, das Vereisen der Straßen zu verhindern.

Und man kooperierte auch mit den LVB, wie die Antwort betont: „Stetige Schneeverwehung machten die optische Wahrnehmung erbrachter Winterdienstleistungen wiederum zunichte. Daher wurde mit der Tourenbearbeitung des Hauptstraßennetzes bereits vor dem angekündigten Schneefall begonnen und stetig fortgeführt. Parallel wurden entsprechend Leistungsabruf der LVB mit dem Ziel der Wiederaufnahme des Netzbetriebes bis zu zwei Streu-/Räumfahrzeuge abgestellt. Mit diesen Maßnahmen war es unter den besonderen Bedingungen der Extremwetterlage bereits ab dem 09.02.2021 möglich das Hauptstraßennetz gut zu befahren.“

Wer da freilich unterwegs war, sah, dass die Schneemassen trotzdem die Spuren einengten und die Gleise auf den Kreuzungen immer wieder zugefahren waren. Weshalb es etwas länger dauerte, bis auch die LVB wieder den Betrieb aufnehmen konnten.

„Die schrittweise Rückgewinnung des Liniennetzes, die Freiräumung der Betriebshöfe und Haltestellen sowie die Instandsetzung von Fahrzeugen wurde im Krisenstab Winter festgelegt und täglich mehrfach validiert, sodass bereits zum 11.02.2021 80 % der Linien wieder in Betrieb waren“, beschreiben die Verkehrsbetriebe die Rückkehr in den Fahrbetrieb.

„Dabei bestand auch ein enger Austausch mit der Stadtreinigung Leipzig, um die Aktivitäten zu verzahnen und wurden zusätzliche konzerninterne Ressourcen sowie externe Partner akquiriert. Seit dem 18.02.2021 sind alle Linien wieder im regulären Betrieb.“

Und da nicht nur die AfD-Faktion wissen wollte, ob LVB und Stadtreinigung künftig (besser) in der Lage sein würden, mit solchen Schneeereignissen umzugehen, erklären die LVB noch: „Grundsätzlich erachten die LVB die getroffenen Vorkehrungen für geeignet um mit üblichen Schneefällen und Frostperioden umzugehen. Für die Situation vom 07.02.2021 bis 18.02.2021 ist jedoch festzustellen, dass diese neben den unüblichen Schneemengen vor allem durch die Kombination mit starkem Wind und den dabei entstehenden Verwehungen geprägt war.“

Die Stadtreinigung wies auch darauf hin, dass solche Schneeereignisse im Schnitt aller 10 bis 12 Jahre zu erwarten sind, „mit der Tendenz von längeren Intervallen“.

Und ganz ausschließen, dass sie die technischen Vorkehrungen einer Stadt überfordern, kann man natürlich nicht. Das trifft genauso auf Starkregenereignisse, Stürme, Eisregen, Dürren oder Hochwasser zu.

Das Umweltdezernat merkt auch noch an, um welche technische Ausrüstung es sich handeln würde, wenn man alle Maximalforderungen erfüllen wollte: „Für die Ermittlung des personellen und materiellen Bedarfes, der für die verbesserte Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich wäre, ist das gesamte Straßennetz der Stadt Leipzig von derzeit 1.709 km zu betrachten. Ausgehend von der unter Punkt 1 dargestellten rechtlichen Winterdienstpflicht auf Hauptstraßen, ist diese auf aktuell 582 km (entspricht 34 % des Gesamtstraßennetzes) durchzuführen. Bisher werden dafür 43 Großtechnikfahrzeuge eingesetzt. Für die Erstreckung des kommunalen Winterdienstes auf das gesamte Straßennetz (Haupt- und Nebenstraßen) ist von einer Verdreifachung des Leistungsumfangs auszugehen.“

Da steht dann wirklich die Frage, wer so einen Fuhrpark vorhalten kann. Und was das Ganze dann kosten würde.

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Es gibt 5 Kommentare

Ich halte es schlicht für weltfremd, wenn die Stadtreinigung meint, in einen derartig frequentierten Park nur einmal die Woche kommen zu müssen.

In der Innenstadt wird bis zu zehnmal wöchentlich geleert. Und da gibt es dann auch keine wilden Müllkippen.

Völliges Missverhältnis.

Und was die Einwegbecher angeht… da gibt es doch einen Grund…

@Stefan
Der Stadtreinigung die Zustände im LV-Park vorzuwerfen, ist unfair.
Hier sind jede Menge “alternative Mülltransporte” unterwegs, neben den stationären Müll-Tauschbörsen in der Nähe, die bei Regenwetter versotten. Jede Menge Einwegkaffeebecher zeugen zudem von der Einstellung eines Großteils der Besucher.

Diese Müllmassen kostenlos abzutransportieren kann nicht tägliche Aufgabe der Stadtreinigung sein.

Ehrlich gesagt, möchte ich auch nicht dafür bezahlen. Hier sollte die Eskalation den Bürgern einmal aufzeigen, was ihresgleichen dort anrichten.
Diese Rücksichtslosigkeit nervt mich auch immens. Mal abgesehen von den Horden dicht beieinander sitzender oder Sport treibender Menschen – ohne Maske! Zum Verzweifeln ist das.

Winterstufe 2 und 3 ausgerufen? Krisenstab einberufen? Vor lauter Eigenlob der LVB kann ich sowas nicht weiterlesen. Diese nahezu militärische Diktion…, naja.
Der Verkehr der LVB stand still wie noch nie in ihrer Geschichte. An den Früchten sollt ihr sie erkennen, die Krisenstäbe.

Übrigens, Stadtreinigung… die Müllkippe an den bewussten zwei Mülleimern in der Nord-Ost-Ecke des Lene-Voigt-Parks haben sich exponentiell vergrößert…der schwarze Abfallsack ist noch einmal geöffnet worden und wurde abermals voller… War am Donnerstag mal jemand von der Stadtreinigung da?

Mir schrieb man von den LVB:

“Es war eine außergewöhnliche Witterungssituation mit 40 Zentimeter Neuschnee, Windböen und Schneeverwehungen mit einer extremen Kälte.
Die Schneeverwehungen erschwerten die Räumarbeiten zusätzlich und führten schließlich dazu, dass die LVB am Montag auf Notbetrieb umstellen mussten. Hinzu kam, dass Weichen vereist und Schienenrillen mit gefrorenem Schnee verstopft waren. Dadurch kam es an dem ersten Tag des Schneetreibens auch zu Entgleisungen.”

Ich kritisierte, dass die App völlig falsche Informationen über geplante Verbindungen anzeigte.
Also 2 Tage danach! Busse fuhren nicht, obwohl diese in der App angezeigt wurden (neben anderen, die sichtbar gecancelt waren).

Auf alles kann man sich nicht vorbereiten und dieses absichern.
Aber manches muss noch besser funktionieren. Dazu gehören auch die Tage nach dem Schneefall.

Hat man zu DDR – Zeiten in vergleichbaren Situationen in Leipzig, und die gab es mehrfach, auch 10 Tage gebraucht, um den Normalzustand wiederherzustellen? Ich habe dafür kein Verständnis, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bürger hier ja weg vom Individualverkehr zur Nutzung des ÖPNV hin, ich nenne es mal erzogen werden sollen. Es ist ja nicht so, dass es der ~30cm Schnee + Schneeverwehungen bedurft hätte, um den ÖPNV in die Knie zu zwingen. Die Problem treten ja schon bei weitaus geringeren Schneemengen auf. Der Winterdienst ist trotz der alljährlichen Bekundungen im Herbst eben nicht vorbereitet. Und die Gewissheit, sich nicht auf ihn und den ÖPNV verlassen zu können, muss besonders frustrierend für all jene sein, die zwingend auf ihn angewiesen wären.

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