Auch das ist eine Geschichte, die nun seit Jahren vor sich hinköchelt: Im Sommer veranstalten junge Leute an verschiedensten Stellen im Grün der Stadt Spontanpartys, manchmal auch direkt im Landschaftsschutzgebiet. Immer wieder gab es Vorstöße im Stadtrat, ganz ähnlich wie in der Nachbarstadt Halle offizielle Flächen auszuweisen, wo diese Spontanpartys möglich sind. Auf den jüngsten Vorstoß der Grünen-Fraktion reagiert jetzt das Amt für Stadtgrün und Gewässer. Auch wenn eine Lösung erst gefunden werden muss.

Im Antrag hatten die Grünen noch festgestellt: „Die Stadtverwaltung hat aufgrund verschiedener Anträge und Anregungen in einem Verwaltungsstandpunkt deutlich gemacht, dass es keine in Betracht kommenden Flächen für sogenannte ,Spontanpartys‘ im öffentlichen Raum gibt. Dabei gibt es eine Reihe von Flächen, die generell für Veranstaltungen mit vorheriger Anmeldung in Betracht kämen. Fakt ist auch, dass in Leipzig Spontanpartys im öffentlichen Raum stattfinden. Statt also einseitig deutlich zu machen, was aus Sicht der Stadtverwaltung alles nicht geht, sollten konstruktive Lösungsansätze diskutiert werden.“Es ist im Grunde wie mit den wilden Mountainbike-Strecken im Auengebiet: Verbote nutzen nichts, wenn es für die Bergradler keine offiziellen Angebote gibt, auf die sie ausweichen können. Aus der Welt schaffen kann man das Phänomen nicht.

Und der Weg, zu einer akzeptablen Lösung zu kommen, ist natürlich, wenn auch die Interessenten mit am Runden Tisch sitzen. „Ein Teil der Szene ist auch bereit, Veranstaltungen vorher anzumelden, um dadurch einen sicheren Rahmen zu haben. Bislang scheitert es daran, dass weder klar erkennbar ist, welche Flächen dafür infrage kämen, noch welche Auflagen ggf. damit verbunden wären“, betonten die Grünen.

„Dies kann und sollte die Stadt verbessern. Auch hier muss es das Ziel sein einen Ausgleich zwischen den Belangen der Umwelt, der Anwohner/-innen und den Veranstaltern und Gästen zu schaffen.“

Und diesmal lehnt das zuständige Amt nicht einfach ab, sondern geht erstmals positiv auf so einen Antrag ein (auch wenn dann noch eine ganze Latte mit rechtlichen Bedenken und Vorschriften kommt): „Die Verwaltung unterstützt die Intention des Antrages zur Einberufung eines Runden Tisches zur Lösung der Situation im Umgang mit Spontanpartys und Open-Airs.“

Aber alle diese rechtlichen Bedenken spielen erst dann eine Rolle, wenn an einem Runden Tisch tatsächlich Einigkeit darüber getroffen wird, welche Flächen in Leipzig tatsächlich für kurzfristig angemeldete Partys in Betracht kommen. In der Mai-Ratsversammlung dürfte der Antrag nun zur Abstimmung stehen.

Wichtigster Punkt, den auch das Umweltdezernat so übernommen hat: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, unter Beteiligung der Leipziger Club- und Livemusikszene sowie Akteuren der Kunst- und Kulturlandschaft und der in ihren Belangen betroffenen Ämter einen Runden Tisch einzuberufen, um für die Durchführung von Spontanpartys und Open-Airs, auf Grundlage der aus Sicht der Veranstalter geeigneten Flächen, Lösungsansätze zu finden.“

Und auch das zweite Anliegen aus dem Grünen-Antrag wird übernommen: „Die sich aus den Gesprächen ergebenden geeigneten Flächen sind z. B. in einer interaktiven Karte zu veröffentlichen, welche auch die grundsätzlich zu berücksichtigenden Auflagen darstellt.“

Und eine Verwaltung wäre keine Verwaltung, wenn sie nicht noch einen dritten Beschlusspunkt dazuschreiben würde: „Für die einzelnen Veranstaltungen sind jeweils Veranstaltungsanträge zu stellen, über die einzelfallbezogen und zeitnah entschieden wird.“

Aber auch das sieht wieder wie der dritte Schritt vorm ersten aus. Denn das zentrale Anliegen seit gefühlt zehn Jahren ist nun einmal: Überhaupt erst einmal die Flächen zu klären, wo solche Freiluftveranstaltungen möglich sind. Bislang versuchen Partyveranstalter und Ordnungsamt eine vorsichtige Balance – solange es keine Beschwerden gibt, werden solche Partys zumeist geduldet. 14 solcher Partys fanden 2020 statt, die meisten davon auf der Sachsenbrücke im Clara-Zetkin-Park.

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Es gibt 8 Kommentare

Ja, eigentlich cool, dass innerhalb einer Großstadt so eine riesige Fläche geschützt (*hust*) ist.

Ulkig ist wirklich, dass, egal wo man ist, gibt es immer irgendwelche Anwohner.

Hätte man sich gedacht, dass es Anwohner gibt, die sich über die Skater auf dem Richard-Wagner-Platz am Goerdelerring beschweren? Wo wohnen die denn da, frage ich mich echt…

Und jetzt stellt sich das Problem beim Black Triangle, wo es plötzlich auch noch Anwohner gibt…
Dazu gibt es ein schönes Interview im besten Stadtmagazin Leipzigs – jetzt in der Mai-Ausgabe.

Aber irgendwo sehe ich (der eigentlich gar nichts mit Partys zu tun hat) auch nicht ein, weshalb mit fünferlei Maß gemessen wird.

Der “Naturschutz” muss plötzlich herhalten, damit auch nicht einmal 50 qm Freifläche bespaßt werden dürfen, aber andererseits wird seit Jahren tagtäglich 12-14 Stunden auf der Neuen Linie mit dem Rad gebrettert. Man duldet jahrelang wilde Mountainbikestrecken und vieles mehr.

Nichts Neues, was ich eben aufgezählt habe – vom Autoverkehr noch gar nicht gesprochen.

Aber in der Stadtpolitik ist es offensichtlich nicht die plötzliche “Entdeckung” von “Naturschutz” allein, wenn es um das Thema Freiflächen für Partys geht. Da spielt noch einiges Ungesagte mit, in meinen Augen eine extreme Missgunst viele Leipziger gegenüber jungen Leuten in ihrer Lebensgestaltung. Was für eine Miesepetrigkeit!

Feiern nur, wenn es erlaubt ist und in engen Rahmen: Wenn ältere Leipziger “feiern”, dann heißt es vornehm “Rauschtrinken”. Wenn es Jugendliche machen, schimpft man aufs “Komasaufen”.

Es passt gut, dass ein sehr bekannter Leipziger Stadtrat vor einigen Jahren vorschlug, die Parks (auch den Clarapark!) abends um 18 Uhr zu schließen. Der Leipziger sitzt um 18 Uhr und speist zu Abend, bevor er nach der Aktue…. der Tagesschau sich zu Bette begibt. Natürlich, ohne vorher kurz durch die Gardine zu illern, ob unten im Hof sich ja auch kein junger Mensch aufhält.

Diese Debatte um Feierplätze hat tiefliegende Ursachen in der Leipziger Stadtgesellschaft.

@J: Ja, wobei die Schutzgebiete ja auf Grund der schieren Ausdehnung des Auwalds innerhalb der Stadt einen recht großen Anteil an der unbebauten Fläche haben.

In den nicht geschützten Gebieten hat man dann wahrscheinlich eher das Problem, dass man:
– nicht genügend Abstand zu den Wohngebieten halten kann und es zu Lärmbelästigungen/-beschwerden führt.
– auf Grund des baulichen Verdichtungsdrucks in der Stadt keine geeigneten großen Flächen mehr vorhanden sind oder diese so weit ab vom Schuss liegen, dass man keine sinnvolle Anreise (Rad, ÖPNV) sicherstellen kann

Letztlich, wenn man alle Interessen (Erreichbarkeit, Lärmschutz, Umweltschutz) unter einen Hut bringen will, bleibt in meinen Augen nur die Nutzung von Indoorflächen.

@André: Kleine Frage… wenn der offizielle Partyplatz außerhalb irgendwelcher Schutzgebiete liegt, spräche doch nichts gegen ihn?

Werter André, das mit der Ironie müssten Sie aber auch gut üben.

Aber gut, wenn das mit dem FFH-Dingens usw (ich bin da absolut dabei! 🙂 ) und der Sachsenbrücke es sich so verhält… Partys gibt es da schon locker schon seit fünfzehn Jahren: Wieso war da nie etwas von den diversen Naturschutzvereinen kritisiert worden? Mich überrascht diese Info auch, gebe ich gerne zu.

(obwohl ich mich gar nicht auf die Sachsenbrücke bezogen habe, den Wunsch nach legalen Partyplätzen gibt es schon sehr lange)

Und da gab es sogar mal kurzzeitig die Überlegung, wieder Autos durch den Park durchfahren zu lassen…

Als einstiger Cityradler mache ich mal ein anderes Fass auf für die sich gut fühlenden Radler:

Sehr gerne nämlich nehme ich den Naturschutz in Anspruch und verlange im vollen Ernst, dass der Massenradverkehr auf der Neuen Linie umgehendst abgewürgt wird. Das ist überhaupt nicht mehr lustig, was auf dieser Radschnellbahn abgeht. Dazu gibt es hier auf der Lizzy einen eigenen Artikel mit langem Kommentarstrang.

Da einzugreifen, hätte mehr Sinn für den Auenwald als die Partys auf der Sachsenbrücke einzuschränken.

Und mal völlig überspitzt: Das Ökospießig ist das neue Konservativ.

Das Thema “Umwelt” ist (zum Glück) so sehr im Mainstream angekommen, dass man daran überhaupt keine politische Gesinnung mehr daran erkennen kann. Wenn einem überzeugten Autofahrer die Umwelt und die Menschen egal sind, dann ist er nicht mal hartgesottener CDU-Wähler (oder gar Mitglied der CDU Leipzig), sondern einfach nur noch von gestern.

@Stefan und @Rajko:
Bevor ihr über mich herzieht und mir mangelndes Wissen bescheinigt, empfehle ich euch die Lektüre der Schutzgebietekarte der Stadt Leipzig.
https://static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.6_Dez6_Stadtentwicklung_Bau/61_Stadtplanungsamt/Stadtentwicklung/Landschaftsplan/Pdfs/Schutzgebietekarte_28.02.2013.pdf

Die aufgeführte Sachsenbrücke liegt in folgenden Schutzgebieten (überschneidend):
– Flora-Fauna-Habitat Leipziger Auensystem
– SPA Vogelschutzgebiet Leipziger Auwald
– Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald

Und in den streng geschützen FFH-Gebiet sollen also lautstarke Partys legal sein?
Da bitte ich um entsprechende Passagen aus der FFH-Richtlinie, die das unterlegen.

Nur weil die Stadt geflissentlich wegschaut, wie bei vielen anderen Themen (man denke nur an zugeparkte Radwege oder die anderen von mir angesprochenen Themen), ist es noch lange nicht legal!

Und im übrigen, da man heutzutage offenbar immer ein Schild dranhängen muss: Mein vorheriger Text enthielt ganz schön viel Ironie und auch etwas Sarkasmus.

Radfahrende Grüße
André

@André: Vielleich sollten Sie besser lesen und erst einmal nachdenken, bevor Sie so sinnschwache Kommentare schreiben. Im Beitrag steht zu den sogenannten “Spontanpartys” geschrieben, dass 2020 die meisten davon auf der Sachsenbrücke im Clara-Zetkin-Park stattfanden. Es handelt sich also nicht um “verbotene Dinge im Naturschutzgebiet”, sondern um das völlig legitime Bedürfnis junger Menschen sich zu treffen um andere kennenzulernen, zu kommunizieren und gut gelaunt zu tanzen. Sie nennen diese” rücksichtslose Spaßhungrige”, dabei sind es lebenslustige Menschen, die sich aus Rücksicht auf Anwohner zum Treffen Orte suchen, die möglichst weit von weg von bewohnten Gebieten sind.
Sie phantasieren von illegalen Prunkpalästen im Auenwald und behaupten, “die Stadt muss dann halt einfach eine Lösung finden, wie sie das Illegale legal macht. Scheint ja in Leipzig kein Problem zu sein.” – Wenn die Leipziger Stadtverwaltung nicht auf einem ähnlich konservativ-hinterwäldlerischen Niveau festhängen würde wie Sie, dann würde es den o.g. Artikel gar nicht geben. In Halle funktioniert es ja auch. (Können Sie ja mal mit dem Auto hinfahren.)

Da missverstehen Sie aber die rechtliche Auffassung.

Spontanpartys sind nämlich nicht “verboten”. Sie sollen lediglich eingehegt werden.

Bisher gibt es ja nur Spiel- und Grillplätze, und auf den Wiesen darf gepicknickt werden. Alles auf Familien abgestimmt.

Aber wehe, es rotten sich mal mehr als zehn Menschen U25 zusammen. Da wird hinter der Gardine die Polizei gerufen…

Interessante Rechtsauffassung.
Weil Verbote ja nichts bringen, kann also jeder machen was er/sie/es will.
Und wenn es dann doch Probleme gibt, dann muss die Stadt ja eine Lösung finden, wie man das illegale Treiben legalisieren kann.

Nach der Logik lasse ich mir jetzt einen schönen Prunkpalast mitten im Auwald bauen, die Stadt muss dann halt einfach eine Lösung finden, wie sie das illegale legal macht. Scheint ja in Leipzig kein Problem zu sein.

Würde es jedoch um rücksichtslose Autofahrer gehen und nicht um rücksichtslose Spaßhungrige würde es ganz schnell heißen, dass man einfach öfter kontrollieren und strenger ahnden müsste, nix da mit legalisieren. Der Autofahrer schädigt ja im Zweifelsfall Menschen, die anderen Rücksichtslosen “nur” die Natur, die sagt ja schon nichts.

Warum ist der Stadt die geschützte Natur offenbar egal, dass man immer wieder Lücken sucht, um eigentlich verbotene Dinge im Naturschutzgebiet (oder wie auch immer das in Beamtendeutsch heißt) zu legalisieren, statt konsequent die Natur zu schützen und zu ahnden.
Ich denke da nur an die Schiffbarkeit Richtung Cossi, die illegalen Biker-Rampen im Auwald usw.

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