Zur Ratsversammlung am 24. Juni kam dann auch noch kurzerhand eine dringliche Anfrage der CDU-Fraktion auf die Tagesordnung: „Dringliche Anfrage zur Situation an der Sachsenbrücke“. Eigentlich hätte das Thema schon viel früher am Tag aufgerufen werden können, diskutierte der Stadtrat ja an diesem Tag über das uralte, von der Stadtverwaltung immer wieder abgeblockte Thema Spontan- oder Open-Air-Partys.

Und auch in der Diskussion um diesen Antrag war ja schon klargeworden, dass die jahrelange Verzögerungspraxis der Stadtverwaltung ihr diesmal mit Karacho – aber absehbar – auf die Füße gefallen war.

Denn mit der Schließung sämtlicher Clubs und Tanzhallen wegen Corona war schon vor einem Jahr klar, dass gerade junge Menschen (aber nicht nur die) einen Ausweichort brauchten, wo sie ohne große Festivalorganisation an der frischen Luft feiern, tanzen und Musik hören können. Was schon in den Vorjahren in kleinere Ausmaß meist auf der Sachsenbrücke oder an anderen freien Plätzen in der Aue oder in Parks passierte.Immer wieder beantragte insbesondere die Linksfraktion, dass die Stadt endlich – wie die Nachbarstadt Halle – Orte ausweist, wo das möglichst unbürokratisch möglich wäre.

Aber das ist bis 2021 nie passiert. Immer gab es nur lauter Erklärungen, warum das nirgendwo eingerichtet werden könnte.

Aber dann kam diese Nacht vom 11. zum 12. Juni, als um Mitternacht geschätzte 1.000 Personen auf der Sachsenbrücke feierten. Wobei man auch anmerken muss: Es wurde zwar laut und hinterher lag viel Müll und Glasbruch herum. Aber andere Städte wie München, Hamburg oder Stuttgart erlebten solche eskalierenden (illegalen) Partys in Parks und Straßen noch in viel größerem Ausmaß.

Eigentlich war nach den ersten dieser Straßenpartys klar, dass sämtliche Stadtverwaltungen hätten gewarnt sein müssen und dass mit Verboten nichts zu machen ist. Dass es hier vor allem eine Lösung mit den jungen Leuten und Partyorganisatoren brauchte. Denn dass nach dem ewigen Corona-Lockdown das Bedürfnis riesengroß war, wieder mit anderen Menschen zu feiern, war ja schon lange offensichtlich.

Aber medial eskalierte das Ganze dann, als dann ein Rettungswagen auf der Brucknerallee aufgehalten und beklebt und möglicherweise auch mit Gegenständen beworfen wurde, sodass er nicht zum Verletzten durchfahren konnte und erst Polizei angefordert werden musste.

Ein zumindest erstaunlicher Vorgang, der in der Beantwortung der CDU-Fragen durch Heiko Rosenthal einige neue Fragen aufwarf. Denn die nötigen Polizeikräfte, um auch bei einer eskalierenden Party auf der Sachsenbrücke eingreifen zu können, hätten an dem Abend durchaus bereitgestanden. Aber sie seien bei einem anderen Einsatz gebunden gewesen. Das kann – den Polizeimeldungen entsprechend – nur der geballte Räumungseinsatz in der Tiefen Straße gewesen sein.

Das Eintreffen der Polizei ermöglichte dann doch noch die Versorgung des Verletzten, wobei es sich wohl um eine Knieverletzung handelte und zum Glück um keinen schlimmeren Fall. Was Leipzigs Ordnungsbürgermeister zumindest dazu brachte, jetzt endlich über einen extra ausgewiesenen Stellplatz für Rettungsfahrzeuge in der Nähe der Sachsenbrücke nachzudenken.

Eigentlich etwas, was ebenso überfällig war wie ein Abfall- und Sanitärkonzept. Es sei denn, die Erwachsenen in Leipzigs Stadtpolitik haben völlig vergessen, wie stark das Bedürfnis vor allem junger Menschen danach ist, mit anderen Leuten gemeinsam zu feiern. Wer das einfach immer nur kriminalisiert, der hat es nicht verstanden. Oder vergessen und tut nun so, als würde allein nur Verbots- und Sanktionspolitik helfen.

Das Ereignis hat aber jetzt zumindest das ausgelöst, was all die Anträge der Linksfraktion nie geschafft haben. Es hat die Verwaltung dazu gebracht, darüber nachzudenken, wie man es regeln kann, dass solche Freiluftpartys möglich werden. Aber so organisiert, dass sie möglichst wenig Folgeschäden anrichten. Dazu braucht es nun einmal ein Regelwerk.

Und das soll es künftig – so Rosenthal – im Rahmen einer Grünanlagensatzung auch geben, in der dann Verantwortlichkeiten und Regeln und die möglichen Orte für Partys niedergeschrieben sind. Damit, so kündigte er an, werde sich dann zu gegebenem Zeitpunkt der Stadtrat beschäftigen.

Mit Rückfragen und Antworten entfachte sich um das Thema Sachsenbrücke tatsächlich noch einmal eine halbstündige Diskussion. Die eigentlich auch deutlich machte, dass allein das Fingerzeigen auf die Feierlustigen auf der Sachsenbrücke nicht reicht, sondern dass eine Stadt hier auch einmal über ihren Schatten springen muss und auch selbst Lösungen suchen muss, etwa was Sanitärprobleme, Rettungskonzept, Müll und Scherben betrifft. Denn das jahrelange Wegducken hat nichts gebracht. Man findet nur Lösungen, wenn man die Feiernden ernst nimmt.

Die Debatte vom 24. Juni 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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Es gibt 9 Kommentare

Sie sind es, der ausweicht.

Na gut, mit Ihrem “Troll” ist die Diskussion eh beendet. Danke für den Fisch.

Letzter Beitrag dazu, Sie Troll. Sie drehen sich im Kreis.

Ihre Behauptungen und Einsagungen über mich sind unwahr.
Ich schrieb von Respekt und Rücksicht. Dann funktioniert das auch.
Ich argumentiere; sie nörgeln nur an mir herum und erzählen etwas von “durchbrettern”.

Platz ist ausreichend vorhanden.
Ausweichen auf dem breiteren Weg natürlich die sinnvollere Variante.

Trauen Sie sich mal um elf abends dorthin, dann werden Sie sehen, was ich meine.

Sie bleiben es, der sich weiter windet. *kicher*

Warum fahren Sie nicht auf dem südlichen Weg? Dort gibt es kaum Fußgänger.

Sie möchten Fußgänger verdrängen und bezweifeln, ob man feiern darf usw usf., nur damit Sie auf der schmalen Flaniermeile durchfahren können.

Das ist alles, Da werden irgendwelche Argumente herbeigeholt, nur damit Sie ungestört durch den Lene-Voigt-Park fahren können.

Die Fußgänger haben Ihnen dort Platz zu machen: das verstehen Sie unter “Rücksicht”.

Schöne neue Welt.

Der Vergleich bezog sich auf die Qualität des Untergrundes.
Kennen Sie sicher, vor allem im Täubchenweg eine Unverschämtheit, was man Radlern per gezogener Linie zumutet.

Ich denke nicht, dass der Lene-Voigt-Park ein Schleichweg für Radler ist sondern genau so von Radlern genutzt werden darf.
Sie wollen das gern verbieten?
Sie als Fußgänger dürfen auch gern den anderen schmaleren Parkweg auf der Südseite wählen.
Und bitte nicht winden, dort fährt kein Radfahrer, das wäre toll für Sie!

In AC sind übrigens die Einbahnstraßenschilder wieder verschwunden. Schade.

Reichpietschstraße und Täubchenweg vergleichen?

5 Meter: ausreichend Platz für Fußgänger und Radfahrer?

Christian, Sie winden sich.^^

Wie ein Autofahrer, dem man seinen Schleichweg wegnehmen will (Stichwort: Superblocks in A-C).

Nun, die “Flaniermeile” ist so breit, dass ausreichend Platz für Fußgänger und Radfahrer ist.
Natürlich gelten Respekt und Rücksicht. Das ist zumindest für mich kein Problem.
Wurde denn der Park nur für Fußgänger gemacht?
Ich denke nicht, und schon gar nicht als Feierzone.

Die Reichpietschstraße ist im Übrigen genau so eine prima “Ausweichstrecke” für Radler wie der Radstreifen Täubchenweg stadtauswärts.

Lieber Herr Julke,

Sie sind ein Schelm!

Gleich im ersten Absatz:

>(…) uralte, von der Stadtveraltung immer wieder abgeblockte (…)

Der Tippfehler ist super! :-DDD

Also, auf der Flaniermeile würde ich die Radfahrer sogar bitte ganz weghaben. Nur schieben erlaubt.

Das Durchgebrettere und -gefahre nervt nämlich. Immer muss man selbst auf diesen 5 m gucken.

Und das ist das, was ich meinte: Viele fahren Auto auf dem Fahrrad.

Direkt nebenan gibt es eine schöne und erstaunlich wenig befahrene Straße (Reichpietschstraße). Warum wird da nicht geradelt? Von der schmalen Schneise gleich durch den kleinen Tunnel am Ende der Tiefen Straße und dann geradeaus.

Aber lieber zwischen Menschen durchbrettern.

Nein, ich gehöre nicht zum Partyvolk.

Und ja, Scherben und Müll auf dem Boden sind Sch…

Durchbrettern aber auch.

Menschen sind doch keine Deko für kuhle Radfahrer.

Was Müll und Scherben mit der Verwaltung zu tun haben, erschließt sich mir nur bedingt.
Egal, wo man sich gemeinsam aufhält und fröhlich miteinander umgeht – Müll gehört mitgenommen oder entsorgt und Glas gehört nicht auf den Boden zerschmettert.
Alles andere ist asozial!
Was soll man da als Stadt bitte ernst nehmen?

Gestern, 23Uhr, Lene-Voigt-Park:
Auf der Flaniermeile (mind. 5m breit) kommt man nicht mehr mit dem Fahrrad hindurch, feiernde grölende und “chillende” Menschenmassen versperren den Weg. Auf der Wiese sitzen zahlreiche Grüppchen.
Ich darf nun die Alternativroute Straße wählen und höre parallel dazu Flaschengewerfe und Scherben.

Im Lene-Voigt-Park stehen übrigens große Müllcontainer.

Sorry, für solcherlei Corona-Ausweichverhalten oder mangelnde Erziehung habe ich kein Verständnis.

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