Zwei Schritte vor, einen zurück. Wenn etwas Politik für die Wähler unzumutbar macht, ist es schlicht die Ansicht einer Regierung, die herumeiert, selbst nicht weiß, was sie will, und vor allem einmal getroffene Entscheidungen immer wieder aufweicht. Selbst in den Schaltzentralen der Unternehmen rauft man sich über diese opportunistische Politikküche nur noch die Haare. Jüngstes Beispiel aus Sachsen: Ein Gesetzentwurf, mit dem CDU und SPD den eingeschlagenen Weg zum Windkraftausbau in Sachsen wieder aufweichen wollen. Ohne Not.

Noch unter der CDU-SPD-Grünen-Regierung hatte Sachsen beschlossen, 2 Prozent der Landesfläche für Windkraftausbau auszuweisen. Und zwar bis 2027. Das war mal ehrgeizig.

Die Planungsverbände in ganz Sachsen haben sich an die Arbeit gemacht. Denn so etwas ist ein jahrelanger Prozess, bei dem überhaupt erst einmal die für Windkraft geeigneten Gebiete ausgemacht werden müssen. Und wenn man weiß, wo Windkraftausbau möglich ist und nicht mit Flughäfen, Naturschutzgebieten, Siedlungen usw. kollidiert, dann geht es ins Verhandeln mit den Gemeinen, auf deren Gebiet diese Flächen liegen.

Und einige Planungsverbände wie der Planungsverband Westsachsen sind dabei schon relativ weit, haben inzwischen den Beteiligungsprozess begonnen und können das Ziel, bis 2027 zwei Prozent des Verbandsgebiets für den Windkraftausbau auszuweisen, auch erreichen.

Andere trödeln und verzögern. Was weniger mit der Region zu tun hat, als mit Parteiinteressen. Und statt den Prozess einfach ruhig abzuarbeiten und die Bürger mit einzubinden, macht man wieder Druck auf die Regierung, das beschlossene Gesetz wieder aufzuweichen. Wofür sich dann die neue Infrastrukturministerin Regina Kraushaar im April schon offen zeigte.

Bis 2027 erst mal nur 1,3 Prozent

Und während man es bei der Lösung der wirklich wichtigen Probleme im Land nicht eilig hat und immer nur flickt, ging es mit der Formulierung eines neuen Gesetzentwurfes, der das 2-Prozent-Ziel nun auf das Jahr 2032 verschieben soll, ganz fix. Mit Datum vom 7. Mai legte die CDU/SPD-Koalition den Entwurf für das „Gesetz zur Änderung planungsrechtlicher Vorschriften und akzeptanzfördernder Maßnahmen im Bereich der Erneuerbaren Energien“ vor.

Dessen Vorlage wird dann gleich mal so begründet: „Ziel des Gesetzes zur Änderung planungsrechtlicher Vorschriften und akzeptanzfördernder Maßnahmen im Bereich der Erneuerbaren Energien ist es, den Regionalen Planungsverbänden die Möglichkeit einzuräumen, die Flächenziele gemäß Windenergieflächenbedarfsgesetz entsprechend den Vorgaben der Bundesgesetzgebung (Zweistufigkeit der Windplanung bis 2032), zu erarbeiten.

Damit soll verhindert werden, dass durch die unverschuldete Nichterreichung des 2 Prozent-Ziels bis 2027 eine Superprivilegierung im gesamten Planungsgebiet des Freistaates Sachsen eintritt.“

Aus Sicht der Landesregierung ist es also nur eine Flexibilisierung, die auch den Planungsverbänden, die nicht zu Potte kommen, die Chance gibt, wenigstens erst einmal einen Teilschritt bei der Ausweisung von Windvorrangflächen zu schaffen: „Durch die Aufgabe der bisherigen Einstufigkeit der Planung der Windenergiebedarfsflächen wird die sächsische Rechtslage an das Bundesrecht angepasst.

Mit der angepassten Planungsvorgabe wird den Trägern der Regionalplanung ein größerer Zeitrahmen für die Umsetzung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes gewährt, welcher angesichts der bereits jetzt erkennbaren Komplexität der Umsetzung des Bundesrechts auch gerechtfertigt ist.

Jeder Regionale Planungsverband hat für seine Planungsregion den zum 31. Dezember 2027 geltenden Flächenbeitragswert von 1,3 Prozent und 2,0 Prozent zum 31. Dezember 2032 analog Anlage 1 Spalten 1 und 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes als verbindliches regionales Teilflächenziel in Form von Vorranggebieten auszuweisen. Verbunden mit der Umstellung auf die zweistufige Planung ist auch die Sicherstellung der Finanzierung der Regionalen Planungsverbände bis zum Jahr 2028.“

Zeit, die auch Sachsen nicht hat

Das klingt freilich schon ein wenig anders, als es die „Sächsische Zeitung“ formulierte, die am 8. Mai titelte: „SPD und CDU wollen Flächenziel für Windräder in Sachsen reduzieren“. Die aber auch richtig anmerkte, dass der Freistaat Sachsen aktuell Schlusslicht beim Windkraftausbau unter den Flächenländern ist. Indem die letzte Regierung das Ziel schon für 2027 auf 2 Prozent hochsetzte, sollte dieser Rückstand endlich aufgeholt werden.

Denn erst, wenn die Flächen ausgewiesen sind, können Anlagenbauer ihre Anträge stellen und dann erst beginnt der ebenfalls jahrelange Prozess von Planung und Genehmigung, der in Sachsen bis zu sieben Jahre dauern kann. Aktuell sind nur lächerliche 0,2 Prozent der Landesfläche als Windvorranggebiet ausgewiesen.

Denn die Ausweisung der Vorranggebiete ist nur der erste Schritt. Wirklich ernst wird es erst, wenn tatsächlich die Windplanung beginnt, die der Regierungsentwurf ab 2028 ansetzt und den Planungsverbänden dann mit 1,4 Millionen Euro vergüten will.

Man kann das Gesetz auch als Zugeständnis interpretieren, dass einige Planungsverbände mit großen politischen Widerständen in ihrer Region zu kämpfen haben, sodass sie das Ziel 2027 nicht schaffen. Sie bekämen durch die Novelle fünf Jahre länger Zeit, um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen. Zeit, die Sachsen eigentlich nicht mehr hat. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien entscheidet darüber, wie wettbewerbsfähig Regionen künftig sein werden.

Denn gerade in diesem Zeitraum ist absehbar, dass sich fossile Energieträger wie Gas, Öl und Kohle massiv verteuern werden.

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Es gibt 2 Kommentare

Nach meiner Kenntnis ist das keine Berechnung möglicher Flächen, sondern die Ausweisung geeigneter Flächen nach einem Ausschlußprinzip bis zur Erreichung der Kennziffer von 2 % der Landesfläche. Diese Windvorranggebiete sind vom Planungsverband Westsachsen in einer Karte ausgewiesen. Diese Vorgabe soll jetzt durch die neue Koalition in Sachsen aufgeweicht werden, dh. die Festschreibung der Vorgänger um 5 Jahre zurück verschoben werden. Wobei Sachsen schon seit Jahren bei der Erzeugung von Erneuerbaren am Ende der Bundesländer rangiert. Für die Wirtschaft ist dieses vor und zurück ein niederschmetterndes Zeichen, denn es gibt keine Verlässlichkeit. Die Wirtschaft braucht den Grünen Strom und Zukunftssicherheit. Aber leider sind Erneuerbare Energien mit dieser Umfaller-Regierung nicht zu machen.

Ich würde gern mal wissen, wie die Flächenberechnung (hier 2 Prozent) eigentlich erfolgt. Wenn die Anlage auf dem Fockeberg dann doch kommen sollte, wäre dann die Südvorstadt oder ganz Connewitz und Schleußig Bestandteil der Fläche.

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