Wie macht man eine Gästetaxe rechtssicher? So richtig ist das Leipzig nicht gelungen, als Leipzig 2019 eine Gästetaxe einführte, um damit touristische Angebote zu finanzieren. In der Corona-Zeit wurde sie zwar ausgesetzt, weil in den Beherbergungsstätten die Übernachtungszahlen und Einnahmen einbrachen. Aber die Berliner Hotel- und Hostelgruppe a&o war bis vor das Oberverwaltungsgericht Bautzen gezogen, um die Rechtmäßigkeit der Taxe gerichtlich prüfen zu lassen. Und bekam nach eigener Auskunft am 9. Februar recht.

Grund für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Bautzen am Mittwoch, 9. Februar, war wohl genau jene Diskussion, die schon im Stadtrat getobt hatte, bevor die Mehrheit die Einführung einer Gästetaxe beschloss. Denn wie kann eine Stadt wie Leipzig rechtssicher festlegen, dass die zusätzlich eingenommenen Gelder tatsächlich nur in touristische Projekte und Angebote fließen und nicht zur Finanzierung anderer Angebote genutzt werden, die eigentlich aus dem Stadthaushalt bezahlt werden müssten? Das ist schwierig. Und augenscheinlich so, wie es Leipzig macht, nicht rechtskonform.

„Weil die Stadt Leipzig keine überzeugende Berechnung für die Erhebung der Gästetaxe präsentieren kann, hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen heute im Rahmen einer Normenkontrollklage zugunsten der Berliner Hotel- und Hostelgruppe a&o entschieden“, teilt diese mit. „Die Tourismusabgabe in Leipzig ist nichtig.“

Das OVG teilte dazu mit: „Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2022 – 5 C 19/19 – in einem Normenkontrollverfahren über die Gästetaxesatzung der Stadt Leipzig entschieden und den Urteilstenor den Beteiligten vorgestern bekannt gegeben. Mit dem Tenor der Entscheidung wurde die Gästetaxesatzung der Stadt Leipzig für unwirksam erklärt.“

a&o-Justitiar Dr. Florian Schöfer lässt sich mit den Worten zitieren: „Das Oberverwaltungsgericht hat deutlich aufgezeigt, dass Städte ihre Hausaufgaben machen müssen, bevor sie Tourismusabgaben erheben dürfen. Wir hoffen, dass City Taxes als Einnahmequelle damit unattraktiver werden.“

Das heutige Urteil müsse nicht das endgültige Aus für die City Tax in Leipzig bedeuten, ein „schöner juristischer Erfolg“, so Schöfer, sei es aber allemal.

Die unter anderem auch als Kultur- oder Tourismusabgabe bezeichnete Gästetaxe bezeichnet die Besteuerung privat veranlasster Übernachtungen. In Leipzig beträgt sie aktuell im Regelfall drei Euro pro Person und Übernachtung. Die Rechtsgrundlage in Sachsen erlaubt die Erhebung einer Citytax, das erhobene Entgelt darf allerdings nicht für die allgemeine Haushaltsfinanzierung verwendet werden.

„Rechtlich handelt es sich bei der Tourismusabgabe um eine Gegenleistung für das touristische Angebot der Stadt – also muss sie auch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen Einrichtungen stehen“, erklärt Florian Schöfer. „Hier fehlen überzeugende Berechnungen der Stadt Leipzig.“

Grundsätzlich infrage stehe die Tourismusabgabe damit nicht und noch sei das Urteil nicht rechtskräftig. Aber Florian Schöfer ist optimistisch, dass es bei dieser Entscheidung bleiben wird und sich der Begründungsaufwand für Übernachtungsabgaben damit erhöht.
a&o hat nach eigener Auskunft bereits eine Vielzahl von Verfahren gegen alle Arten von Übernachtungsabgaben geführt und will weiter gegen solche Abgaben kämpfen.

Phillip Winter, fürs Marketing zuständiger Manager bei a&o: „Drei Euro extra mögen bei einem Aufenthalt im Fünf-Sterne-Hotel nicht der Rede wert sein. Getreu unserem Motto ‚everyone can travel‘, spricht a&o aber auch Gäste an, bei denen eine City Tax fürs Reisebudget durchaus eine Rolle spielen kann und die Reisekasse in der Vergangenheit zusätzlich belastet hat.“

Wenn das Bautzener Urteil hält, entfällt die Gästetaxe in Leipzig zumindest vorläufig für alle Reisenden. Es bleibe abzuwarten, ob die Stadt Leipzig dann einen weiteren Anlauf mit neuer Berechnungsgrundlage wagt, so das Hotelunternehmen.

„a&o würde natürlich auch bei einer Neuauflage der Leipziger Gästetaxe wieder ganz genau hinsehen“, kündigt Florian Schöfer jetzt schon an.

Wobei die Leipziger Gästetaxe auch eine Abstufung beinhaltete: Bei Zimmerpreisen unter 30 Euro betrug diese bisher einen Euro. Auszubildende und Studierende sind von der Abgabe der Gästetaxe befreit. Aufgrund von Corona wurde außerdem die Erhebung der Gebühr in den vergangenen zwei Jahren immer wieder zeitweise ausgesetzt. Auch derzeit ist dies der Fall.

Leipzig muss sich jetzt die Berechnungsgrundlage der Gästetaxe sehr genau ansehen, ob sie tatsächlich ausreichend begründet, von Übernachtungsgästen Geld für touristische Zwecke einzusammeln.

Die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat kündigte am Freitag schon einmal an, dass sie an der Gästetaxe gern festhalten würde.

„Unsere Fraktion bedauert die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts“, erklärt Steffen Wehmann, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat.

„Die Stadt hat mit Einnahmen von 8,7 Millionen Euro für 2022 geplant. Mit dem Geld sollten verschiedene Einrichtungen und Projekte unterstützt werden, wie beispielsweise die Schaubühne Lindenfels oder das Leipziger Bachfest. Es gilt nun, eventuelle Fehler in der Satzung unter Einbezug des Stadtrats schnellstmöglich zu korrigieren. Grundsätzlich halten wir es für fair, dass Touristen, die nach Leipzig kommen, einen Beitrag zur Verbesserung der touristischen Infrastruktur leisten – wie es auch in den vielen anderen Städten Deutschlands gang und gäbe ist.“

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