Auch im Sommer kreischen in Leipzig die Sägen. Und das nicht nur bei vertrockneten Bäumen, deren Standfestigkeit nicht mehr gesichert ist. Auch für neue Bauprojekte vergibt die Stadt immer wieder Ausnahmegenehmigungen, die das Fällen der Bäume mitten in der Vegetationsperiode erlauben. Prüfungen finden, so mutmaßen die Grünen, so gut wie nicht statt. Und das betrifft auch städtische Bauvorhaben.

Mit scharfen Worten kritisiert jetzt die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen die in Leipzig laufende Praxis der Baumfällungen, für die die Stadt inzwischen ganzjährig Genehmigungen vergibt und fordert auf, dass die Stadt nur noch in absoluten Ausnahmefällen Baumfällgenehmigungen außerhalb der Fällsaison verteilt.

„Wir beobachten eine Zunahme der Praxis der Vergabe von Befreiungen für Fällungen außerhalb der Fällsaison. Gem. § 39 Bundesnaturschutzgesetz dürfen Bäume regulär nicht im Sommer gefällt werden“, stellt Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion, fest.

„§ 67 Bundesnaturschutzgesetz schafft eine Befreiung bei zwingenden öffentlichen Interesse. Dies ist aber als Ausnahmetatbestand konstruiert, sodass zwingende Gründe vorliegen müssen und der Gesetzgeber deutlich gemacht hat, dass dies nicht zur Umkehrung führen darf.“

Doch seit geraumer Zeit entstehe genau der Eindruck, dass die Stadt extensiv Befreiungen erteilt, weil die Stadt selbst oder Bauherrn zu spät handeln. Und dann taucht das Problem, auf, dass für die gefällten Baumbestände nicht einmal ein entsprechender Ausgleich gesichert ist.

„Eine effektive Kontrolle der notwendigen Ausgleichsmaßnahmen findet ebenso wenig statt, wie die Stadt selber einräumt. Warum das Umweltamt unter Bürgermeister Rosenthal (Die Linke) derart offensiv Ausnahmegenehmigungen erteilt, ist nicht verständlich“, sagt Kasek.

„Die Baumfällungen im Sommer haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Tierarten wie Brutvögel, sondern verschlimmern auch das Problem der Bodentrockenheit, führen zu einer verstärkten Erosion und verstärken die Überhitzung der Stadt.“

Zudem gebe es, so stellt er fest, offenbar keine Überprüfung der Befreiung und in der Stadtverwaltung sei der Ausnahmefall offenbar zum Regelfall geworden.

„Wie die Baumfällungen etwa am Lindenauer Markt zu rechtfertigen sind oder warum die Baumfällungen an der Gustav-Esche-Straße mit immerhin 67 Bäumen mitten im Sommer durchgeführt werden müssen, ist nicht ersichtlich“, sagt der Grünen-Stadtrat.

„Die Stadt handelt hier rechtswidrig und es fehlt offenbar in weiten Teilen der Verwaltung das Verständnis dafür, dass wir in einer Klimakrise und Biodiversitätskrise sind. So kann es nicht weitergehen.”

Die Fraktion hat bereits einen Antrag ins Verfahren gebracht, dass bevor Bäume gefällt werden, verpflichtend zu prüfen ist, ob diese gegebenenfalls umgesetzt werden können.

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