Nachdem das Verwaltungsgericht Leipzig schon den Antrag der Leipziger AfD abgelehnt hatte, ihr Rechtsschutz für die Neubesetzung der Stadtbezirksbeiräte zu gewähren, scheiterte die AfD jetzt mit einem weiteren Vorhaben. Mit einem Beschluss vom 29. August hat das Verwaltungsgericht Leipzig den Antrag der Stadtratsfraktion der AfD auf teilweise Neubestellung der Vertrauenspersonen für den Schöffenwahlausschuss 2023 abgelehnt (Az. 6 L 394/23).

Zum 31. Dezember 2023 endet die Amtszeit der beim Amtsgericht Leipzig in Strafsachen tätigen Schöffen. Vor Beginn der Amtszeit der neuen Schöffen hat gemäß § 40 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ein Wahlausschuss zusammenzutreten, der neben einem Richter beim Amtsgericht und einem von der Landesregierung zu bestimmenden Verwaltungsbeamten aus sieben Vertrauenspersonen als Beisitzern besteht (§ 40 Abs. 2 GVG).

AfD-Kandidat scheitert immer wieder

Die Vertrauenspersonen für den Schöffenwahlausschuss sind in der Stadt Leipzig aus den Einwohnern mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Stadtrats, mindestens jedoch mit der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl zu wählen (§ 40 Abs. 3 Satz 1 GVG). Der Schöffenwahlausschuss wiederum wählt mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen für die nächsten fünf Jahre die Schöffen und Ersatzschöffen (§ 42 Abs. 2 GVG).

Die AfD-Fraktion hatte – genauso wie die anderen Fraktionen im Leipziger Stadtrat – einen Kandidaten für diesen Wahlausschuss benannt. Doch auch nach mehreren Wahlgängen fand sich für den AfD-Kandidaten keine Mehrheit.

In seiner Sitzung am 17. Mai 2023 hatte der Stadtrat der Stadt Leipzig einstimmig folgende Regelung zur anstehenden Besetzung des Wahlausschusses gesetzt: „Für den Wahlausschuss sind durch den Stadtrat sieben Vertrauenspersonen zu wählen. Die Vorschläge für diese Wahl erfolgen durch die Fraktionen bis zum 1. Juni 2023 an das Büro für Ratsangelegenheiten nach dem folgenden Prozedere: Grundlage ist, dass für jede Fraktion das Vorschlagsrecht für einen Sitz vergeben wird.

Verbleibende Sitze werden in der Rangfolge gemäß der Fraktionsgröße vergeben. Bei Gleichheit der Fraktionsgröße entscheidet das Los unter Anwesenheit des Leiters des Büros für Ratsangelegenheiten, des Leiters des Amtes für Statistik und Wahlen und je eines Fraktionsvertreters bzw. einer Vertreterin der betroffenen Fraktionen.“

In der Ratsversammlung vom 14. Juni 2023 erhielten sechs der sieben von den Fraktionen entsprechend dem Beschluss vom 17. Mai 2023 benannten Kandidaten bereits im ersten Wahlgang die erforderliche Stimmenzahl. Lediglich der Kandidat der AfD erhielt an diesem Tag, auch in weiteren Wahlgängen, nicht die nötige Zahl an Stimmen. Nachdem auch weitere Versuche der AfD, den von ihr benannten Kandidaten wählen zu lassen, gescheitert waren, wurde schließlich am 5. Juli 2023 auf Vorschlag der CDU ein anderer Kandidat gewählt, womit der Wahlausschuss vollständig besetzt ist.

Hiergegen hat die Stadtratsfraktion der AfD beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 29. August 2023 wurde der Antrag nunmehr abgelehnt, teilt das Verwaltungsgericht mit.

Stadträte sind in ihrer Entscheidung frei

Zur Begründung führt das Gericht an: Die Wahl der Vertrauenspersonen des Schöffenwahlausschusses richte sich allein nach § 40 Abs. 3 Satz 1 GVG (Gerichtsverfasungsgesetz), der als Voraussetzung für die Wählbarkeit lediglich einen Wohnsitz im Gerichtsbezirk vorsehe. Wegen des abschließenden Charakters und des Vorrangs bundesgesetzlicher Regelungen für die Justiz seien Erweiterungen oder Einschränkungen des Kandidatenfeldes auf der Ebene des Landes- oder Ortsrechts unzulässig. Dem entspreche das freie Mandat der Stadträte (§ 35 Abs. 3 Sächsische Gemeindeordnung), das über § 40 Abs. 3 Satz 2 GVG als landesrechtliche Regelung bei der Wahl der Schöffen ausdrücklich Anwendung finde.

Die Mitglieder des Stadtrates seien folglich bei der Wahl der Vertrauenspersonen völlig frei und unterlägen keinen Bindungen. Damit sei weder ein Anspruch einzelner Ratsfraktionen auf ein bestimmtes Wahlergebnis denkbar, noch dürfe es Regelungen des Stadtrates geben, welche die freie Entscheidung bei der Stimmabgabe der Stadträte einschränkten. Der Beschluss des Stadtrates vom 17. Mai 2023 habe damit keinerlei Bindungswirkung entfalten können.

Zudem sehe das anwendbare Recht keine Maßgabe vor, den Wahlausschuss entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen im Stadtrat zu bilden. Im Übrigen sei hier nach den wiederholten erfolglosen Wahlversuchen erkennbar gewesen, dass der Kandidat der AfD nicht mehrheitsfähig sei. In dieser Situation sei es zulässig gewesen, auch anderen Fraktionen wieder ein Vorschlagsrecht einzuräumen. Denn mit Blick auf das Auslaufen der Amtszeit der Schöffen zum Jahresende handele es sich bei der Besetzung des Wahlausschusses um eine wichtige Aufgabe im Rahmen des Gebotes einer effektiven Strafverfolgung.

Gegen den Beschluss steht den Beteiligten die Möglichkeit einer Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zur Verfügung, die innerhalb von zwei Wochen erhoben werden muss, teilt das Verwaltungsgericht noch mit.

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