Am 4. April postete der Leipziger Politiker Sören Pellmann (Die Linke) auf allen Social-Media-Kanälen: „Anzeige ist raus!“. Gemeint ist damit, dass er als Person den Bundesminister für Gesundheit, Karl Lauterbach wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Untreue bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. So zumindest in den entsprechenden Social-Media-Beiträgen. Aber was ist dran an den Beschuldigungen?

Auf seiner Website ist die Rede von einem Auftrag für die Corona-Impfkampagne „Ich schütze mich“ mit einem Volumen von 45 Millionen Euro, die der Bundesminister unter Missachtung des Vergaberechtes an die Agentur Brinkmann-Lück (die heißt richtig Brinkert-Lück) getätigt haben soll (also die Agentur, die bereits die Kampagne für Scholz im Bundestagswahlkampf gemacht hat).

Der Auftrag hätte an Scholz & Friends (die haben mit Olaf Scholz nichts zu tun) gehen müssen, also an die Agentur mit der Amtsvorgänger Jens Spahn einen Vertrag abgeschlossen hatte, oder der Auftrag hätte neu ausgeschrieben werden müssen. Der Bundesrechnungshof hat festgestellt, dass die Vergabe unrechtmäßig war. Die CDU-Fraktion und die FDP fordern Aufklärung.

So weit, so richtig dargestellt – was die Vergabe betrifft. Das ZDF hat dazu eine gute Zusammenfassung ins Internet gestellt, mit mehr Details.

Um wie viel Geld geht es?

Pellmann spricht von 45 Millionen Euro Schaden, die durch die falsche Vergabe entstanden sind. Stimmt das wirklich, hätten Scholz & Friends das günstiger gemacht? Das ist aber nicht der wichtigste Punkt.

Auf Anfrage des ZDF machte das Bundesgesundheitsministerium folgende Aussagen (Anmerkung d. Red. im oben verlinkten Artikel): „Die in dem Bericht des Bundesrechnungshofes genannten knapp 45 Millionen Euro beinhalten nach Angaben des Ministeriums neben 865.411,68 Euro für die Agentur Brinkert-Lück die Auftragssumme für Mediaschaltungen im Umfang von 43.552.866,35 Euro.“

Spätere Rabattierungen hätten die Mediaschalten nochmals reduziert.

Nachgefragt beim Ministerium

Die Leipziger Zeitung hat zur Konkretisierung ebenfalls beim BGM nachgefragt und wir erhielten folgende Antwort: „Die 45 Mio. Euro beziehen sich auf die Gesamtkosten der Kampagne ‚Ich schütze mich‘. 98 Prozent der Gesamtkosten wurden allerdings über bestehende Rahmenverträge des BMG und des Bundespresseamts realisiert. Für die Beauftragung der Agentur BrinkertLück wurden 865.411,68 Euro ausgegeben.“

Fazit: Es geht bei der tatsächlich zu beanstandenden Beauftragung der Werbeagentur nicht um 45 Millionen Euro, sondern um 865.000 Euro. Wir kennen den Wortlaut der Anzeige von Pellmann nicht, diese hat er nicht öffentlich gemacht.

Wenn er, wie es seine Website vermuten lässt, die Klage auf der Zahl 45 Millionen aufgebaut hat, erhebt sich die Frage, ob diese juristisch haltbar ist.

Das BGM teilt uns weiter mit: „Im Übrigen teilt das BMG die Einschätzung des Rechnungshofes ausdrücklich nicht. Die Unterbeauftragung der Agentur BrinkertLück ist mündlich mit der Rahmenvertragsagentur Scholz&Friends erfolgt und erfüllt damit aus Sicht des BMG die vergabe- und vertragsrechtlichen Vorgaben. Das haben wir so auch schon ausführlich im Parlament auf entsprechende Anfragen dargelegt.“

Wir dürfen also gespannt bleiben.

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