Alle Jahre wieder. Jedes Jahr erneut derselbe Schaufenster-Antrag der AfD, begründet mit denselben falschen Argumenten. Im Mai 2024 war es zum letzten Mal, dass genau derselbe Marius Beyer den Antrag der AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat begründete, mit dem Leipziger Asylbewerber zu Arbeitsgelegenheiten verpflichtet werden sollten, der einen solchen Antrag auch am 16. April in den Stadtrat einbrachte. Obwohl das für Leipzig längst geprüft wurde. Und wieder hängte sich die CDU-Fraktion mit einem Änderungsantrag dran, als wolle sie die AfD unbedingt puschen.

Und auch das mit völlig falschen Argumenten worauf nicht nur die Grünen-Stadträtin Katharina Krefft hinwies. Denn was die CDU-Fraktion beantragte und CDU-Stadtrat Julian Schröder begründete, als wäre es noch nie im Stadtrat behandelt worden, wurde schon längst geprüft.

Das war auch schon vor einem Jahr Thema, als der letzte AFD-Antrag dazu in die Ratsversammlung kam. Aber man tut einfach so, als wäre das Thema neu, als hätte es nicht schon mehrfach auf der Tagesordnung gestanden oder wäre in den Ausschusssitzungen nicht rauf und runter diskutiert worden.

Weshalb der Vorwurf von SPD-Stadtrat Andreas Geisler, da würden wohl einige Stadtratskollegen einfach nicht an Ausschusssitzungen teilnehmen oder Vorlagen nicht lesen, wohl nur zu berechtigt war.

Und auch wenn Beyer wieder mal die – ausgewählten – Beispiele aus dem Nachbarland Thüringen vorbrachte, sind diese schlicht auf Leipzig nicht anwendbar. Und für eine gelingende Integration – die auch Julian Schröder beschwor – eher uneignet. Worauf Katharina Krefft sehr ausführlich hinwies.

Katharina Krefft (Bündnis 90 / Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer

Alles schon geprüft und nachgerechnet

Und auch in der Stellungnahme des Sozialamts wurde sehr deutlich gemacht, was schon die Erfahrungen der vergangenen Jahre ergeben hatten: Solche Arbeitsgelegenheiten lassen sich nicht einfach aus dem Boden stampfen. Und zur besseren Integration der Asylbewerber nutzen sie auch nicht wirklich viel. Dazu sind andere Integrationsinstrumente wesentlich erfolgreicher.

Mit den Worten des Sozialamts: „Eine Ausweitung der Arbeitsgelegenheiten und eine Verpflichtung weiterer Leistungsberechtigter wäre nur durch die Einbindung externer Träger wie des Kommunalen Eigenbetriebs Engelsdorf möglich. Dies würde zusätzliche kommunale Mittel erfordern.

Die Einrichtung externer Einsatzstellen nach dem Modell der Mehraufwandsarbeitsgelegenheiten (Jobcenter, ohne Sozialbetreuung) würde erhebliche Kosten verursachen. Für 20 Teilnehmerplätze (z. B. in der einfachen Grünpflege) über sechs Monate wären mindestens 65.000 € erforderlich.

Diese Summe umfasst Kosten für Anleitung, Verwaltung, Sachkosten (z. B. Arbeitsmittel, Schutzausstattung), Einsatzkosten der Teilnehmenden sowie Verwaltungsaufwand im Sozialamt für Zuweisung, Kontrolle und Sanktionen.

Für Einsatzstellen mit höherem Anleitungsbedarf oder größeren Sachkosten (z. B. Werkstattarbeit) wären die Aufwendungen entsprechend höher. Dies stellt eine unverhältnismäßige Belastung des kommunalen Haushalts dar.

Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zeigen, dass Arbeitsgelegenheiten keine nachhaltigen Integrationseffekte haben und oft sogar hinderlich sind. Teilnehmende verbleiben häufig in prekären Beschäftigungen oder Maßnahmen ohne langfristige Perspektive.

Besonders für arbeitsmarktferne Gruppen, darunter geflüchtete Frauen, erschweren sie den Zugang zu regulärer Arbeit. Zudem verhindern sie den Zugang zu Maßnahmen mit nachweislich besseren Integrationserfolgen, wie betriebsnahe Qualifizierungen oder gezielte Sprachförderung. Ein verpflichtender Ausbau würde wertvolle Ressourcen binden, ohne spürbaren Nutzen.“

Abgelehnt

Das ist alles bekannt. Doch stattdessen stellte die CDU-Fraktion den Änderungsantrag, noch einmal alles zu prüfen. Ein Antrag, der dann punktweise auf Wunsch der BSW-Fraktion abgestimmt wurde. Was die Sache nicht die Bohne sinnvoller machte. Aber Andreas Geisler hat wohl recht: Einige Faktion nehmen die Ausschussarbeit einfach nicht ernst. Und einige tun so, als wäre so ein Thema nicht schon mehrfach im Stadtrat behandelt und ausgiebig diskutiert worden.

Ergebnis: Punkt für Punkt wurde der Änderungsantrag der CDU-Fraktion abgelehnt. Er hätte letztlich wieder nur Arbeitskräfte im Sozialamt gebunden, aber nichts am bekannten Ergebnis geändert.

Und der AfD-Antrag wurde mit 22:39 Stimmen bei sechs Enthaltungen abgelehnt. Aber auch hier ließ es sich die CDU-Fraktion nicht nehmen, mit der AfD-Fraktion abzustimmen. Von Brandmauer kann hier schon lange keine Rede mehr sein.

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