Wenn es um Tiere geht, kann SPD-Stadtrat Andreas Geisler sehr emotional werden. Denn bei ihrem Schutz tun sich deutsche Behörden sehr, sehr schwer. Das betrifft auch die Igel in der Stadt, die nicht nur vom Straßenverkehr bedroht sind, sondern auch von allerlei technische Geräten, die Grundstücksbesitzer in ihren Gärten anwenden. Ergebnis dieser gedankenlosen Technisierung sind hunderte schwerst verletzte Igel jedes Jahr. Und zumindest bei Mährobotern, so beantragte Andreas Geisler, wäre ein Nachtfahrverbot überfällig.

„Der Igel zählt nach Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders geschützten Arten. In den letzten Jahren wurde eine stetige Bestandsabnahme der einst häufigen Art beobachtet. Im Jahr 2024 hat die Deutsche Wildtierstiftung den Igel zum Wildtier des Jahres gewählt.

Inzwischen steht der Igel auf der roten Liste der zu schützenden Tiere. Um den Rückgang der Igelbestände besonders in urbanen Räumen zu schützen, sind Schutzmaßnahmen unerlässlich“, schrieb Andreas Geisler im Januar in seinem Stadtratsantrag, ein solches Nachtfahrverbot für Mähroboter nach in Leipzig einzuführen. „Wir sind mit diesem Problem nicht alleine und andere Städte wie beispielsweise Köln haben bereits reagiert und entsprechende Regelungen erlassen.

Uns ist natürlich klar, dass wir als Stadt nicht das Ordnungsamt in jeden Garten schicken können und wollen, aber mit einer Allgemeinverfügung können wir das Thema öffentlich machen, aufrütteln und wenigstens versuchen, diejenigen zu erreichen, welche noch mit vernünftigen Argumenten zu erreichen sind.

Als Vorsitzender des Tierschutzbeirates erreichten mich in den vergangenen Jahren Bilder und Zahlen von verletzten und getöteten Igeln durch Mähroboter und auch Rasentrimmer, die aufrütteln müssen. Alleine im Jahr 2024 sind mir Zahlen von bis zu 400 schwerverletzten Igeln im Stadtgebiet Leipzig bekannt. Ich füge nur 1–2 Bilder der in 2024 verletzten Tiere an, denn diese können verstörend wirken. Gerne kann ich, wenn gewünscht, weiteres Material zur Verfügung stellen.“

Das Umweltschutzamt reagierte

Mit den Bildern wollte er ganz offensichtlich auch die Verantwortlichen in der Verwaltung aufrütteln. Und die reagierten tatsächlich. Denn am 19. April veröffentlichte die Stadt im Amtsblatt genau so eine Allgemeinverfügung zu einem Nachtfahrverbot für Mähroboter.

Auch die Stadt bestätigte die von Andreas Geisler vorgetragenen Zahlen: „Auf dem Gebiet der Stadt Leipzig wurden nach Auskunft des Tierschutzbeirates der Stadt Leipzig allein im Jahr 2024 etwa 400 Igel durch den Einsatz von Gartenmaschinen wie Mährobotern und Motorsensen verletzt. Zusätzlich waren nach Auskunft des städtischen Tierschutzbeirates 35 bis 40 durch Mähroboter getötete Igel zu verzeichnen. Von einer deutlich höheren Dunkelziffer wird ausgegangen, da sich verletzte Igel in der Regel verkriechen und deshalb nicht aufgefunden werden oder die Kadaver von anderen Tieren gefressen werden.

Werden besonders geschützten Arten, wie etwa der Igel, verletzt oder gar getötet, kann dies mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Handelt es sich bei dem verletzten oder getöteten Tier um eine streng geschützte Art (zum Beispiel Zauneidechse, Wechselkröte, Knoblauchkröte, Kammmolch oder Laubfrosch) und ist Vorsatz nachweisbar, kann dies mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.“

Wieder einmal Hoheitsrechte

Sie bestätigte damit das Anliegen, auch wenn das Amt für Umweltschutz sehr ungnädig auf den Antrag von Andreas Geisler reagiert hat: „Da der Erlass einer entsprechenden Allgemeinverfügung eine weisungsgebundene behördliche Pflichtaufgabe und keine kommunale Aufgabe ist, kann der Oberbürgermeister auch nicht entsprechend verpflichtet werden“, lehnte das Amt den Antrag rundweg ab. Aus simplen bürokratischen Gründen.

Dabei war man selbst längst mit der Erstellung so einer Allgemeinverfügung beschäftigt: „Rein informatorisch wird mitgeteilt, dass eine entsprechende Allgemeinverfügung bereits von der unteren Naturschutzbehörde gefertigt wurde. Aktuell wird diese in Abstimmung mit dem Rechtsamt nochmals dahingehend überarbeitet, dass die Erforderlichkeit einer solchen Allgemeinverfügung nicht nur anhand von Studien/Erfahrungswerten, sondern möglichst mit konkreten Fallzahlen untermauert wird.

Neben Fotos (mit konkreten Angaben zu Fundort, Fundzeit) taugen auch Zeugen als Beweismittel. Diese können der unteren Naturschutzbehörde bis möglichst Ende Februar 2025 per E-Mail zur Verfügung gestellt werden (an: umweltschutz@leipzig.de).“

Die Belege bekam das Amt für Umweltschutz. Die Allgemeinverfügung wurde verfasst und veröffentlicht.

Mission erfüllt, konnte Andreas Geisler am 21. Mai in der Ratsversammlung feststellen und seinen Antrag zurückziehen, über den nun ja nicht mehr abgestimmt werden musste.

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