Fünf deutsche Städte, darunter Leipzig, haben Anfang August ihre Bereitschaft erklärt, hilfsbedürftige Kinder aus Gaza aufzunehmen. Rund drei Wochen später warten die Städte offenbar immer noch auf eine Reaktion aus dem zuständigen Ministerium. Internationale Organisationen gehen davon aus, dass mehr als 500.000 Menschen im Gazastreifen unter Hungersnot leiden.

„Wir haben dem Auswärtigen Amt unser Angebot unterbreitet; bisher haben wir aber noch keine Antwort auf unser Schreiben“, sagt Katja Dörner, Oberbürgermeisterin von Bonn, in einem Interview mit der taz. Gemeinsam mit den Amtskollegen aus Hannover, Düsseldorf, Leipzig und Kiel hat sie zu Beginn des Monats einen Appell an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und Bundesaußenminister Johann Wadephul gerichtet.

Die fünf Städte verfügen nach eigenen Angaben über die „erforderliche Infrastruktur sowie medizinische, psychologische und weitere Betreuungsmöglichkeiten, um die Kinder zu begleiten und ihnen die Möglichkeit zu geben, zu genesen und zur Ruhe zu kommen.“ Zuvor müssten aber die zuständigen Ministerien die „rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen“ schaffen.

Kritik am Wahlkampf-Vorwurf

Bislang ist das nicht passiert – und es scheint wohl auch nicht absehbar. Serap Güler, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, hatte den Vorschlag umgehend zurückgewiesen. Es sei sinnvoller, Nachbarländer in der Region zu unterstützen. Güler sagte außerdem, dass die Idee „nett für den Wahlkampf“ sei.

Im taz-Interview bezeichnet Dörner diese Kritik als „zynisch“. Sie verweist darauf, dass in Hannover, Leipzig und Kiel aktuell keine Wahlkämpfe stattfinden.

Bonn und Düsseldorf befinden sich derzeit tatsächlich im Wahlkampf. Am 14. September werden in NRW die Kommunalwahlen stattfinden. Allerdings wird die Initiative von verschiedenen Parteien getragen: Während Dörner von den Grünen kommt, handelt es sich bei Düsseldorfs OBM Stephan Keller um einen Christdemokraten.

Seit Anfang August haben sich keine weiteren Städte dem Bündnis angeschlossen. Laut Dörner gibt es aber in einigen Städten entsprechende Diskussionen.

Mindestens 132.000 Kinder in Lebensgefahr

Dass die Kinder in Gaza dringend auf Hilfe angewiesen sind, wurde kürzlich wieder deutlich. Am Freitag teilte die sogenannte IPC-Initiative mit, dass es in Teilen von Gaza eine Hungersnot gebe. Mehr als 500.000 Menschen seien betroffen. Mindestens 132.000 Kinder seien akut davon bedroht, durch Unterernährung zu sterben. Rund ein Drittel davon seien besonders schwere Fälle.

Unter anderem die Vereinten Nationen und mehrere NGOs berufen sich auf die IPC-Initiative. In den vergangenen 20 Jahren wurde eine solche Hungersnot nur in Somalia sowie im Sudan und im Südsudan festgestellt.

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