Leipzig hat sich als eine von bislang fünf deutschen Städten dazu bereit erklärt, hilfsbedürftige Kinder aus Gaza und Israel aufzunehmen. Gemeinsam mit den Oberbürgermeister*innen von Hannover, Düsseldorf, Bonn und Kiel appelliert Burkhard Jung an die Bundesregierung, das Vorhaben zu unterstützen. Im Stadtrat gibt es Zuspruch aus den meisten Fraktionen; die CDU stellt Bedingungen.

„Wir verfügen über die erforderliche Infrastruktur sowie medizinische, psychologische und weitere Betreuungsmöglichkeiten, um die Kinder zu begleiten und ihnen die Möglichkeit zu geben, zu genesen und zur Ruhe zu kommen“, heißt es in einem Schreiben, das sich an Innenminister Alexander Dobrindt und Außenminister Johann Wadephul richtet.

Besonders Kinder würden unter der „humanitären Katastrophe“ leiden, heißt es darin. In vielen deutschen Kommunen gebe es Partnerschaften und Kooperationen mit israelischen und palästinensischen Städten. Leipzig beispielsweise pflegt eine Städtepartnerschaft mit Herzliya in Israel.

Hannover möchte 20 Kinder aufnehmen

Hannover hatte bereits vor knapp einer Woche mitgeteilt, 20 Kinder aufnehmen zu wollen. Kurz darauf folgte Düsseldorf mit einer Zusage. Wie viele Kinder in Leipzig unterkommen würden, ist laut Stadtsprecher Matthias Hasberg noch nicht geklärt.

Im Schreiben an Dobrindt und Wadephul heißte es weiter: „Was es nun braucht, ist ein geordnetes Verfahren auf Bundesebene, das diese humanitäre Hilfe ermöglicht.“ Beide müssten schnellstmöglich die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen.

Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte am Wochenende, dass das Vorhaben geprüft werde. Priorität habe allerdings medizinische Hilfe vor Ort. Kinder aus der Region nach Deutschland zu bringen, sei entscheidend davon abhängig, ob eine sichere Ausreise überhaupt möglich ist.

Fraktionen im Stadtrat begrüßen Initiative

Die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat unterstützt den Appell des Oberbürgermeisters. „Die Folgen des Krieges gerade für Kinder sind so akut, dass humanitäre Hilfe ohne Wenn und Aber geleistet werden sollte“, teilte Stadträtin Juliane Nagel auf LZ-Anfrage mit. „Zudem sorgen sich viele hier lebende Palästinenser*innen um ihre Nächsten. Dem könnten wir mit diesem Schritt entgegenkommen.“

Aus Sicht der Grünen-Stadträtin Anne Vollerthun ist es ein „absolut richtiger Schritt, hilfsbedürftige Kinder aus dem Kriegsgebiet im Nahen Osten aufzunehmen“. Wichtig seien dafür ausreichende Kapazitäten in den Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige sowie entsprechende Betreuung und psychologische Versorgung.

„Selbstverständlich schließt sich die SPD-Fraktion diesem Aufruf zur Humanität an“, erklärt die Vorsitzende Anja Feichtinger. „Es müssen konkret Fragen nach der Auswahl der Kinder, dem sicheren Transport, der Verteilung und den notwendigen Hilfsbedarfen geklärt werden. Die technischen Abläufe sind sicherlich alle lösbar – für uns steht zunächst das Bekenntnis zur Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft im Vordergrund.“

Auch der Fraktionsvorsitzende der BSW-Fraktion, Eric Recke, unterstützt das Vorhaben. Er sagte der LZ: „Gaza ist ein Kriegsgebiet, eines der schlimmsten der Erde. Die Bundesregierung liefert – trotz einer ablehnenden Mehrheit der Bevölkerung – weiter Waffen an Israel. Unsere Verantwortung für humanitäre Hilfe könnte also kaum größer sein.“

Freie Fraktion fordert Bleiberecht, CDU stellt Bedingungen

Die Freie Fraktion teilte der LZ mit, dass sie den Appell unterstützt, und geht möglicherweise noch darüber hinaus. Ob die Kinder ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten würden, ist unklar. Genau das fordert aber die Freie Fraktion.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Weickert stellt klare Bedindungen für eine Unterstützung: „Ich könnte mir eine Zustimmung nur dann vorstellen, wenn klar benannt wird, dass die Hamas – finanziert vom Terrorregime in Teheran – Schuld an der humanitären Katastrophe und am Leid der Kinder ist, das uns allen sehr nahe geht.“ Zudem müsse es ein Bekenntnis „zur Souveränität Israels und dessen Existenzrecht“ geben.

Die Initiative erinnert an das Bündnis „Städte sicherer Häfen“, dem sich seit 2019 mehrere hundert deutsche Kommunen angeschlossen haben. Die Mitglieder hatten sich bereit erklärt, zusätzlich Menschen aufzunehmen, die im Mittelmeer gerettet wurden. In Leipzig hatten AfD und CDU im Februar mit zwei fast identischen Anträgen darauf gezielt, dass die Stadt aus dem Bündnis austritt. Die Mehrheit im Stadtrat stimmte aber gegen die Anträge.

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