Eine Notenspur gibt es schon, eine Bücherspur gibt es als App. Nun könnte Leipzig auch noch eine MINT-Erlebnisspur bekommen. Da geht es aber mal nicht um alte Wissenschaftler mit Rauschebärten, sondern diese soll aus „barrierearmen interaktiven Installationen und mehrsprachigen Erklärungen im öffentlichen Raum bestehen, die Kindern spielerisch naturwissenschaftliche, technische und mathematische Phänomene näherbringen.“

Also so etwas wie die Wasserschraube am Karl-Heine-Kanal oder die Sonnenuhr im Clara-Zetkin-Park. Nur viel mehr davon. In der ganzen Stadt. Das wünschten sich die Grünen im Leipziger Stadtrat.

Denn Kinder lernen ja durch Ausprobieren. Wenn irgendwo ein spannendes Gerät in der Gegend herumsteht, dann wollen sie hin und herausfinden, was passiert. So lernt man im Grunde die ersten Dinge zum Funktionieren der Welt.

Nur: Allzu viel dieser Art steht in Leipzig nicht herum. Auch wenn es diverse Vereine und Einrichtungen in Leipzig gibt, die sich mit Naturwissenschaften für Kinder beschäftigen. Doch da muss man sich erst einmal hinfinden.

Eine MINT-Erlebnisspur könnte auch Kinder ansprechen, deren Eltern nicht mit den Knirpsen etwa zur Inspirata gehen, wo man naturwissenschaftliches „Wissen zum Anfassen“ findet. Aber warum dieses Wissen nicht in den Stadtraum holen? So einfach und am Wegesrand, wie eben die Wasserschraube am Karl-Heine-Kanal oder die Klangschale im Hansa-Haus?

Am 26. November stellte Grünen-Stadtrat Marvin Frommhold das Grünen-Anliegen in der Ratsversammlung vor. Wohl wissend, dass die Stadt eigentlich kein Geld hat für so ein Projekt. Schon gar nicht für neue Installationen im Stadtraum, etwa in der Innenstadt, wo man durchaus mehr Platz für spielende Kinder schaffen könnte.

Eine Stadt voller Naturwissenschaften

Partner für solche Projekte hat Leipzig jede Menge, wie schon der Antrag der Grünen-Fraktion auflistete:

„Leipzig hat mit dem Naturkundemuseum, der Inspirata sowie mehreren Forschungsinstituten (Max-Planck-Institut, Fraunhofer-Zentrum, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Deutsches Biomasseforschungszentrum, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), HTWK und Universität Leipzig, Leipziger Schülerforschungszentrum AlmaLab, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR_School_Lab Leipzig), Leipziger Verein für Luftfahrt und Technikgeschichte e.V.) bereits starke Partner vor Ort, deren Expertise in die Gestaltung der Erlebnisspur einfließen kann.

Durch die Einbindung dieser Institute und Forschungseinrichtungen kann die MINT-Erlebnisspur in Leipzig sowohl fachlich als auch didaktisch erheblich gestärkt werden. Viele der genannten Partner verfügen über Erfahrung in der Entwicklung barrierearmer, interaktiver und mehrsprachiger Bildungsangebote und bringen eine breite Palette an Themen aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ein.

Die Kooperation würde zudem Synergien mit bestehenden Bildungsinitiativen schaffen und die Sichtbarkeit von Leipzig als Wissenschaftsstandort und zukunftsorientierte Stadt weiter erhöhen.“

Obwohl das eher sekundär wäre. Viel wichtiger wäre es, möglichst viele Kinder mit solchen Angeboten richtig neugierig zu machen auf die Naturwissenschaften. Weshalb das Amt für Jugend und Familie den Antrag gut fand, aber auch gleich signalisierte, dass der Stadt selbst für so ein Projekt derzeit alle Mittel fehlen.

Es braucht einen externen Projektträger

„Die Stadtverwaltung bewertet den Antrag zur Einrichtung einer niederschwelligen, barrierearmen MINT-Erlebnisspur für Kinder mit interaktiven Installationen im öffentlichen Raum als inhaltlich unterstützenswert“, liest man deshalb in der Stellungnahme des Amts für Jugend und Familie.

„Angesichts der Herausforderungen zur Haushaltssicherung und Aufgabenkritik ist der Einsatz von Personalressourcen für die Erstellung des gewünschten Konzeptes und den vorausgehenden verwaltungsinternen und -externen Abstimmungsprozess kritisch zu bewerten und derzeit nicht umsetzbar. Ebenso stehen absehbar keine finanziellen Mittel zur Verfügung.

Es wird daher alternativ vorgeschlagen, dass das Konzept von einem externen Projektträger erarbeitet wird, bei dem die fachliche und pädagogische Expertise vorhanden ist. Die Träger verfügen über fundiertes Wissen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Diese Expertise ermöglicht es ihnen, altersgerechte, innovative und nachhaltige Angebote zu entwickeln.

Sie kennen bewährte didaktische Methoden, um komplexe MINT-Themen kindgerecht zu vermitteln und verfügen über ein breites Netzwerk zu Schulen, weiteren Bildungseinrichtungen, Wissenschaftlerinnen und Partnern im MINT-Bereich. Außerdem haben sie umfassende Erfahrungen bei der Projektplanung, -steuerung und -evaluierung.

Die Stadtverwaltung wird unterstützend tätig, indem sie bei der Zusammenstellung eines Konsortiums geeigneter Partnereinrichtungen mitwirkt.“

Ein Runder Tisch für die MINT-Akteure

Anders wird es derzeit wohl auch nicht gehen. Weshalb Marvin Frommhold denn auch den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellte, der im Grunde zusichert, dass die Verwaltung alle in Leipzig verfügbaren Partner an einen Tisch holt, um die Idee einer MINT-Erlebnisspur anzupacken.

„Der Oberbürgermeister unterstützt die Idee einer MINT-Erlebnisspur im öffentlichen Raum und setzt sich dafür ein, die im Antrag erwähnten Partner-Institutionen an einen Tisch zu bringen. Im Rahmen seiner vorhandenen Ressourcen kann der Oberbürgermeister den Prozess begleiten und unterstützen, es stehen hierfür aber keine finanziellen oder zusätzlichen personellen Ressourcen zur Verfügung.“

Dafür gab es dann einhellige Zustimmung in der Ratsversammlung. Jetzt kann man gespannt sein, ob sich da eine handlungsfähige Runde zusammenfindet und auch handfeste Ideen für eine MINT-Erlebnisspur auf den Tisch packt. Und – darauf wies OBM Burkhard Jung hin – auch schafft, die benötigten Gelder einzuwerben, die man für Planung und Installation braucht. Denn kindgerecht wird es ja wirklich erst, wenn man die Installationen auch anpacken und verrückte Dinge damit anstellen kann.

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