Eigentlich ist das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) von 2006 gescheitert. Auch wenn es einige Akteure wohl nicht so sehen werden. In der Form, in der es damals von diversen Gremien abgenickt wurde, konnte es niemals umgesetzt werden. Einige Bausteine werden an simpelsten Genehmigungshürden scheitern. Deswegen soll das WTNK jetzt fortgeschrieben werden, wie es so schön heißt. Mit deutlich mehr Partnern am Tisch.

Denn das war die Krux des Konzepts: Man hatte beharrlich versucht, gerade die Umweltschutzverbände mit ihrer mehr als berechtigten Kritik außen vor zu halten. Berechtigt war auch die Kritik, dass das WTNK immer wieder zur Planungsgrundlage für Baumaßnahmen genutzt wurde, die sichtlich gegen grundlegende Bestimmungen des Naturschutzes verstießen. Man hätte sich eine Menge Ärger und Geld sparen können, wenn man in den beteiligten Amtsstuben eingesehen hätte, dass man sich so ein schönes „touristisches Investitionsprojekt“ nicht einfach selbst stricken kann in der Hoffnung, man würde damit flugs vollendete Tatsachen schaffen, die dann dauerhaft Bestand haben könnten.

Dass die wichtigsten Kurse allesamt unter bewusstem Verstoß gegen die Regeln des Naturschutzes im Naturschutzgebiet Leipziger Auenwald entwickelt wurden, war den Beteiligen garantiert von Anfang an klar. Aber man ignorierte das, bis dann nach und nach ein Traum nach dem anderen platzte.

Motorboote dürfen weder durch den Floßgraben (Kurs 1) zum Cospudener See fahren, noch ist gewerblicher Bootsbetrieb im Auenwald überhaupt genehmigungsfähig – es sei denn, es erfolgen vorher strenge naturschutzfachliche Prüfungen, die eine Ausnahmegenehmigung ermöglichen. Bei der Ausbaggerung der Pleiße schrammte man nur knapp an einer begründeten Klage der Umweltverbände vorbei. Und die „Markkleeberger Wasserschlange“ ist Lichtjahre von der Möglichkeit einer Genehmigung entfernt – es sei denn …

Das schließen wir an dieser Stelle nicht aus.

Aber zumindest ist ein Umdenken sichtbar. Die fachlich berechtigten Bedenken der Umweltverbände haben endlich auch das Handeln der Steuerungsgruppe verändert. Sie strickt sich ihr neues WTNK nicht mehr im Alleingang.

„Das in den Jahren 2005 bis 2007 erarbeitete Wassertouristische Nutzungskonzept WTNK für das Leipziger Neuseenland wird derzeit unter breiter Beteiligung von Fachbehörden und auch der Öffentlichkeit fortgeschrieben“, teilt der Grüne Ring Leipzig mit, wo die Aktivitäten zur gemeindegrenzenüberschreitenden Zusammenarbeit zusammenlaufen – nicht nur beim Gewässernetz, auch bei Radwegen, Wanderwegen, Biotoperhaltung usw.

„Im Rahmen der Fortschreibung sollen die in der Region vorhandenen Projektideen (ca. 100) in Summation naturschutzfachlich untersucht werden, um die verträgliche wassertouristische Nutzung des Gewässersystems auch zukünftig gewährleisten zu können. Der Untersuchungsraum umfasst dabei die wassertouristischen Kurse 1-7 und reicht vom Witznitzer Seengebiet im Süden des Leipziger Neuseenlandes über die Stadt Leipzig bis zur Unteren Weißen Elster und zum Saale-Elster-Kanal nach Sachsen-Anhalt.“

Am 17. Mai 2018 konstituierte sich in den Räumen des Akademischen Rudervereins zu Leipzig der „Runde Tisch im Rahmen der Fortschreibung des WTNK“, der bis zum Ende der Projektlaufzeit fünf- bis sechs Mal tagen soll.

„Er bietet den beteiligten Interessenvertretern die Möglichkeit, sich aktiv und gestaltend in die Diskussion um Lösungswege für mögliche Konflikte unter anderem aus der wassertouristischen Nutzung einzubringen“, betont der Grüne Ring.

„Die 23-köpfige Runde vereint Vertreter von Naturschutz, Wassersport, Bürgerinitiativen, Bürgerschaft, Angelsport, Bootsverleihern, Fahrgastschifffahrt, Wirtschaft und Tourismus. Die Mitglieder des Runden Tisches sollen den transparenten Erarbeitungsprozess mit ihrem speziellen Fachwissen, aber auch ihren Bedenken begleiten, Informationen transportieren und rückkoppeln. Weiterhin vertreten am Tisch sind Vertreter der Kommunen, beteiligter Naturschutzbehörden als Fachberater, die projektbegleitende AG Gewässerverbund Leipziger Neuseenland sowie Vertreter von Auftraggebern und Auftragnehmern.“

Auch die Letzteren sind interessant. Auftraggeber ist die Stadt Leipzig für den Grünen Ring Leipzig. Auftragnehmer ist die Bosch & Partner GmbH in Zusammenarbeit mit Rechtsanwälte Füßer & Kollegen Leipzig, biocart sowie kokomotion.

Vorgesehen sind während der Projektlaufzeit auch mehrere öffentliche Konsultationen. Bei diesen soll die interessierte Bürgerschaft informiert und konsultiert werden, verspricht der Grüne Ring. „Die politischen Gremien der Stadt-, Kreis- und Gemeinderäte sowie die regionalen Landtags- und Bundestagsabgeordneten werden jetzt zu Projektbeginn mit einem Abstract und dann in bestimmten Abständen über die Sachstände informiert.“

Man kommt also so langsam aus seinen Luftschlössern heraus und ist bereit, sich mit all denen an einen Tisch zu setzen, die sich längst intensiv eben nicht nur mit dem Schutz unserer malträtierten Landschaft beschäftigen, sondern auch mit der sehr zentralen Frage: Wie viel Bootsverkehr vertragen eigentlich diese sensiblen Gewässer? Und welchen? Und wo muss man die Pläne für eine Nutzbarmachung der Natur einfach eindampfen, um nicht lauter Biotope zu zerstören, die man eigentlich die ganze Zeit verspricht, schützen zu wollen?

Denn das, was 2005/2006 zumindest als großes Leitbild auf die Umschlagdeckel des WTNK geschrieben wurde – eine „naturverträgliche Nutzung der Gewässer“ – zwingt nun einmal dazu, genau diese Naturverträglichkeit zu prüfen und die Grenzen der Nutzbarkeit zu definieren. Und das wird das WTNK zwingend verändern müssen. Wenn es sich nicht ändert, hat Leipzig ein Problem.

Das Projekt wird zu 75 % gefördert mit Mitteln aus der Förderrichtlinie Regio des Freistaates Sachsen. Die Eigenmittel erbringen die Kommunen des Grünen Ringes Leipzig, der Zweckverband Kommunales Forum Leipzig, der Landkreis Leipzig sowie die Stadt Leipzig.

Schaffen will man die „Fortschreibung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes aus den Jahren 2005/2007“ bis zum 31. Dezember 2019.

Platz für neue Wohnbebauung und eine Bürgerbeteiligung zu neuen Ideen für das Projekt Stadthafen

Platz für neue Wohnbebauung und eine Bürgerbeteiligung zu neuen Ideen für das Projekt Stadthafen

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“Aber zumindest ist ein Umdenken sichtbar. Die fachlich berechtigten Bedenken der Umweltverbände haben endlich auch das Handeln der Steuerungsgruppe verändert. Sie strickt sich ihr neues WTNK nicht mehr im Alleingang.”

Ein Umdenken sichtbar? Das Handeln der Steuerungsgruppe verändert? Nirgends! Kommunen, Landesdirektion und Freistaat gehen nur subtiler zur Sache. Aber sie gehen zur Sache und zwar sehr intensiv und mit hohem Druck und völlig unveränderter Zielsetzung.

Hierfür wird auch ein sogenannter “Runder Tisch”….. installiert. Von Gnaden des sogenannten Grünen Rings Leipzig werden verschiedene Gruppen eingeladen. Selbstredend (wie in allen anderen “Gremien” auch) die Gewässerbauer und Motorbootenthusiasten in der Mehrheit. Naturschützer als Feigenblatt. Mit festgesetztem Ziel – Umsetzung des WTNK. Was in der Ãœbersetzung nichts anderes heißt als: Schiffbarmachung für eine Gewässermotorosierung.

Das WTNK war nie von Bürgerbeteiligung geprägt und kann es heute schon deshalb nicht mehr sein. Schlicht durch die ohne Beteiligung und zum Teil ganz bewußt gegen den Willen der Betroffenen durchgeführten Projekte. Beispielsweise der Störmthaler See sollte nach dem Willen der Betroffenen einem ruhigen, sanften, naturgeprägten Tourismus dienen. Statt dessen begann dort der “Siegeszug” der automobilen Gattung “SUV” mit der weltweiten Präsentation der M-Klasse von Mercedes Benz unter dem Jubel von 1000 Journalisten.
Ein Bild das die gesamte weitere Entwicklung der zukünftigen Gewässerlandschaft prägt. Eine motorisierte Nutzung (Motocross, Quad, Motorboote, Amphibienfahrzeuge) ausdrücklich gegen den bekannten (!) Willen der Menschen. Denn die “TÖB” hatten sich ja entschieden. Federführend waren hier Steinbach, Köpping, Lantzsch, Rosenthal, Berkner, Gey, Schulz und ihre “Fachbehörden”.
Unter diesem Diktat wurde z. Bsp. eine Petition gegen die motorisierte Gewässernutzung durch den Petitionsausschuß des Landtags einfach in’s Behörden-Nirwana geschoben und bleibt bis heute unbearbeitet.
Tja, “Jahr der Demokratie” eben….
Aber da können die Flughafenanrainer ein Lied von singen.

“Die politischen Gremien der Stadt-, Kreis- und Gemeinderäte sowie die regionalen Landtags- und Bundestagsabgeordneten werden jetzt zu Projektbeginn mit einem Abstract und dann in bestimmten Abständen über die Sachstände informiert.“

Man kommt also so langsam aus seinen Luftschlössern heraus und ist bereit, sich mit all denen an einen Tisch zu setzen, die sich längst intensiv eben nicht nur mit dem Schutz unserer malträtierten Landschaft beschäftigen,”

Die politischen Gremien sind seit mindestens dem Jahr 2000 informiert. Permanent und regelmäßig. Weshalb wird selbst in der LIZ diese Lüge des sogenannten Grünen Rings Leipzig übernommen, daß” jetzt zu Projektbeginn”… Bla und Blubb? “Jetzt” beginnt gar nichts! Das “Projekt” hat Ende der 90 er begonnen. Und schon damals wurden die Politiker informiert. Damals fand eine sogenannte Stadt-Umland-Konferenz des sogenannten Grünen Rings Leipzig in Zwenkau statt. Die sogenannten” TÖB” (die Träger öffentlicher Belange) wurden umfassend durch die damals beteiligte Uni Magdeburg über das WTNK informiert. Schon damals wurden die öffentliche Meinung abgebügelt, wurden die Naturschutzverbände weggetreten.
Dieser politische Druck von oben im Verbund mit der unterstützenden öffentlichen Berichterstattung durch die LVZ hat geäußerte Kritik gar nicht publik werden lassen.
Bei der letzten Runde zur Finanzierung der schwachsinnigen §4-Maßnahmen wurden die MdL und MdB durch die Gegend gekarrt und rungejammert, daß die schon begonnen Projekte unvollständig und unvollendet bleiben würden.
Die schon durchgeführten Projekte aus der Tagebausanierung (vollständig beteiligungsfrei durchgeführt da Bergrecht) wie z Bsp. Harth-Kanal, Kanal zwischen Markkleeberger und Störmthaler See ebenso das zur Schleuse umgebaute Connewitzer Wehr oder die Schleuse Cospudener See dienten als Begründung. Sonst wären diese Bauwerke ja sinnlos errichtet worden.
In der Tat, das sind sie. Sinnlos errichtet, denn es fehlt an einer Begründung. Jedenfalls an einer, die rechtsstaatlichen Erfordernissen genügen würde.
Die ebenfalls fehlt für den Umbau der Pleiße für eine Motorbootnutzung. Oder des geplanten Baus der Wasserschlange für Motorboote.

Wie aus der letzten Sitzung der sogenannten Steuerungsgruppe durchsickerte, wurden sämtliche kommunalen Vertreter durch das SMWA informiert.

Dieses Schmierentheater beschreibt sehr “schön” das, was von Einigen als “Demokratie” bezeichnet wird….

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