Im Rahmen eines vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Forschungsprojekts hat das Lindenau-Museum Altenburg die Herkunft eines NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstwerks in seinen Beständen aufgedeckt. Gemeinsam mit seinem Träger, dem Landkreis Altenburger Land, entschloss sich das Museum zur Rückgabe des Bildes an die Erben der einstigen Eigentümer. Wer genaueres darüber erfahren möchte, ist am 2. Dezember zum Vortrag eingeladen.

Mehr als 80 Jahre nachdem das Ölgemälde „Polnischer Ulan auf Vorposten im Winterwald“ von Wojciech Kossak (1857–1942) von den Nationalsozialisten bei der Familie Petschek in Aussig in der damaligen Tschechoslowakei beschlagnahmt wurde, haben das Lindenau-Museum Altenburg und sein Träger beschlossen, es den Erben der früheren Eigentümer zurückzugeben, teilt das Lindenau-Museum in Altenburg mit. Sie folgen damit den Prinzipien der Washingtoner Konferenz vom Dezember 1998 sowie der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes vom Dezember 1999.

Das Bild hing einst im Frühstückszimmer der Villa der Familie Petschek in Aussig (heute Ústí nad Labem, Tschechien). Bei ihrer Flucht vor dem NS-Regime im September 1938 waren die Petscheks gezwungen, nahezu ihren gesamten persönlichen Besitz, darunter auch das Gemälde, dort zurückzulassen. 1939 wurde die Familie im Deutschen Reich sowie im Protektorat Böhmen und Mähren enteignet. Das Bild wurde zusammen mit weiteren Kunst- und Einrichtungsgegenständen nach Berlin gebracht und im Mai 1941 vom Versteigerungshaus Union (Inhaber: Leo Spik) „im Auftrage einer Behörde“, d. h. zugunsten des Deutschen Reichs, versteigert.

Auf der Auktion wurde es von einem Bieter namens Arnold erworben. Hinter diesem Namen verbirgt sich aller Wahrscheinlichkeit nach bereits der folgende Besitzer des Gemäldes, Wladislaus Staniszewski, der eine Pension am Berliner Kurfürstendamm betrieb. Staniszewski verstarb 1943 und hinterließ das Bild seiner Witwe Frieda Staniszewski, die nach dem Krieg von Berlin nach Mehmels bei Meiningen übersiedelte und von dort aus mit dem Lindenau-Museum Altenburg in Verkaufsverhandlungen trat. 1952 erwarb das Museum unter anderem Wojciech Kossaks „Polnischen Ulan auf Vorposten im Winterwald“ aus ihrem Besitz.

Wojciech Kossak: Polnischer Ulan auf Vorposten im Winterwald. Foto: punctum/Bertram Kober, Leipzig
Wojciech Kossak: Polnischer Ulan auf Vorposten im Winterwald. Foto: punctum/Bertram Kober, Leipzig

Das Lindenau-Museum Altenburg untersucht seit April 2018 im Rahmen eines vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg geförderten Forschungsprojekts die Herkunft seiner Bestände. Dabei konnte der NS-Verfolgungsverlust des Bildes aufgedeckt und im engen Austausch mit den Erben der früheren Eigentümer die Provenienz des Gemäldes verifiziert werden.

Trotz umfangreicher Bemühungen, den Verbleib ihres im Nationalsozialismus konfiszierten Eigentums ausfindig zu machen, hat die Familie Petschek bislang kaum Objekte zurückerhalten. Für den Verlust der übergroßen Mehrzahl ihrer Kunst- und Einrichtungsgegenstände ist sie nicht entschädigt worden.

Mit Blick auf die Geschichte des Gemäldes fühlen sich das Lindenau-Museum Altenburg und sein Träger, der Landkreis Altenburger Land, moralisch verpflichtet, das Ölgemälde Polnischer Ulan auf Vorposten im Winterwald von Wojciech Kossak im Sinne einer gerechten und fairen Lösung den Erben der Familie Petschek aus Aussig zurückzugeben, betont das bekannte Altenburger Museum.

Termintipp: Am Montag, 2. Dezember, um 18:30 Uhr lädt das Lindenau-Museum Altenburg in diesem Zusammenhang zu einem Vortrag ein: „Ein Bild weniger? Zur Rückgabe eines Gemäldes von Wojciech Kossak an die rechtmäßigen Besitzer“. Den Vortrag hält Sarah Kinzel, die für die Provenienzforschung zuständig ist.

 

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