In Leipzig wird ja viel über den Investitionsstau bei Schulen, Kitas, Straßen, Brücken usw. in Milliardenhöhe dabattiert. Aber das klingt so, als müsse da nur was abgearbeitet werden. Tatsächlich ist es schlimmer. Denn zumindest bis 2013 hat Leipzig Millionenwerte verschlissen, ohne dafür adäquaten Ersatz schaffen zu können. Die Investitionsquote war eindeutig zu niedrig.

Gründe dafür gibt es – wie bei allen sächsischen Kommunen – eine ganze Reihe: die geringe Finanzausstattung, der steigende Millionenberg der auferlegten Pflichtaufgaben, der Schuldenberg, der abzutragen ist, und die zum Teil mehr als schwierigen Verhandlungen mit den Dresdner Ministerien über Fördergelder, die mal gar nicht, mal in geringerer Höhe als erwartet kamen. Und oft genug – gerade beim Schulbau durchexerziert – wurden Anträge abschlägig beschieden, weil die knappen Fördergelder schon weg waren.

In Dresden zum Beispiel, wo man seit dem Verkauf der stadteigenen Wohnungsgesellschaft WOBA im Jahr 2007 wesentlich freier und flotter investieren konnte als in Leipzig. Keine vorläufige Haushaltsführung, keine Auflagen der Landesdirektion für den Haushalt, kein Ausgabestopp im Sommer. Alles Dinge, die den Leipziger Planern harte Bandagen anlegten und alle notwendigen Investitionsprogramme auf Jahre hin aufstauten.

Das Ergebnis dieses Ungleichgewichts wird in den Zahlen sichtbar, die der kommunalpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, André Schollbach, nun auch zu den drei kreisfreien Städten abgefragt hat.

Nur Dresden hat es zwischen 2010 und 2013 tatsächlich geschafft, seine Nettoinvestitionsquote im Plus zu fahren und durch Investitionen im Bereich von 200 Millionen Euro jährlich auch die Substanz der Stadt aufzuwerten. Und zwar binnen dieser vier Jahre um fast 194 Millionen Euro.

Das ist eine Dimension, in die weder Chemnitz noch Leipzig vorstoßen konnten. Chemnitz hat in diesen vier Jahren tatsächlich einen Wertverlust von mindestens 53 Millionen Euro hinnehmen müssen. Wahrscheinlich sogar deutlich mehr. Denn das Jahr 2012 war eins mit vorläufiger Haushaltsführung, was im Klartext immer heißt, dass etliche notwendige Investitionen gestoppt sind.

Nettoinvestitionsquote nennt sich das – im Frühwarnsystem Kommunale Haushalte des Freistaats Sachsen auch Nettoinvestitionsmittel. Wenn ein Minus davor steht, wurde im laufenden Haushaltsjahr mehr Substanz abgeschrieben als gleichzeitig durch Investitionen neu geschaffen wurde.

Leipzig hat in diesen vier Jahren eine negative Quote von insgesamt 151 Millionen Euro. Also faktisch ist der Investitionsstau in diesen Jahren sogar noch größer geworden, weil die Stadt nur 110 bis 120 Millionen Euro investieren konnte statt der notwendigen 160 bis 200 Millionen Euro. Die Leipziger haben ja zuschauen können bei dem, was dabei herauskam: Eine Verzögerung des Kita-Ausbaus in der nötigen Dimension um über 5 Jahre, ein Spätstart beim Schulinvestitionsprogramm von mindestens 3 Jahren. Bei der nötigen Erneuerung von Straßen und Brücken kleckert die Stadt ebenfalls um mindestens 5 Jahre hinterher. Und auch wenn OBM Burkhard Jung 2013 schon glaubte, er habe die Investitionsquote endlich so hoch, dass ein Substanzverzehr beendet wäre, sagen die Zahlen etwas anderes.

Leipzig und Chemnitz stecken natürlich doppelt in der Klemme. Sie haben nicht nur beide (anders als Dresden) auch noch ihren Schuldenabbau zu stemmen, gleichzeitig haben sie höhere Soziallasten zu tragen, die von Bund und Land eben nur in Teilen abgedeckt werden. Hier werden dem Haushalt nicht nur 30 bis 50 Millionen Euro pro Jahr entzogen, die dringend für Investitionen gebraucht werden, sondern über 100 Millionen Euro. Allein 30 Millionen Euro fehlen Leipzig ja bekanntlich jedes Jahr, weil der Freistaat die Stadt auch noch massiv bei den Sondermitteln für die Kosten der Unterkunft benachteiligt – ein Fakt, der seit Herbnst 2013 bekannt ist. Änderung: nicht in Sicht.

In so einer Situation wirkt es sich dann besonders verschärfend aus, wenn Fördermittel nicht bereitgestellt werden oder nicht abgerufen werden können, weil man auch noch bei Planung und Antragstellung in der Warteschleife hängt.

Das macht sich in Leipzig auch bei den Kindertagesstätten bemerkbar. Auch 2013 noch, nachdem schon 2012 die Gemüter hochkochten, weil Leipzig die bewilligten Gelder nicht abgerufen hatte.

Die Anfrage von André Schollbach zu den Nettoinvestitionsquoten von Dresden, Leipzig und Chemnitz 2010 bis 2013 als pdf zum Download.

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