Zeigt der Versuch der sächsischen Landesregierung endlich Früchte, den Flächenverlust in Sachsen zu bremsen, wenn nicht gar zu stoppen? Zumindest machen die Zahlen, die der Grüne-Abgeordnete Wolfram Günther von Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) jetzt bekommen hat, Hoffnung: 2013 war der Bodenverlust wieder auf dem Stand von 2004/2005.

Damals wurden im Schnitt 2,8 bis 3 Hektar pro Tag der Landwirtschaftsfläche entzogen und in Siedlungs- und Verkehrsfläche verwandelt. Vorstellen kann man sich das in der Regel wie drei Fußballfelder – mit Zuschauerrängen und Pipapo. Und das war das Minimum in dieser Zeit, auch bedingt durch die Wirtschaftsflaute, aus der sich der Freistaat erst in den nächsten Jahren herausarbeitete, ablesbar auch an den steigenden Zahlen des Flächenverbrauchs. Wurden 2004 noch 1.030 Hektar verbaut und 2005 dann 1.095, so stieg der Wert schon 2006 auf 1.657 Hektar und im Folgejahr dann auf 4.098 Hektar. Das entsprach dann schon einem täglichen Verlust an landwirtschaftlicher Fläche von 11,2 Hektar, hat das Umweltministerium ausgerechnet. Das war der absolute Spitzenwert in den letzten Jahren und einer der Auslöser für die zunehmenden Mahnungen vor einem weiteren Verlust wertvoller Böden.

Natürlich muss man sich bei diesem Flächenverlust nicht immer Komplettversiegelungen vorstellen. Sachsens Umweltminister Thomas Schmidt geht davon aus, dass bei dieser Inanspruchnahme rund die Hälfte der Fläche auch versiegelt wurde. Die andere wurde freilich der landwirtschaftlichen Nutzung ebenfalls entzogen – verwandelte sich in Böschung, Wassergraben, Verkehrsinsel, Innenhof oder Grünrabatte in einem Gewerbepark.

Aber die Zahlen zeigen auch, dass Sachsen ab 2010 eine Art Bremsung hingelegt hat.

Wurden 2009 noch 3.689 Hektar für den Bau neuer Straßen, Häuser, Fabriken in Anspruch genommen (10,1 Hektar pro Tag), so fiel die Menge der beanspruchten Fläche 2011 auf 2.501 Hektar (6,9 Hektar pro Tag) und erreichte 2013 mit 1.058 Hektar wieder die niedrigen Werte von 2004 und 2005. Was zumindest ins Auge fällt, denn 2013 gehört schon zu den Jahren ab 2011, in denen Sachsens Wirtschaft wieder Tritt gefasst hat.

Natürlich ist das auch aus Sicht des sächsischen Umweltministers noch zu viel. Denn alle Flächen, die in den letzten Jahren der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen wurden, fehlen natürlich – auch in der Klimabilanz des Freistaats. Hinter den Zahlen steckt ja auch schon das Regelwerk, dass neu versiegelte Flächen an anderer Stelle eine Kompensation erhalten müssen. Aber wie ersetzt man neu verbaute Grünflächen, wenn die landwirtschaftliche Fläche insgesamt schrumpft?

Thomas Schmidt in seiner Antwort: “Die Zunahme der Flächen für Siedlung und Verkehr betrug 28.419 Hektar im Zeitraum vom 31. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2013. Dies entspricht einer täglichen Flächenneuinanspruchnahme über den gesamten Zeitraum von durchschnittlich knapp sechs Hektar pro Tag. (…) Seit dem Jahr 2009 zeigt die Statistik eine stetige Abnahme der täglichen Neuinanspruchnahme an SuV-Fläche.”

SuV ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche. Die wuchs insgesamt von 2000 bis 2013 von 207.288 Hektar auf 235.707 Hektar, also um 12 Prozent. Dabei wuchs auch die offiziell so deklarierte Erholungsfläche von rund 12.500 auf rund 24.500 Hektar, verdoppelte sich also fast.

Verkehrsflächen nehmen zwar mit über 77.000 Hektar eine größere Fläche in Anspruch, wuchsen aber mit rund 6.000 Hektar nicht ganz so schnell.

Zur Kompensation wurden aber trotzdem vor allem Ackerflächen in Anspruch genommen.

Auf ihnen wurde in der Regel Wald angepflanzt, so dass Sachsens Waldfläche in diesem Zeitraum ebenfalls gewachsen ist, von 487.886 Hektar im Jahr 2000 auf 500.380 Hektar im Jahr 2013.

Nicht alles also, was der Landwirtschaft verloren geht, wird auch zugebaut. Und nicht alles, was dann zum Beispiel Erholungsfläche oder Wald wird, war vorher versiegelt oder mit Kartoffeln bebaut. Denn einige zehntausend Hektar Fläche befinden sich auch noch in einem Zwischenreich der Entwicklung – zum Beispiel als ehemals von Bergbau genutztes Gelände, das wieder kultiviert wird und neue Nutzungen bekommt.

Was freilich die Notwendigkeit nicht verringert, den Flächenverbrauch – insbesondere dem von wichtigen landwirtschaftlichen Flächen – nicht weiter zu forcieren. Dazu gehört dann auch, Wege zu finden, in vorhandenen Strukturen besser mit dem verfügbaren Platz zu wirtschaften, überdimensionierte Verkehrsprojekte auf ein realistisches Maß zu mindern und auch uralte Bergbaurechte einzuziehen, wo sie gesellschaftlich nicht gebraucht werden. Wie etwa bei den geplanten Kiesgruben bei Zitzschen.

Die Anfrage von Wolfram Günther zum Flächenverbrauch in Sachsen

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