Kaum steht die Bundesrepublik mal wieder vor einer richtigen Herausforderung wie der Unterbringung von hunderttausenden Asylsuchenden aus den Bürgerkriegen Nordafrikas, beginnen verantwortliche Politiker mal leise, mal lauter von steigenden Steuern und Solidaritätszuschlägen zu murmeln. Gleichzeitig bereitet die Regierungskoalition ein Erbschaftssteuergesetz vor, das die großen Vermögen im Land weitgehend verschont. Zeit für eine Petition, fand ver.di.

Kennt man irgendwie schon. Seit Jahren diskutiert die Nation. Immer wieder kassieren Gerichte die neuen Formeln, weil sie den Verfassungsgrundsätzen nicht entsprechen. Immer wieder scheuen Regierungsparteien zurück, die Steuersätze zu erhöhen und die Bemessungsgrenzen zu senken. Es geht nicht um das, was der gewöhnliche Durchschnittsdeutsche zu vererben hat. Es geht auch nicht um das, was der gewöhnliche kleine oder mittelständische Unternehmer zu vererben hat.

“Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer droht abermals verfassungswidrig zu sein. Vererbtes oder verschenktes Betriebsvermögen soll auch künftig weitgehend von der Steuer befreit bleiben. Bis zu einer Erbschaft oder Schenkung von 26 Millionen Euro, bei ‘Familienunternehmen’ bis 52 Millionen Euro, soll regelmäßig ein völlig steuerfreier Vermögenserwerb möglich sein, wenn eine Weiterführung des Betriebes für sieben Jahre und eine bestimmte Lohnsumme garantiert werden. Dies würde aber auch keine Gewähr für den Erhalt aller Arbeitsplätze bieten”, kritisiert die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die neue Vorlage. “Erst bei noch größeren Vermögenswerten soll eine – zudem großzügige und umgehungsanfällige – Bedürfnisprüfung klären, wie weit die Erben oder Beschenkten die Steuer auch aus ihrem sonstigen, nicht begünstigten Privatvermögen bezahlen können. Wenn sie dieser Prüfung und daraus folgender Besteuerung entgehen wollen, können sie alternativ eine verminderte Besteuerung wählen. Diese soll erst oberhalb von 26 bzw. 52 Millionen Euro einsetzen und langsam ansteigen. Erst bei einer Schenkung oder einem Erbe in Höhe von über 116 Millionen Euro, bei ‘Familienunternehmen’ 142 Millionen Euro, soll sie einen Höchstsatz von in den meisten Fällen nur 19,5 Prozent erreichen.”

Unterstützung bekommt die Gewerkschaft jedenfalls von der Linkspartei, wo man weniger Sorgen damit hat, der eigenen Wählerklientel auf die Füße zu treten, wenn mal die Reichen im Land stärker besteuert werden sollen.

“Soziale Gerechtigkeit muss auch auf der Einnahmeseite hergestellt werden. Deshalb unterstützen wir diese Initiative von ver.di. Damit machen wir darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung weiterhin Vermögende und Superreiche schont”, erklärt dazu der stellvertretende Landesvorsitzende der sächsischen Linken, Stefan Hartmann.  „Die soziale Spaltung darf nicht auf zukünftige Generationen übertragen werden. Gerade in Deutschland sind die Vermögen der reichsten zehn Prozent in den letzten Jahren enorm gewachsen. Es steht im Widerspruch zur Vorstellung von einer Leistungsgesellschaft, wenn sehr große Vermögen quasi leistungslos erworben werden können.“

Grund dafür ist, dass große Vermögen weitgehend von Steuern befreit sind und praktisch fast abschlagsfrei an die nächste Generation vererbt werden können, egal, ob das Geld nun in Stiftungen, Immobilien, Grundbesitz oder Aktien angelegt ist. Nicht immer sind die Grenzen zwischen Privat- und Betriebsvermögen eindeutig gezogen, ein Problem, mit dem die Gesetzgeber dabei umgehen müssen.

“Dabei geht es uns ganz sicher nicht um das kleine Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung, die sich mühsam erarbeitet wurden. Diese sollen durch entsprechende Freigrenzen geschützt werden. Uns geht es um Verteilungsgerechtigkeit und darum, gerade diejenigen in die Finanzierung von z.B. Sozialleistungen und die Entwicklung Deutschlands mit einzubeziehen, die am meisten davon profitieren”, kommentiert die die Landesgeschäftsführerin der Linken, Antje Feiks: “Wir bitten unsere Mitglieder, SympathisantInnen und WählerInnen diese Petition zu unterstützen. Wir werden unsere Möglichkeiten nutzen, um über diese Petition zu informieren. Wir wollen mit möglichst vielen Unterschriften aus Sachsen ein Zeichen dafür setzen, dass soziale Gerechtigkeit eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart ist.“

Und wirklich etwas ändern an der Ungleichbehandlung des gewöhnlichen Lohnsteuerzahlers und der vermögenden Erben will der aktuelle Regierungsentwurf nicht.

“Die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer sollen nach diesen Plänen des Finanzministeriums nur um höchstens vier Prozent, etwa 200 Millionen Euro, steigen”, kritisiert ver.di. “Bei einer angemessenen Besteuerung wären Mehreinnahmen von mehreren Milliarden Euro jährlich möglich, ohne Arbeitsplätze zu gefährden. Im Gegenteil: Die Länder und Kommunen könnten damit die öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge stärken und dauerhaft viele Zehntausende zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.”

Oder eben das finanzieren, was die deutsche Wirtschaft eigentlich dringend braucht, weil nur so die Fachkräfte der nächsten Jahre gesichert werden können: Unterkünfte für die Asylsuchenden, die jetzt von Kommunen mehr recht als schlecht und mit völlig unzureichenden Mitteln untergebracht werden. In Deutschland fehlt es nicht an Geld. Es ist nur nicht da, wo es sinnvoll eingesetzt werden könnte.

Doch die Regierungsparteien sind noch immer von der Angst getrieben, die reichen Erben des Landes würden in Scharen auswandern, wenn die Erbschaftssteuer steigt. Was einige in den vergangenen Jahren nicht nur angedroht, sondern auch umgesetzt haben, denn auch hier zeigt sich der Zustand der Europäischen Gemeinschaft von seiner desolaten Seite: In Sachen Steuern unterbieten sich die Länder der EU nach wie vor gegenseitig und machen damit eine abgestimmte Steuerpolitik in der EU so gut wie unmöglich.

In seiner Petition fordert ver.di deshalb: “Wir fordern, dass künftig auch die Multimillionäre und Milliardäre entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zur Erbschaft- und Schenkungsteuer herangezogen werden. Wir appellieren: Der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Erbschaftsteuerreform muss grundlegend überarbeitet werden. Auch Erbschaften und Schenkungen von großen Betriebsvermögen müssen angemessen besteuert werden.”

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Ja, die Reichenlobby hat wieder gute Arbeit geleistet in unserer Regierung! Die kleinen Leute müssen die Lasten der Probleme dieser Welt tragen und einige Wenige leben in Saus und Braus und haben kein schlechtes Gewissen dabei.

Aber die meisten Menschen haben noch nicht begriffen, wer die wahren Schuldigen dieser Misere sind, die auf der Welt herrscht. Nach unten treten ist auch einfacher, als nach oben.
Bis jetzt war ich kein Marxist, die DDR-Oberen haben ihn für ihre Zwecke missbraucht. Aber Marx war ein kluger Kopf und er hat die Weltentwicklung vorausgesehen. Ich glaube, dass es niemals Gerechtigkeit auf der Welt geben wird, die meisten Menschen denken nur an sich.

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