"Dem Freistaat droht Personalmangel", meldete am Mittwoch, 6. Januar, die "Sächsische Zeitung". Auch dort hat man mittlerweile mitbekommen, welch eine seltsame Personalpolitik die Sächsische Staatsregierung inzwischen fährt. "Ein Großteil der Mitarbeiter geht bis 2031 in den Ruhestand. Ein Prüfbericht warnt vor Ausfällen im öffentlichen Dienst." Aber den Prüfbericht haben noch nicht mal die Landtagsfraktionen in der Hand.

“Dem Landtag – und damit dem Gesetzgeber – werden wieder einmal in einer grundlegenden Angelegenheit der sächsischen Landespolitik Informationen vorenthalten. Die CDU/SPD-Koalition stellt sich mit dieser Nichtachtung des Parlaments in eine Reihe mit der CDU/FDP-Vorgängerregierung. Das Papier – bei dem es sich wohl um den Zwischenbericht der Personalkommission handelt – gehört auf den Tisch des Landtages”, erklärt Valentin Lippmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, so langsam richtig erbost. Denn schon am 24. Dezember hatte Finanzminister Georg Unland via LVZ verkündet, er wolle weiter straff am Personalabbau festhalten. Und er machte damit deutlich, wer in Sachsen tatsächlich regiert. Der Ministerpräsident ist es jedenfalls nicht.

“Meine Fraktion hat mehrfach auf das drohende Personaldesaster hingewiesen. Schon bis zum Jahr 2020 werden 13 Prozent der Landesbediensteten (außer Polizei und Hochschulen) in Ruhestand gehen. Allein im Bereich der Justiz sind 90 von rund 1.300 Richtern und Staatsanwälten über 60 Jahre alt”, merkt Lippmann an. Denn seit den 1990er Jahren schon fährt der Freistaat ein restriktives Personalprogramm. Dabei hat man das Abschmelzen der Personalstärke vor allem dadurch bewerkstelligt, dass man die Neueinstellungen auf Sparflamme fuhr. Im Ergebnis ist das Personal in praktisch allen Landeseinrichtungen überaltert. Doch statt endlich gegenzusteuern, kommentiert Lippmann, stelle Finanzminister Prof. Georg Unland (CDU) bereits die Weichen auf weiteren Personalabbau.

“So müssen im aktuellen Haushaltsaufstellungsverfahren wieder alle Ministerien und ihre nachgeordneten Bereiche jeglichen Mehrbedarf an Stellen substantiiert begründen und durch Stelleneinsparungen an anderer Stelle ausgleichen. Die Ansage des Finanzministers an die anderen Ministerien ist klar: Mit mir wird es ein Mehr an Personal nicht geben”, kritisiert Lippmann das Gebaren des allmächtigen Finanzministers. “Wenn sich der Finanzminister mit seinen Vorstellungen durchsetzt, wird es weitere Einstellungen beispielsweise bei der Polizei nur zulasten anderer Bereiche geben. Das wäre das Ende einer nachhaltigen Personalpolitik, weil keinerlei Vorsorge für die starken Altersabgänge ab dem Jahr 2020 getroffen würde.”

Doch genau diese nachhaltige Personalpolitik hatte eigentlich die SPD im Herbst 2014 gefordert, weswegen ja die Personalkommission eingesetzt wurde. Augenscheinlich gegen den Willen von Finanzminister Georg Unland, der nun seine Verlautbarungen verstärkt, weiter Personal abbauen zu wollen. Auch in der Anfang 2015 vorgelegten “Mittelfristigen Finanzplanung” für den Landeshaushalt hatte er schon deutlich gemacht, was er von den Personalkosten im Landeshaushalt hält: “Die Personalausgaben stellen unter Berücksichtigung aller Komponenten (Personalausgaben des Kernhaushaltes zzgl. Staatsbetriebe und Hochschulen, Versorgungsausgaben, Zuführung an Generationenfonds, AAÜG) mit Abstand die größte Ausgabenposition des Staatshaushaltes dar. Im Ist des Jahres 2013 entfielen über ein Drittel der Gesamtausgaben des Freistaates auf Ausgaben für Personal. Der Anteil erhöht sich – auf Kosten anderer Ausgabenbereiche, insbesondere der Investitionen – im Finanzplanungszeitraum weiter.”

Die kleine Formel “Zuführung an Generationenfonds” darf einem dabei durchaus auffallen. Denn jährlich speist Sachsen diesen Generationenfonds mit über 500 Millionen Euro. 2015 waren das zum Beispiel 558 Millionen Euro, 2016 werden es 574 Millionen Euro sein. Geld, das dem aktuellen Staatshaushalt praktisch entzogen ist, weil man damit die Pensionen künftiger Ruheständler bezahlen will.

Für das Landespersonal im Kernhaushalt gab der Freistaat 2015 tatsächlich nur 4,15 Milliarden Euro aus. 2016 sind 4,25 Milliarden geplant. Nur wenn man alle von Unland genannten Extraposten mit hinzunimmt, kommt man in die Nähe “eines Drittels der Gesamtausgaben”. Tatsächlich liegen die Personalausgaben bei einem Viertel und gehen keineswegs zulasten von Investitionen, auch wenn Unland das behauptet und es in seinem Finanzbericht auch so aussieht. Denn nach 2,99 Milliarden Euro für Investitionen im Jahr 2014 und 2,97 Milliarden im Jahr 2015 gibt es 2016 erst einmal nur 2,84 Milliarden. 2017 plant Unland mit 2,79 Milliarden.

“Diese Entwicklung resultiert daraus, dass die Zuweisungen aus dem Solidarpakt II und die EU-Fördermittel zurückgehen, welche die elementaren Finanzierungsquellen der überproportionalen Investitionen sind”, heißt es in Unlands Finanzbericht. Er spricht also selbst von “überproportionalen Investitionen”, die – das sei auch angemerkt – nicht immer dorthin fließen, wo das Land und seine Kommunen tatsächlich Investitionsbedarf haben.

Aber Georg Unland hat so seine ganz eigenen Vorstellungen, wo er das Geld für Investitionen hernehmen will: “Der perspektivische Rückgang dieser Einnahmemittel bedeutet zugleich, dass Investitionen verstärkt aus eigenen Mitteln erwirtschaftet werden müssen, was angesichts der steigenden Personalausgaben und vor dem Hintergrund eines gleich bleibenden Haushaltsvolumens eine Herausforderung darstellt.”

Tatsächlich sind vor allem die EU-Fördermittel weggebrochen, als die gesamte Region Leipzig aus der Maximalförderung hinauskatapultiert wurde (auch verursacht durch eine ziemlich ignorante sächsische Strukturreform). Dadurch sackte das EU-Fördervolumen von 870 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 620 Millionen im Jahr 2015 ab und wird ab 2016 nur noch 513 Millionen Euro betragen – wobei der Großteil dieser Gelder nach Ost- und Südsachsen fließt, weil in Leipzig keine größeren Summen mehr abgerufen werden können.

Unland hat also durchaus das Ergebnis einiger sehr esoterischer Landesentscheidungen der letzten Jahre auf dem Tisch, hat aber eigentlich keinen Grund, über den Rückgang der Investitionssummen zu lamentieren, denn die ist durch eine falsche Landespolitik selbst verursacht.

Und auch über steigende Personalkosten kann er nicht wirklich lamentieren, denn die rund 100 Millionen Euro mehr im Jahr sind durch die Mehreinnahmen bei den Steuern wenigstens bis 2017 schon längst wieder eingebracht.

Dass er über den Zusammenhang einer klugen Personalpolitik, funktionierender Landesdienstleistungen und steigender Steuereinnahmen nicht nachdenkt, müsste kein Problem sein, wenn er nicht quasi mit Alleinvollmacht über das Personal im Land entscheiden würde und damit das Funktionieren des Landes gefährden würde.

Dass die SPD die Informationspolitik des Ministers mitträgt, finden die Grünen regelrecht ignorant.

Die Grüne-Fraktion im Landtag hatte mehrfach die Veröffentlichung des Zwischenberichts der Personalkommission gefordert. Doch auch am 19. November wurde ein entsprechender Antrag im Plenum mit den Stimmen der CDU- und der SPD-Fraktion abgelehnt.

“Der Personalbedarf in Sachsen ist aber nicht allein Sache der Koalition, sondern ebenso Kontrollpflicht der Opposition”, erinnert Lippmann.

Tatsächlich gilt noch immer, was Unland in die “Mittelfristige Personalplanung” geschrieben hat: Ein fortgesetzter Personalabbau. “Bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums ist eine Rückführung der Stellen um 2 % geplant”, schrieb er, bevor er noch kurz die Kommission erwähnte, die “eine aufgabenorientierte Personalbedarfsplanung für den öffentlichen Dienst” erarbeiten sollte, vielleicht auch mittlerweile erarbeitet hat. Nur öffentlich ist das Ergebnis noch nicht. Und so läuft sich der Finanzminister schon mal warm, den radikalen Stellenabbau zu verteidigen.

Der Grünen-Antrag “Transparenz bei Sachsens Personalplanung – Zwischenergebnisse der Kommission zur umfassenden Evaluation der Aufgaben, Personal- und Sachausstattung veröffentlichen” (Drs 6/2558)

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