Wenn Michael Kretschmer klug ist, wird er ziemlich bald den Slogan „So geht sächsisch“ einkassieren. Zu viel Unfug wurde mit diesem verwaschenen Spruch getrieben. Verena Meiwald, haushalts- und finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, hat mal nachgefragt, für welche heimelige Veröffentlichung unter diesem Label die Staatsregierung wie viel Geld ausgegeben hat seit 2013. Dass alles mit Weihnachten begann, ist kein Zufall.

„Willkommen im Weihnachtsland“ hieß das Weihnachtsmagazin, das die Staatsregierung 2013 der FAZ der „Süddeutschen Zeitung“, der „Welt am Sonntag“ und dem „Standard“ beilegen ließ: 1,7 Millionen weihnachtswunderliche Exemplare, die sich im Kampagnenbudget mit fast 600.000 Euro niederschlugen. Und so ging das die nächsten Jahre munter weiter: Wo immer sich die Gelegenheit ergab, pries die Staatsregierung Sachsen als ein Märchenland an, manchmal wurde auch mächtig geprahlt – so wie bei einer ähnlichen Beilagenkampagne 2014 mit 2,5 Millionen Exemplaren, in der man einfach mal behauptete „Die Zukunft kommt aus Sachsen“.

Kann man mal formulieren, wenn man über einige zukunftsträchtige Unternehmen in Sachsen berichtet. Aber wenn solche Verallgemeinerungen immer wieder die ganze Kampagne prägen, entsteht ein falsches Bild. Diese Kampagne kostete dann schon mal runde 650.000 Euro.

Ein Sachsen-Spezial „Sachsen meine Sehnsucht“ in der „Bunten“ gab es dann für 158.000 Euro. Die Weihnachtsbeilage 2014 unter dem sinnigen Titel „Wo Weihnachten gelebt wird“ war auch für schlappe 600.000 Euro zu haben.

In den Folgejahren gab es immer neue genauso heimelig anmutende Kampagnen in der „Bunten“, der SUPERillu, immer neue Beilagenkampagnen zum Weihnachts-Wunderland oder zu einem Ideal eines wirtschaftlichen Vorzeigelandes. 2016 zum Beispiel unter dem Titel „Unser Plan“. Die sächsische Staatskanzlei war emsig bemüht, ein geradezu schizophrenes Bild dieses Bundeslandes zu vermitteln, streng geteilt in eine romantische Verklärung des „Weihnachtslandes“ und einer prahlerischen Überhöhung des Techniklandes.

Das passt nicht zusammen. Und es ist in Wirklichkeit beides beliebig und hat wenig bis nichts mit dem realen Land zu tun. Die Kampagne spiegelt vor allem die eigenartige Sicht der Staatskanzlei auf das, was man von „unserem Sachsen“ sehen und zeigen wollte. Und damit natürlich auch die sehr realitätsferne Regierung Stanislaw Tillichs.

Wenn man allein all diese bunten Beilagenkampagnen in einer überschaubaren Zahl (fast) immer derselben Medien zusammenrechnet, kommt man auf eine hübsche Summe von – kurz überschlagen – 7,8 Millionen Euro, die in diesen vier Jahren für die Inszenierung eines Sachsen ausgegeben wurden, das so nur in den Schönmalereien einiger Ministerien und quietschfideler Werbeagenturen existierte.

Die Antwort auf die Anfrage von Verena Meiwald. Drs. 11307

Was die sächsische Heimattümelei mit der fehlenden politischen Gesprächskultur in Sachsen zu tun hat

Was die sächsische Heimattümelei mit der fehlenden politischen Gesprächskultur in Sachsen zu tun hat

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