Es geht Menschen, die migrieren müssen, nicht anders als Menschen, die schon da sind – in Sachsen zum Beispiel – und dann trotzdem lauter Hürden und Barrieren vor sich sehen, die verhindern, dass sie sich wirklich integrieren können. Dass Integration in Sachsen überhaupt nicht selbstverständlich ist, macht gerade der Umgang mit Migranten deutlich. Die Grünen schlagen jetzt ein Gesetz für mehr Chancengleichheit vor. Am Donnerstag geht es in die Anhörung.

Und damit wird jetzt auch auf Landesebene thematisiert, was nicht nur die Wirtschaftsverbände im Freistaat so langsam tief beunruhigt: Da hat man zwar viele Menschen aufgenommen aus Ländern, in die diese bei ehrlichem Mitgefühl nie im Leben wieder zurückkehren werden. Und dann lässt man sie trotzdem außen vor und erschwert ihnen den Weg in Arbeit, Ausbildung und eine wirkliche gesellschaftliche Beteiligung.

Diese Problemlage hat Sachsen ja bekanntlich aus dem Westen übernommen, wo man seinen Unwillen, Migration überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, hinter jahrzehntelanger Gleichgültigkeit versteckte. Das Ergebnis sind einige Parallelwelten, die heute zu Recht die Polizei auf Trab und Bürgermeister ins Grübeln bringen. Mittlerweile weiß man zumindest einiges darüber, was da schiefgelaufen ist.

Man muss Zuwanderung und Integration gestalten, sonst gelingen sie nicht. Für beide Seiten nicht.

Der Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag „Gesetz für Chancengleichheit und zur Verbesserung der Teilhabe von Migrantinnen und Migranten im Freistaat Sachsen“ wird am Donnerstag, 28. März, um 10:00 Uhr Thema in der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Sächsischen Landtags (Raum A 600).

Als Sachverständigen hat die Grünen-Fraktion Özcan Karadeniz, Geschäftsführung des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V. aus Leipzig, benannt.

„Integration kann nur dort gelingen, wo es umfassende Beteiligungsmöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten gibt. Menschen mit Migrationshintergrund verfügen in Bezug auf Bildungserfolg, Ausbildungs- und Erwerbsbeteiligung sowie im gesellschaftlichen Leben erkennbar noch nicht über die gleiche Teilhabe“, erklärt Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Grünen, den Hintergrund des Gesetzentwurfs. „Mit dem Teilhabegesetz will die Grüne-Fraktion hierfür verbindliche Strukturen schaffen und ein klares politisches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung setzen.“

Die Landtagsabgeordnete und migrationspolitische Sprecherin Petra Zais nimmt für die Fraktion an der Anhörung teil. Ein ähnlich lautender Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke ist ebenfalls Thema der Öffentlichen Anhörung.

Zu dem hatte Juliane Nagel, flüchtlings- und migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, schon zur Einbringung im Sommer 2018 erklärt: „Mit unserem Gesetzentwurf treten wir in die Fußstapfen von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin, die sich bereits mit Landesgesetzen der Schaffung von gesellschaftlichen und politischen Teilhabemöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten gewidmet haben. Explizit abgrenzen wollen wir uns allerdings zum auf Assimilation und Restriktionen setzenden Gesetz aus Bayern.“

Schwerpunkte des Linke-Gesetzesentwurfes sind:

  1. die interkulturelle Öffnung – ein wesentlicher Schlüssel für bessere Teilhabe von Migrantinnen und Migranten. Dabei geht es uns keineswegs darum, dass in Zukunft Klischeehandbücher das Behördenhandeln bestimmen, sondern dass Barrieren abgebaut werden und die Bedürfnisse und Lebenslagen von und Auswirkungen auf Menschen mit, aber auch ohne Migrationsgeschichte mitgedacht werden. Im Gesetz schreiben wir u. a. die Erhöhung des Anteils von Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst und die Förderung der interkulturellen Kompetenz der Bediensteten und Beschäftigten der öffentlichen und sonstigen Stellen fest. Hier hat das Land, hier haben aber auch die Kommunen einen dringlichen Nachholbedarf.
  2. Integration findet vor allem in den Kommunen statt und wird zum großen Teil durch Akteure der Zivilgesellschaft ermöglicht. In § 12 finden sich die sogenannten Kommunalen Integrationszentren (KIZ), die in jedem Landkreis und jeder Kreisfreien Stadt geschaffen werden sollen. Vorbild ist NRW, dort gibt es 53 dieser Zentren. In den KIZ sollen kommunale Integrationsbemühungen sowohl öffentlicher als auch zivilgesellschaftlicher Akteure gebündelt werden, ein Schwerpunkt liegt zudem auf der Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften.
  3. Nur wer sich als gleichberechtigtes Mitglied einer Gesellschaft wahrgenommen fühlt, fühlt sich auch eingeladen, in ihr mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen. Wir schlagen die Schaffung eines Landesmigrationsrates und kommunaler Migrations- bzw. Integrationsräte mindestens in den Kreisfreien Städten, Landkreisen und Großen Kreisstädten vor. Ebenso wollen wir das Amt des Sächsischen Ausländerbeauftragten zum Integrationsbeauftragten aufwerten.

„Auch die Finanzierung regeln wir“, betonte Juliane Nagel. „Jährlich sollen die Gemeinden, Städte und Landkreise in diesem Rahmen insgesamt 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen, um damit die auch für Integration notwendige Infrastruktur herzurichten oder neu zu schaffen. Und auch dies kommt im Endeffekt der gesamten Bevölkerung zugute.“

Behandelt werden beide Gesetzentwürfe am Donnerstag, 28. März, ab 10:00 Uhr.

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