Am Montag, 21. Dezember, veröffentlichte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther gemeinsam mit Landesforstpräsident Utz Hempfling den diesjährigen Waldzustandsbericht für Sachsen. Demnach leidet der Wald immer stärker. Insgesamt sind 35 Prozent der Bäume deutlich geschädigt. Dies ist der höchste Anteil seit Beginn der Waldzustandserhebung. Hingegen wurde nur bei 21 Prozent der Bäume festgestellt, dass sie keine erkennbaren Schäden haben.

Besonders betroffen ist nach wie vor die Fichte. Zugleich sind auch Kiefern und Eichen stark geschädigt. Ihnen allen fehlt das Wasser. Drei Jahre hintereinander gab es nun zu wenige Niederschläge in Sachsen. Und besonders litten natürlich die Monokulturen wie die in Plantagen gepflanzten Fichtenkulturen, die alles Mögliche sind, nur kein natürlicher Wald mit seinem ökologischen Reichtum.

Wenn die Bäume Stress bekommen wie in den heißen Sommern der letzten drei Jahre und kein Harz mehr produzieren, ist das ein Festmahl für den Borkenkäfer – etwas zugespitzt formuliert. Denn der Borkenkäfer gehört ja zu den ganz natürlichen Bewohnern unserer Wälder, wo er sich ganz selbstverständlich um krank gewordene Bäume kümmert. Zum Problem wird er nur, weil die sächsischen Wälder größtenteils eben keine Wälder sind, sondern Forstplantagen.

„Es ist das dritte Jahr in Folge, in dem wir so problematische Daten verkünden müssen. Wir haben eine Schadholzmenge durch Borkenkäferbefall in Sachsen, wie es sie seit Beginn der geregelten Waldbewirtschaftung nicht gegeben hat“, sagte Wolfram Günther bei der Gelegenheit. „Ursachen hierfür sind insbesondere die mehrjährige, langanhaltende Sommertrockenheit sowie überdurchschnittlich warme Temperaturen. Das heißt, der Klimawandel spielt hier eine wesentliche Rolle.

Ihn müssen wir bremsen, denn er kommt uns ökologisch und wirtschaftlich teuer zu stehen. Gleichzeitig forcieren wir den Waldumbau unter stärkerer Nutzung von Naturverjüngung. Wir streben einen stabilen, arten- und strukturreichen, leistungsfähigen Mischwald an. Das Stichwort lautet integrative naturgemäße Waldwirtschaft. Sie ist die Chance, um unseren Wald dauerhaft mit seinen vielfältigen Ökosystemleistungen zu erhalten.“

Der Minister nannte im Zusammenhang mit der Waldverjüngung verschiedene waldbauliche Ansätze von Pflanzung und Saat über Naturverjüngung und Vorwald bis hin zu ungelenkter Sukzession. „Wir haben unsere Förderung für den Privat- und Körperschaftswald entsprechend stärker am ökologischen Waldumbau ausgerichtet und hierzu in diesem Jahr die Förderrichtlinie geändert“, ging er auf die veränderte Schwerpunktsetzung im Umgang mit dem Wald ein.

Utz Hempfling, Landesforstpräsident und Geschäftsführer von Sachsenforst, gab sich freilich nach wie vor kämpferisch: „Die Waldschäden in Sachsen bewegen sich auch in diesem Jahr auf einem sehr hohen Niveau. Mit vereinten Kräften haben Forstunternehmer, Waldeigentümer und Forstbehörden sowie die vielen Unterstützer und Helfer aber einen weiteren Anstieg der Schäden durch Borkenkäfer verhindert. Wir dürfen im kommenden Jahr mit den intensiven Gegenmaßnahmen aber nicht nachlassen. Die Situation bleibt angespannt.“

Mit Blick auf die notwendige Wiederbewaldung erklärte Hempfling: „Auf den vielen geschädigten oder gar kahlen Flächen müssen schnell wieder vielfältige Wälder wachsen. Auch im kommenden Jahr werden wir dazu viele Millionen Bäume aktiv pflanzen und säen. Damit erhalten wir wichtige Waldfunktionen für die Allgemeinheit.“

Die Fichte spielt zwar eine Hauptrolle im Waldzustandsbericht, der deswegen eigentlich Forstzustandsbericht heißen müsste.

Aber das dritte Dürrejahr in Folge hat eben auch die Laubwälder im Tiefland nun sichtbar geschädigt – auch die Bäume im Leipziger Auwald. Das war ja Thema beim Ministerbesuch im August in der Leipziger Burgaue.

Tatsächlich gibt es auch in Nordwestsachsen seit fünf Jahren zu wenige Niederschläge.

Im Bericht kann man dazu lesen: „Im Westlichen Tiefland werden seit dem Trockenjahr 2015 nahezu jedes Jahr neue regionale Maxima des mittleren Nadel-/Blattverlustes erreicht. Dies war mit 35,6 Prozent auch 2020 wiederum der Fall. In den 1990er Jahren, als die Emissionen aus dem mitteldeutschen Chemie- und Braunkohlegebiet abklangen, lagen die damaligen Maxima bei vergleichsweise niedrigen 24 bis 25 Prozent. Im Tief- und Hügelland, besonders in Nordwestsachsen, bestanden enorme Niederschlagsdefizite auch schon aus den Vorjahren. Deshalb verstärkt die Trockenheit des aktuellen Jahres das kumulierte Defizit nochmals und sorgte für extremen Trockenstress bei den Waldbäumen.“

Schädigungen der Eichen in Sachsen. Grafik: Freistaat Sachsen, Waldzustandsbericht 2020
Schädigungen der Eichen in Sachsen. Grafik: Freistaat Sachsen, Waldzustandsbericht 2020

Einige Laubbäume, die prägend auch für den Leipziger Auwald sind, zeigen zunehmende Stressschäden: „Bis 2017 bewegte sich der mittlere Blattverlust dieser Baumartengruppe (Birke, Ahorn, Esche, Hainbuche, Linde, Erle, Robinie, Pappel, d. Red.) über zehn Jahre zwischen 17,5 und 19,2 Prozent. Im Jahr 2018 verzeichnete diese Baumartengruppe mit 8,7 Prozentpunkten den höchsten bisher beobachteten Anstieg auf 26,2 Prozent; ein neues Allzeithoch.

2019 Jahr schwächte sich dieser Anstieg ab, doch stieg der Absolutwert weiter auf 29,3 Prozent! In der aktuellen Erhebung kann nun eine Konsolidierung festgestellt werden. Der Trend setzt sich 2020 nicht fort. Vielmehr wurde ein mittlerer Blattverlust von 27,9 Prozent, etwa in der Mitte der beiden Vorjahre liegend, ermittelt. (…)

Hauptursache für Blattverluste und Kronenverlichtung ist wie bei allen anderen Baumarten auch die Trockenheit, auf die viele Baumarten dieser Gruppe mit dem Verlust von Blättern reagieren. Ebenso wie bei den Baumartengruppen Kiefer und Eiche kommen viele dieser Bäume auf Standorten vor, die von Trockenheit und Dürre besonders betroffen sind.

Insbesondere bei Linden und Hainbuchen muss aber darauf hingewiesen werden, dass der Laubfall hier nicht mit der Mortalität gleichgesetzt werden kann. Ihr Laubfall ist zunächst eine natürliche Reaktion der Bäume, um die Trockenheit zu überdauern. Erst wenn der Vorrat an Reservestoffen durch Atmung und Angriffe von Schadorganismen verbraucht und kein erneuter Austrieb mehr möglich ist, stirbt der Baum ab.“

Und die Eiche?

„Das absolute Minimum mit 19,6 Prozent wurde im Jahr 2016 festgestellt. Aktuell ging die Häufigkeit der Bäume ohne Schadsymptome um weitere vier Prozentpunkte auf nur noch 3 Prozent zurück. Aber auch der Anteil der deutlich geschädigten Individuen sank wie schon 2018 zu 2019 von 62 Prozent auf 58 Prozent und nunmehr auf 55 Prozent.“

Und so fasst auch das SMEKUL zusammen: „Am stärksten betroffen vom Blattverlust ist die Eiche. Der Blattverlust betrug 2020 im Schnitt ein Drittel. Eher unverändert stellte sich die Situation bei Buchen dar. Diese waren im Vergleich zu nicht geschädigten Buchen dennoch im Schnitt um ein Viertel weniger belaubt.“

Und da der Wald trotzdem noch immer als Forst betrachtet wird, steht nach wie vor die Bilanz der Forstbetriebe im Mittelpunkt: „Die Schadholzmenge aufgrund des Borkenkäferbefalls bei den Nadelbaumarten Fichte, Kiefer und Lärche betrug 2020 bisher insgesamt rund 1,8 Millionen Kubikmeter. Davon entfallen seit Anfang Juni allein 1,1 Millionen Kubikmeter auf die Fichte.“

Eigentlich darf man sich nach diesen drei Jahren so langsam einen Waldzustandsbericht wünschen, der seinen Namen verdient, der nämlich ökologisch naturnahe Wälder von Forstplantagen trennt und für beides gesonderte Schadensbilanzen zieht. Denn erst so würde deutlicher werden, welche menschlichen Eingriffe besonders hohen Schaden nach sich ziehen und wie sächsische Wälder eigentlich aussehen müssten, damit sie sich auch einem deutlich wärmeren Klima anpassen können.

Mehr Informationen zu Wald und Forst in Sachsen findet man hier.

Der Waldzustandsbericht 2020 ist in der Publikationsdatenbank des Freistaates Sachsen herunterladbar.

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