RB Leipzig hat sich mit einem nicht unverdienten 0:1 (0:1) beim FC St. Pauli aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet. Lennart Thy schoss kurz vor dem Pausenpfiff das Tor des Tages (45.).

Die Konkurrenz spielte gestern nicht zu Leipzigs vollster Zufriedenheit. Darmstadt gewann 3:2 gegen Kaiserslautern. Braunschweig siegte 2:0 gegen Frankfurt. Dominik Kaiser musste gegen St. Pauli passen. Der Mittelfeld-Chef hatte eine Gelb-Sperre abzubrummen. Achim Beierlorzer ersetzte den 26-Jährigen durch Offensiv-Allrounder Emil Forsberg. Tim Sebastian durfte die Binde tragen.

RB Leipzig war am Sonntag zum ersten (und hoffentlich nicht letzten) Mal am Millerntor zu Gast. 2.000 Leipziger begleiteten ihr Team in die Hansestadt. 800 Supporter reisten mittels Sonderzug an. Die Bahnfahrer bekamen von Stadt und Stadtteil herzlich wenig zu sehen. Die Polizei verfrachtete die RB-Fans am Hauptbahnhof direkt in eine Sonder-U-Bahn, die in Hamburg direkt am Gästeblock hielt. Nichts mit Reeperbahn und Großer Freiheit. Aber mittags steppt dort ohnehin nicht der Bär.

Das charmante Millerntor-Stadion ist im Moment wieder eine Baustelle. Die Nordtribüne wird “rekonstruiert”, wie der FC St. Pauli den Neubau selbst bezeichnet. Das einheimische Publikum steht trotz höchster Abstiegsgefahr und hundsmiserablen Auftritten in der Fremde voll und ganz hinter seinen Kiezkickern. Der “Magische FC” prägt die Identität des Stadtteils mit, ist eng mit der ansässigen Kulturszene verbandelt und gehört zu St. Pauli wie die Schiffe zum nahe gelegenen Hafen.

“Das hier ist Fußball, das hier sind Dramen”, singt Thees Uhlmann in seiner Ode auf den FC St. Pauli. Die Ultras haben die bittere Erkenntnis auf ein großes Banner gemalt und vor ihrer Kurve aufgehängt. Ein musikalisches Ritual fiel heute aus. “Normalerweise werden die Gäste mit ihrer Hymne begrüßt. Das gestaltet sich in diesem Fall schwierig”, erläuterte Stadionsprecher Rainer Wulff. Die Rasenballer haben nämlich kein offizielles Vereinslied. Beim Einlaufen zündeten die Ultras Pyrotechnik. Konfetti flog kiloweise durch die Heimblöcke. Die Gegengerade präsentierte auf einem langen Banner bedeutsame Ereignisse aus der 105-jährigen Vereinsgeschichte.

Auf dem Platz bauten die Gastgeber auf Kampf, die Leipziger auf gepflegte Spielkultur. Beide Teams traten engagiert auf. In der Anfangsphase boten sich kaum echte Chancen. Kamen die Braun-Weißen Coltortis Tor zu nah, waren die RB-Verteidiger meistens zur Stelle. Nur als Schachten eine Daube-Ecke auf’s Tornetz köpfte, kam ein Hauch von Torgefahr auf (12.). Gegenüber prüfte Forsberg Pauli-Keeper Himmelmann aus 15 Metern, der den scharfen Schuss ins Aus ablenkte (23.). Demmes Abschluss aus größerer Distanz hielt der Torwart sicher (24.).

Die Rasenballer erreichten Mitte der ersten Halbzeit allmählich Betriebstemperatur. Die Hamburger verhielten sich bei gegnerischem Ballbesitz rund um den eigenen Sechzehner auffällig passiv. Nach Balleroberung im Mittelfeld übten sich die Braun-Weißen im schnellen Umschalten. Mit verhaltenem Erfolg. Die RB-Abseitsfalle schnappte ein ums andere Mal zu.

Im Aufbauspiel leisteten sich die Sachsen allerdings viele Fehler, die St. Pauli zu mehr Angriffen als nötig verhalfen. Zudem generierten die Leipziger bis zum Pausenpfiff kaum Torgefahr. Momente vor dem Pausenpfiff war es dann passiert. Ein langer Ball aus dem Mittelfeld landet vor Thys Füßen. Der Sankt-Paulianer stürmt alleingelassen auf Coltortis Tor zu. Der Schweizer machte sich zwar noch breit, konnte den Einschlag aber nicht verhindern (45.).

Nach Wiederanpfiff wirkten die offensiven Bemühungen der Leipziger strukturierter. Abgesehen von einem Forsberg-Schuss ans Außennetz (48.) ließen die Großchancen auf sich warten. Die Kiezkicker verwalteten diszipliniert die knappe Führung und lauerten auf Fehler des Gastes. Nach Ballverlust marschierte Kalla mit der Kugel bis zur Grundlinie, von wo er auf Thy zurücklegte. Coltorti lag geschlagen am Boden. Sebastian rettete in höchster Not (60.). Im Pauli-Strafraum flankte Poulsen von der Grundlinie zum langen Pfosten. Dort rasselten Reyna und Kalla aneinander. Tat weh. Sorgte für eine Rudelbildung und Emotionen auf den Rängen (65.). Doch die Leipziger standen weiter neben sich. Während die Pauli-Fans euphorisch jeden gewonnenen Zweikampf bejubelten, spielten sich die Gastgeber mit zunehmender Spieldauer in einen Rausch.

In der Schlussphase setzte Kimmich den Ball nach einer Ecke deutlich über den Kasten (81.). Himmelmann kratzte in der Nachspielzeit einen guten Schuss von Reyna aus der Luft. Ansonsten blieben die Rot-Weißen ideenlos. Das Fußball-Wunder blieb konsequenterweise aus.

RB Leipzig verabschiedet sich nach einer blutleeren Darbietung am Hamburger Millerntor höchstwahrscheinlich endgültig aus dem Aufstiegsrennen. Die Chancen, sich für die Bundesliga-Relegation zu qualifizieren, sind jetzt nur noch theoretischer Natur.

Die nicht unverdiente Niederlage wiegt rückblickend umso bitterer, denn ausgerechnet Erzgebirge Aue leistete den Leipzigern am Sonntag mit einem 3:1 über Karlsruhe dankbare Schützenhilfe. Am Freitag empfängt RB Leipzig den SV Sandhausen (Anstoß: 18:30 Uhr).

Nachwuchs: Die B-Junioren sind am Samstag durch ein 1:0 (0:0) bei Energie Cottbus vorzeitig Staffelsieger der Bundesliga Nord/Nordost geworden. Die Meisterschaft wird im K.O.-System unter den drei Staffelsiegern und dem besten Staffelzweiten ausgespielt. Im Halbfinale wartet Vorjahressieger Borussia Dortmund.

Die Statistik zum Spiel

FC St. Pauli:
Himmelmann – Schachten (73. Sobota), Sobiech, Gonther (C), Halstenberg – Alushi, Daube – Buballa, Buchtmann (68. Koch), Kalla (82. Ziereis) – Thy

RB Leipzig:
Coltorti – Klostermann, Sebastian (C), Compper, Jung – Demme (46. Damari) – Teigl (66. Kalmár), Kimmich, Forsberg (76. Frahn), Poulsen – Reyna

Schiedsrichter:
Benjamin Brand (Gerolzhofen)

Tor:
1:0 Thy (45.+1)

Gelbe Karten:
Gonter (5), Daube (6), Buballa (2) | Reyna (3), Sebastian (5)

Zuschauer:
23.584 im Millerntor-Stadion (ausverkauft)

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