Knapp drei Wochen nach den Ausschreitungen beim Oberliga-Spiel Rot-Weiß Erfurt II gegen Lok Leipzig hat der Verband sein Urteil gesprochen. Der 1. FC Lok muss ein Meisterschaftsheimspiel ohne Zuschauer austragen und zudem 4.000 Euro Geldstrafe an den Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) überweisen. Die Gastgeber müssen 1.000 Euro wegen nicht ausreichenden Ordnungsdiensts abdrücken. Ein gerechtes Urteil?

Für den Abbruch des Oberliga-Spiels beim FC Rot-Weiß Erfurt II muss der 1. FC Lok nicht nur 4.000 Euro Geldstrafe berappen, sondern auch ein Meisterschaftsheimspiel auf Zuschauer verzichten. Die Gastgeber, die laut Spielordnung für die Sicherheit im Stadion zuständig sind, müssen nur 1.000 Euro für nicht ausreichenden Ordnungsdienst bezahlen.

Verantwortliche des 1. FC Lok waren am Mittwochabend nicht zu erreichen. Sie werden mit Sicherheit einen Einspruch gegen das Urteil prüfen. Es scheint doch arg überzogen.

Zum einen hatte der 1. FC Lok als Gastverein keinerlei Einfluss auf die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen am Spieltag. Im Vorfeld fanden wie vereinbart mehrere Sicherheitsberatungen statt, der Club hatte eigene Ordner und den Sicherheitsdienst für die Heimspiele mit nach Erfurt gebracht. Die Stadionverbote, die der Verein für das Bruno-Plache-Stadion erlassen hat, gelten nicht automatisch in Erfurt. Hier wäre die Frage aufzuwerfen, was ein Gastverein noch tun muss, um sich am Ende keinerlei Vorwürfen gegenüber zu sehen.

Zum anderen stellt sich die Frage, wieso Rot-Weiß Erfurt als gastgebender Verein nur 1.000 Euro Geldstrafe bezahlen muss, obwohl laut zahlreicher Fan-Aussagen weder Tickets kontrolliert worden noch alkoholfreies Bier ausgeschenkt wurde und Personenkontrollen in einem für ein Sicherheitsspiel angemessenen Maße nicht durchgeführt wurden. Diese Versäumnisse entschuldigen nicht das Fehlverhalten der ca. 50 Mann starken Personengruppe, die das letzte Saisonspiel beider Vereine zum Abbruch gebracht hat. Sie müssen aber in einem gerechten Urteil entsprechend berücksichtigt werden.

Dass der Gastverein schließlich ein Geisterspiel zu Hause durchführen muss, ist ebenfalls nicht zu verstehen. Ein Ausschluss von Gästefans des 1. FC Lok wäre die nachvollziehbare Strafe gewesen.

Schließlich berücksichtigt dieses Urteil nicht ausreichend die Maßnahmen, die der Verein in den letzten Jahren ergriffen hat, um Gewalttäter fern vom Verein zu halten und dass er unmittelbar im Anschluss an das Spiel die Identifizierung der Täter vorangetrieben hat. Unter anderem hatte sich die Polizeidirektion Leipzig vor den Verein gestellt und die Zusammenarbeit mit dem Club gelobt. Am Ende kulminiert alles in der Frage, wieso Vereine letztlich für gesellschaftliche Probleme in Regress genommen werden, die sie nur teilweise zu verantworten haben und auch nur zum Teil lösen können.

Beide Vereine können nun binnen sieben Tagen Einspruch einlegen. Sportlich gerecht ist dagegen die Wertung des Spiels: 2:0 für RW Erfurt II. Das war auch der Zwischenstand in der 73. Minute, als das Spiel abgebrochen wurde.

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