Die "Höfe am Brühl" werden am morgigen 25. September eröffnet. Für einen ausgewählten Kreis von Gästen gibt es eine Vorab-Eröffnungs-Feier am heutigen Montag, 24. September. Und Kunst am Bau wird es auch geben. Dafür hat Bauherr mfi sogar einen Extra-Wettbewerb veranstaltet.

Die mfi management für Immobiien AG wollte ein großes Kunstwerk in Auftrag geben und hat deshalb acht Künstler zu einem Wettbewerb “Kunst am Bau” eingeladen. Die Jury, die dann über die eingereichten Ideen der Künstler entschied, bestand aus Vertretern des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft, der Stadt Leipzig sowie des Entwurfsarchitekten.

Und verwirklichen darf ihre Idee die Leipziger Künstlergruppe “Famed”.

mfi prüfte zwischenzeitlich die Realisierbarkeit und kam zu einem positiven Ergebnis, so dass die Umsetzung nach Eröffnung der Höfe beginnen kann und voraussichtlich noch im Laufe des kommenden Winters abgeschlossen sein wird.

Wer jetzt Skulpturen oder sprießende Kunstblumen erwartet, wird sie nicht zu sehen bekommen. Tatsächlich reiht sich das Kunstprojekt in eine Reihe schon existenter Leipziger Kunst-Installationen ein, die sich mit dem künstlichen Licht beschäftigen. Man denke nur an die “Leuchtenden Pflastersteine” von Tilo Schulz auf dem Nikolaikirchhof.
Die drei “Famed”-Mitglieder Sebastian Kretzschmar, Kilian Schellbach und Jan Thomaneck beschreiben ihre Arbeit, die den Titel “As if nothing happened – Als wäre nichts gescheh’n” trägt, wie folgt: “Grundlegend für unsere Überlegungen war der Brühl in seinem historischen Bezugsrahmen und seiner künftigen Bestimmung. Unser Entwurf setzt dabei an, die Höfe als Gesamtheit in einem innerstädtischen Kontext zu begreifen – einem Ensemble, das als physische Manifestation von Geschichtlichkeit den Alltag in der Stadt künftig mitprägen wird.”

Also ein Kunstwerk nur aus Licht. Oder noch deutlicher: ohne Licht. Denn Licht ist ja genug da. Die “Höfe am Brühl” werden am Abend einem hellerleuchteten Weihnachtsbaum ähneln. Mit flackerndem Werbebildschirm zur Gerberstraße hin.

“Famed”: “Als Werkstoff und Methode dient uns eine Partitur, die sich an der Erscheinung des Gebäudeensembles orientiert und dieses durch Eingreifen in die Lichtsteuerung an entscheidenden Punkten abwandelt. Als metaphorische Verbindung zwischen Vergangenem und Zukünftigem soll sie am Ende eines jeden Tages, kurz vor Mitternacht, aufgeführt werden.”

Das Ergebnis: Eine Licht-Choreographie in drei Phasen.

Diese Choreographie des Lichtes läuft in drei Phasen ab: In der ersten Phase wird die gesamte Fassadenbeleuchtung himmelsrichtungsweise abgeschaltet. In der zweiten Phase erlöschen sämtliche Logos gleichzeitig. Ausgehend von der Plauenschen Straße / Ecke Brühl wird in der dritten Phase das Licht der Schaufenster im selben Takt und nach festgelegtem Raster nacheinander abgeschaltet. Dieser Teil der Choreographie orientiert sich am Achsraster des Gebäudes und visualisiert zugleich die für gewöhnlich unsichtbare Statik hinter der Fassade.

Das so definierte Lichtband bewegt sich entlang beider Höfe und löst sich sequenziell von zwei Seiten her auf. Es trifft zur selben Zeit am gegenüberliegenden Ende der Plauenschen Straße ein und läuft von dort beidseitig auf den Ausgangspunkt zu – analog zu der Bewegung mit dem Taktstock eines Dirigenten, der einen Impuls ins Orchester setzt und wieder zur Konzentration zurückführt.

Nachdem alle Segmente des Lichtbandes erloschen sind, bleibt das gesamte Außenlicht der Höfe am Brühl für die Dauer von einigen Minuten aus. Der Gesamtbaukörper verbleibt als ausgedunkeltes Phantom im Zustand vorübergehender Entropie. In ihm kommen Systeme und Menschen zu sich und vermögen, auf sich geworfen, die Dimensionen ihres Platzes und ihres Tuns zu begreifen und zu ordnen – als geschichtlicher Moment, der uns enthält.

Anschließend werden sämtliche Lichtquellen gleichzeitig wieder eingeschaltet. Was dann den Titel des Projekts auf den Punkt bringt: “Als wäre nichts gescheh’n.”

Reydan Weiss, Ehefrau des mfi-Gründers R. Roger Weiss und verantwortlich bei mfi für das Kunst-Engagement, freut sich über die Juryentscheidung: “‘Famed’ gehen mit diesem Werk einen außergewöhnlichen Weg, der auf besonderen Standort und dessen Einbindung in die Umgebung ganzeinheitlich hinweist, beides gewissermaßen ins Licht rückt und ihm auf diese Weise zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft.”

Die Künstler Sebastian Kretzschmar, Kilian Schellbach und Jan Thomaneck, die das übliche Künstler- und Autorenbild brechen, da sie konsequent als Gruppe arbeiten, studierten an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Bei ihnen geht es um ortsspezifische Arbeiten mit dadurch bedingt unterschiedlichen Praktiken und Vorgehensweisen. Diese haben sie jedoch schon oftmals auf überregionalen wie auch internationalen Ausstellungen gezeigt.

2010 erhielt das Trio den Kunstpreis der Sachsenbank. “Famed” überzeugte die Jury mit seinen bisherigen Arbeiten, die konzeptionell und zugleich narrativ und ironisch sind. Der Name der Gruppe “Famed” ist Logo und Label in einem, verweist gleichzeitig auf die zentrale Frage ihrer Arbeiten – den Strategien des (Künstler-)Ruhms: Inwiefern ist Ruhm Motivation künstlerischer Produktion, aus welchen Gemengelagen setzt sich Ruhm zusammen und wo bleibt bei den unterschiedlichen Trends, Hypes und Reaktionen des Kunstmarktes die Autonomie der Kunst?

www.mfi.eu

www.famed.us

www.ladenfuernichts.de/kuenstler/famed

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