LZ/Auszug aus Ausgabe 51Der Kirow-Chef Ludwig Koehne ist kein Mann großer Worte. Er baut lieber riesige Kräne, Containerbrücken, Straßenbahnen und Schienenfahrzeuge, die ganze ICEs wieder ins Gleis heben können. In den letzten Jahren hat er die „Kranunion“ Holding aus Kirow, Ardelt und Kocks zu einem weltweit operierenden Unternehmen gemacht, seine Arbeitsplätze heißen Japan, China, Bangladesh und Leipzig. Doch wenn der Name des 2012 verstorbenen brasilianischen Stararchitekten Oscar Niemeyer fällt, leuchten nicht nur seine Augen.

Dann beginnt er von Raumdurchschnitten (12 Meter), speziell gebogenem Glas und einer Kugel auf dem Dach einer ehemaligen Werkshalle auf dem Kirow-Areal zu schwärmen, erzählt von speziellen Gusstechniken und Stabilisierungen für einen Bau, der so schlicht wie einzigartig werden wird. Eine Kugel an einem Haus, wie zufällig drangeworfen, lichtdurchflutet durch ein Glasdach und mit freiem Zugang auf das anliegende Dach.

Bereits jetzt hat für Kenner mit der Spinnereistraße in Leipzig-Plagwitz mit der „Niemeyer Sphere“ die Architekturwelt eine neue Adresse hinzugewonnen. Die ersten Pilgerpläne in einschlägigen Architekturforen entstehen, viele warten nun auf die Eröffnung der neuen, frei zugänglichen Werkskantine auf dem Gelände.

Werkskantine? Niemeyer hat neben den imposanten Bauten wie u. a. dem UNO-Hauptquartier in New York oder den Alvorada-Palast (Amtssitz der brasilianischen Präsidenten) in Brasília auch einen Entwurf hinterlassen, den nun die Kirow-Werke behutsam und Stück für Stück umsetzen. Weitgehend unbemerkt entsteht in den traditionsreichen Leipziger Kirowwerken (seit 1880) in Leipzig Plagwitz ein Nutzbau, der laut Koehne „immer in einem Jahr fertig ist“.

Für 2017 angekündigt, konnte man am 12. Januar 2018 gemeinsam mit ihm zumindest den Unterbau des runden Konstruktes bestaunen. Wenn man sich denn die Stufen am Baugerüst im gleißenden Scheinwerferlicht empor traute – mancher begnügte sich dann doch lieber mit Fotos der Zurückkehrenden.

Wer dann noch Zeit hatte, durfte feststellen, dass es wohl neben den architektonischen Finessen einen weiteren Grund geben dürfte, in Zukunft mal in der „Kantine“ der Kirow-Werke vorbeizuschauen. Das Chili con Carne des Betriebskochs machte jedenfalls Lust auf mehr. Wann es so weit ist, ließ sich Ludwig Koehne auch später beim Gang durch die Themenausstellung „Auf ein Glas: ‚Ich bin mein eigener Feiertag‘“ von Künstler Tjark Ihmels nicht entlocken. „Na, in einem Jahr.“

Die neue LZ ist da: Silvesterknaller, Treuhandschatten, Sondierungs-Gerumpel und eine Stadt in der Nahverkehrs-Klemme

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Es gibt 2 Kommentare

Oh, da haben die Kirow-Werker aber fleißig gelesen. Naja, sie haben die “architektonischen Finessen” auch mit ihrem Weihnachts- und Urlaubsgeld bezahlt.
So weit reichte die Recherche dann doch nicht.

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