Am 20. September 2017 berichtete das „Handelsblatt“ über ein „vertrauliches Strategiepapier“ des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg (EnBW) mit dem Titel „EnBW 2025“. Darin war auch zu lesen, dass Konzernchef Frank Mastiaux 2025 nicht mehr mit Erträgen aus der konventionellen Stromerzeugung rechnet. Dazu gehören nicht nur die Atomkraftwerke, die schon bis 2022 planmäßig vom Netz gehen, sondern auch ein paar Kohlemeiler. Auch ein sächsischer.

„Für die Kohlekraftwerke will er Standort für Standort entscheiden und prüft beispielsweise eine Umrüstung auf Biomasse. In den Zukunftsplanungen spielt Kohle aber keine Rolle mehr“, schrieb das „Handelsblatt“ zum Kohleteil in den EnBW-Zukunftsplänen. „Bei einem guten Angebot, das auch die Interessen der knapp 3.000 Mitarbeiter in der konventionellen Erzeugung wahren würde, dürfte EnBW sogar zu einem Verkauf bereit sein. Die Anlagen, die überwiegend südlich der Mainlinie stehen, wo es regelmäßig Engpässe bei der Stromversorgung gibt, könnten beispielsweise für Deutschlands größten Stromproduzenten RWE interessant sein.“

Und genau das scheint jetzt ein halbes Jahr später einzutreten. „RWE will EnBW-Kraftwerke kaufen“, war jetzt auf „finanzen.net“ zu lesen. „Laut dem Bericht könnte das Geschäft ein Milliardenvolumen umfassen, es gestalte sich aber schwierig. EnBW wolle neben profitablen Gas- und Kohlekraftwerken auch unrentable loswerden“, konnte man da lesen.

Mal abgesehen davon, dass es eine von drei Großerzählungen ist, die derzeit in der deutschen Energiewirtschaft ablaufen, steht die Frage: Was geht das die Leipziger an? – Eine Menge.

Selbst die drei Großgeschichten gehen die Leipziger etwas an, denn sie handeln von den drei deutschen großen Stromkonzernen RWE, eon und EnBW, die sich seit fünf Jahren allesamt mit unterschiedlichen Strategien nach und nach aus der konventionellen Stromerzeugung verabschieden. Mal haben sie Tochterfirmen gegründet, die das Geschäft mit den dezentralen Erneuerbaren Energien vorantreiben, mal haben sie genau das zum neuen Kerngeschäft gemacht – so wie EnBW.

Oder sie haben sich – wie der vierte große Player Vattenfall – einfach losgekauft von ihrer Kohleverstromung. Weil das aber ausschließlich die Kohlesparte in Ostdeutschland betraf, haben sich die überforderten Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen so benommen, als gäbe es für Ostdeutschland eine Extrawurst in der Energiewende und sie könnten sich aus dem Prozess irgendwie herausschlawinern.

Nur so am Rande: Sie hätten Vattenfall die Kohlesparte abkaufen müssen. Dann hätten die beiden so seltsam agierenden Landesregierungen in Potsdam und Dresden heute die Kontrolle über das, was in der Lausitz passiert. So wie die Regierung von Baden-Württemberg die Kontrolle über EnBW hat, auch wenn es da noch einigen Zündstoff gab und gibt. Aber das Land hat ein Unternehmen, das schon jetzt einen Großteil seines Gewinns außerhalb der alten Kraftwerksparte macht.

Mastiaux rechnet fest damit, künftig mit den Erneuerbaren die erwarteten Renditen einzufahren. Der Konzernumbau ist längst im Gang.

Und da darf man durchaus annehmen, dass im Kraftwerkspaket, das man an RWE verkaufen möchte, auch der einzige sächsische Meiler steckt, den EnBW besitzt: der Block S im Kraftwerk Lippendorf. Der Block R gehört der LEAG.

Noch verhandeln EnBW und RWE. Es ist völlig offen, ob RWE dann wirklich alle Kraftwerksblöcke übernimmt. Aber selbst die Verkaufsverhandlungen sind ein Signal. Bei EnBW glaubt keiner mehr daran, dass man mit konventionellen Kraftwerken noch Geld verdienen kann. Die Zeit der Kohlemeiler läuft ab. Und EnBW hat für sich längst den Schlussstrich aufgemalt: 2025.

Auch in Mitteldeutschland ist die Energiewende längst in Gang. Die Manager der großen Stromkonzerne haben längst begriffen, dass sie eine Naturgewalt ist, die selbst demonstrierende Bergarbeiter nicht aufhalten können. Nur in Sachsen ist die Botschaft noch nicht so richtig angekommen. Zumindest in Ostsachsen, wo die Kohle-Nichtausstiegs-Politik verantwortet wird.

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