Am Dienstag, dem 29. Juli, veröffentlichte das Statistische Bundesamt auch neue Zahlen zur CO₂-Reduktion in Deutschland. Und Deutschland reduziert seinen CO₂-Ausstoß tatsächlich. Wenn auch nicht in allen Ressorts. Aber ein Hebel erweist sich schon jetzt als besonders wirksam: das Abschalten von Kohlekraftwerken. Das machte sich sogar schon vor dem 2020 im Bundestag beschlossenen Kohleausstieg bemerkbar. Auch wenn Sachsen bislang noch keinen nennenswerten Beitrag zu dieser Emissionssenkung liefert.

Die sächsische Regierung verweist dann in der Regel gern auf die massive Senkung der Emissionen zu Anfang der 1990er Jahre. Aber das ist Geschichte und hat vor allem mit dem Austausch der völlig überalterten Energieversorgung aus DDR-Zeiten zu tun, bei dem vor allem Kohleverbrennung durch Erdgaseinsatz kompensiert wurde.

Was wirklich zählt, sind die Jahre ab 2000, als bundesweit die Aufgabe anstand, das CO₂-Aufkommen in allen Bereichen zu senken und auf den Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu kommen.

Doch genau dem verweigerten sich seitdem alle sächsischen Regierungen. In der Kohlekommission machte sich Sachsen – zusammen mit Brandenburg – dafür stark, dass die Kohlemeiler in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier besonders lange am Netz bleiben – im Mitteldeutschen Revier bis 2035, in der Lausitz bis 2038. Sodass Sachsen zu der am Dienstag veröffentlichten Statistik eigentlich keine bedeutenden Reduktionsbeiträge geliefert hat.

Jedes abgeschaltete Kraftwerk zählt

Trotzdem konnte das Statistische Bundesamt einen stetigen Rückgang der CO₂-Emissionen seit 2010 vermelden. Insgesamt um 29 Prozent. Wobei einige Bereiche wie der Verkehr praktisch keine Beiträge geliefert haben. Der Löwenanteil des Rückgangs entfällt tatsächlich auf jene Branche, wo tatsächlich Strom und Wärme produziert werden: die Energiewirtschaft.

Der Rückgang der CO₂-Emissionen seit 2010. Grafik: Statistisches Bundesamt
Der Rückgang der CO₂-Emissionen seit 2010. Grafik: Statistisches Bundesamt

„Den größten Anteil an den energiebedingten CO₂-Emissionen hatte im Jahr 2023 die Energieversorgung (u. a. Strom- und Fernwärmeanbieter) mit 38,4 %, gefolgt vom Verarbeitenden Gewerbe (27,0 %) und den privaten Haushalten (18,6 %). Zusammen machten sie 84,0 % der energiebedingten CO₂-Emissionen aus. Der Rückgang der energiebedingten CO₂-Emissionen insgesamt ist vor allem auf die Reduktion im Bereich der Energieversorgung zurückzuführen.

Dieser Wirtschaftszweig reduzierte seine energiebedingten CO₂-Emissionen um 40,3 % (2023: 208,6 Millionen Tonnen gegenüber 2010: 349,6 Millionen Tonnen). Insbesondere hier hatte die Reduktion des Einsatzes von Kohle (-52,0 %) in Kraftwerken zur Erzeugung von Strom und Wärme für andere Wirtschaftszweige und private Haushalte einen großen Einfluss.“

Die ersten Meiler sind längst vom Netz

Und diese Reduktion der Kohleverbrennung begann eben nicht erst mit dem Beschluss zum Kohleausstieg 2020. Schon vorher haben einige Energiekonzerne wie RWE ein paar ihrer Kohlekraftwerke erst in Reserve gelegt und letztlich abgeschaltet. Oft aus simplen wirtschaftlichen Zwängen oder weil die Kohlebelieferung einfach nicht mehr rentabel zu bewerkstelligen war.

Ein Beispiel dafür ist etwa das Mibrag-Kraftwerk Buschhaus bei Helmstedt, das 2016 in Reserve gebracht wurde und 2020 endgültig stillgelegt wurde, weil der zugehörige Tagebau ausgekohlt war und sich Belieferungen aus dem mitteldeutschen Revier nicht mehr lohnten.

RWE legte 2017 zwei Blöcke im Kraftwerk Frimmersdorf im Rheinland still, 2018 folgten drei Blöcke in den Kraftwerken Niederaußem und Neurath. Die LEAG legte im selben Jahr zwei Blöcke im Kraftwerk Jänschwalde in der Lausitz in die Reserve. Das Kraftwerk liegt in Brandenburg, spielt also für die sächsische Bilanz keine Rolle.

Aber diese Stilllegungen hatten sofort einen statistisch sichtbaren Effekt: Von 344 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2016 sanken die Emissionen der Energiewirtschaft bis 2010 auf 226 Millionen Tonnen. Bis 2022 gab es dann – auch bedingt durch die Erdgaskrise in Gefolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine – noch einmal einen Anstieg auf 260,5 Millionen Tonnen. Dafür sank die Emissionslast 2023 auf 208,6 Millionen Tonnen, den niedrigsten Wert seit der deutschen Einheit.

Dazu trugen dann auch die Stilllegungen mehrerer kleinerer Kohlekraftwerke im Rahmen des von der Kohlekommission ausgehandelten Stilllegungspfades bei – darunter die Stilllegung des von der Mibrag betriebenen Industriekraftwerks Deuben 2021 oder des Kraftwerks Chemnitz Nord II B 2023 (dem dann im Januar 2024 Chemnitz-Nord II C folgte). Jeder abgeschaltete Kohlekraftwerksblock senkt sofort die registrierten Mengen an CO₂-Emissionen.

Sachsen wird in dieser Statistik erst 2029 spürbare Effekte hinterlassen, wenn zwei Kraftwerksblöcke im LEAG-Kraftwerk Boxberg in der Lausitz endgültig vom Netz gehen, denen dann 2035 die beiden Kraftwerksblöcke in Lippendorf folgen sollen. Wenn sie wirtschaftlich so lange durchhalten und nicht vorher wegen Unrentabilität stillgelegt werden.

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