Es ist eigentlich ein Witz, was noch auf Sachsens einziger Wasserstraße an Gütern transportiert wird. Der Landtagsabgeordnete der Grünen Thomas Löser hat jetzt die aktuellen Zahlen bei der Staatsregierung nachgefragt. Und das Ergebnis überrascht nicht. Selbst gegenüber dem Jahr 2018 sind die Umschlagmengen in den sächsischen Binnenhäfen weiter eingebrochen.

Damals wurden an den Elbehäfen Dresden und Riesa noch 81.124 Tonnen Güter auf Schiffe verfrachtet, obwohl es das erste Dürrejahr war und die Elbe monatelang nicht schiffbar war. Aber diese 81.124 Tonnen waren auch damals schon ein geradezu winziger Anteil von etwas über 4 Prozent am Gesamtumschlag der beiden Häfen. Die meisten Güter wurden auf Lkw und Güterzug verladen. Die Häfen sind eigentlich große Terminals, bei denen der Wassertransport eigentlich kaum noch eine Rolle spielt. Im dritten sächsischen Binnenhafen in Torgau wurde schon gar kein Gut auf Schiffe umgeschlagen.Die Zahlen, die damals der linke Landtagsabgeordnete Nico Brünler abgefragt hatte, werden durch die jüngste Anfrage von Thomas Löser bestätigt. Nur dass sich die damalige Einschränkung des Hafens in Torgau 2020 weiter verfestigt hat. Damals meinte der zuständige sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Der Hafen Torgau war 2018 nur wasserseitig bedienbar, wobei die Elbe ab Wiederinbetriebnahme des Hafens nach Abschluss der Bauarbeiten bis Jahresende aufgrund anhaltenden Niedrigwassers nicht schiffbar war.“

2020 fiel der Hafen für Güterumschlag aufs Schiff ebenso aus, wie die Antwort aus dem Verkehrsministerium zeigt. Und so langsam wird es seltsam, wenn der verantwortliche Minister versucht, dem fragenden Landtagsabgeordneten einzureden, das zunehmende Niedrigwasser der Elbe würde die Güterschifffahrt nicht langfristig infrage stellen.

Auf Lösers Frage „An wie vielen Tagen im Jahr 2020 waren die einzelnen sächsischen Elbe-strecken E1-4 jeweils für die Binnenschifffahrt der Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH nicht nutzbar?“ gibt er zwar genau an, an wie vielen Tagen in den einzelnen Elbeabschnitten die Wassertiefe von 140 Zentimeter in der Fahrrinne unterschritten wurde, sodass kaum Güterschifffahrt mehr möglich war, meinte aber noch, als könnte er die Zahlen damit entkräften: „Das bedeutet nicht, dass die Elbe für den Schiffsverkehr an diesen Tagen nicht nutzbar war. Generell ist eine Nutzung der Elbe durch den Schiffsführer zu entscheiden und leitet sich anhand der wirtschaftlichen Notwendigkeit und der Rentabilität des Transportes ab. Eine Schließung der Wasserstraße Elbe für den Schiffsverkehr gab es nicht.“

Tatsächlich wurde die kritische Wassertiefe zwar in einem Abschnitt nur an 55 Tagen unterschritten, in anderen aber über mehr als 100 Tage. Und auch wenn die Schiffe trotzdem fahren, verringert sich zwangsläufig die Lademenge. Denn um nicht aufzulaufen, reduzieren die Güterschiffer zwangsläufig die Lademenge, was dann den eigentlichen Vorteil des Wasserweges zunichtemacht: große Mengen auf einmal transportieren zu können.

Logische Folge: Die Menge der umgeschlagenen Güter auf Schiffe hat sich weiter reduziert – nun auf 63.990 Tonnen, bedingt vor allem dadurch, dass sich die Lademenge im Hafen Dresden quasi gedrittelt hat. Was an der gesamt umgeschlagenen Menge in den drei sächsischen Binnenhäfen nur noch 3,4 Prozent ausmacht. Der Löwenanteil im Jahr 2020 entfiel mit 1.272.454 Tonnen auf Lkw, 533.626 Tonnen entfielen auf die Bahn.

Wobei wir die Container-Verfrachtungen nicht unterschlagen wollen. Die erfolgten nur am Elbehafen Riesa, wo 2018 immerhin 2.400 TEU aufs Schiff gehievt wurden bzw. abgeladen. TEU heißt in diesem Fall nicht Tausend Euro, sondern Twenty-foot Equivalent Unit, ein Standardmaß für den Normalcontainer.

2020 wurden in Riesa nur noch 1.387 TEU umgeschlagen, sicheres Zeichen dafür, dass die Schiffe mit deutlich weniger Kapazität unterwegs waren und die auftraggebenden Firmen dann doch lieber die sicheren Transportwege mit Waggon bzw. Lkw bevorzugten.

Alles ziemlich klare Zahlen für einen Trend, der das Ende der lukrativen Wasserstraße Elbe bedeutet. Jedenfalls dann, wenn man akzeptiert, dass der zunehmende Wassermangel in heißen Jahren dazu führt, dass auf dem Wasser nicht mehr wirtschaftlich transportiert werden kann. Da wären Investitionen in die Schiffbarhaltung der Elbe, wie sie Sachsens Verkehrsministerium immer noch erträumt, ziemlich falsch investiertes Geld. Denn unter diesen Niedrigwasserbedingungen werden es zuallererst die Schiffer sein, die ihre Kähne aufs Trockene legen, weil sich mit Wasserfracht nicht mehr genug erwirtschaften lässt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.

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