Auch die die Regierungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben in den vergangenen Jahren immer herumgeeiert, wenn es um die Vorsorge für die Renaturierung der Tagebaue in Mitteldeutschland ging. Ob die Bergbaukonzerne genügend vorgesorgt haben, verschob man gern in spätere Jahre. Wirklich gesichert hat man die für die Renaturierung vorgesehenen Mittel nicht. Und es wird teuer. Das zeigt ja schon die Renaturierung der Tagebaue aus DDR-Zeit. Eine Stiftung könnte die Gelder sichern, finden die Grünen.

Die Fraktionsvorsitzenden der Landtagsfraktionen Bündnis 90 / Die Grünen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben am Montag, 12. Juni, ein Konzept vorgestellt, wie mit einer Stiftung die Renaturierung der ostdeutschen Kohlereviere langfristig finanziell abgesichert werden könnte. Die Stiftung soll garantieren, dass beispielsweise Tagebaukippen saniert und Tagebaurestseen gefüllt werden, damit ehemalige Braunkohleflächen wieder nutzbar gemacht werden.

„Ich werde nie vergessen, wie ich mit 18 Jahren das erste Mal an der Abbruchkante des Tagebaus Nochten stand. Dieser Moment prägt bis heute mein politisches Handeln“, erzählt Franziska Schubert, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag.

„An der Abbruchkante wird der Verlust von Heimat ganz unmittelbar spürbar. Dieses Gefühl kennen so viele Menschen in den Kohleregionen aus eigener leidvoller Erfahrung. Daraus begründet sich für uns als Politik eine besondere Verantwortung. Wir sehen überall, welche massiven Langzeitwirkungen Kohleabbau hat. Diese Last und diese Kosten einfach auf unsere Kinder und Enkel abzuwälzen, wäre unverantwortlich. Die Rekultivierung der Braunkohlegebiete muss jetzt zukunftsfähig aufgestellt werden. Dafür gilt es in Bund und Ländern Vorsorge zu treffen.“

Aber die zuständigen Landesregierungen tun sich schwer, den Bergbaukonzernen klare Vorgaben zur Vorsorge zu machen.

„Wir sehen mit großer Sorge, dass die Kosten für die Wiedernutzbarmachung von Landschaft und Trinkwasser nicht ausreichend abgesichert sind“, sagt Cornelia Lüddemann, Vorsitzende der Landtagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen Sachsen-Anhalt.

„Es ist ein essenzieller Baustein, damit der Strukturwandel für die Menschen vor Ort gelingt. Die Förderung und Verstromung von Braunkohle werden wahrscheinlich deutlich vor 2038 enden, weil sie für die Betreiber nicht mehr wirtschaftlich sein werden. Es gibt keine Planung für den Fall, dass ein Braunkohletagebau abrupt zum Stillstand kommt und Insolvenz anmelden muss. Dann müssten die Steuerzahler/-innen einspringen. Das ist unzumutbar. Die Betreiber des Kohletagebaus müssen die Folgekosten in jedem Fall tragen.“

Und auch Benjamin Raschke, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90 / Die Grünen im Brandenburger Landtag, sieht hier ein Problem, das noch Generationen beschäftigen wird:

„Braunkohleflächen zu renaturieren, ist eine Jahrhundertaufgabe. Aber nur zwei Prozent der Unternehmen werden älter als 100 Jahre. Eine öffentliche Stiftung zu gründen, ist die rechtssichere Lösung, um die Finanzierung zu sichern. Die Bergbau-Unternehmen sollen nach unserem Vorschlag in die Pflicht genommen werden, indem sie eine vereinbarte, fixe Summe bereitstellen, die von der öffentlichen Stiftung verwaltet wird. Eine solche Stiftung würde sicherstellen, dass dies über die gesamte Zeit finanziert wird, unabhängig von wirtschaftlichem Kontext und Wahlperiode.“

Bis jetzt haben die Konzerne nur die Pflicht, im eigenen Unternehmen Rücklagen zu bilden. Aber ob sie das tatsächlich in ausreichendem Maße tun, weiß niemand. Schon gar nicht, ob bei einem früheren Ende des Kohlebergbaus überhaupt schon genug Gelder angespart sind, um die Renaturierung zu bewerkstelligen.

„Die grüne Bundestagsfraktion nimmt die Forderung aus den Ländern nun auf und treibt die Gründung der Stiftung auf der Bundesebene voran“, geht Bernhard Herrmann, sächsischer Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Deutschen Bundestag, auf die Ebene ein, wo die Stiftung letztlich angesiedelt sein müsste.

„Der Bund darf die Länder mit den Folgen der Braunkohleförderung nicht allein lassen. Er ist in der Verantwortung, die Stiftung gemeinsam mit den Ländern zu realisieren. Mit dem Prüfauftrag im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition gibt es dafür den geeigneten Ausgangspunkt. Wir müssen die Grundlage für die Stiftung in dieser Legislatur legen. Dafür setze ich mich als Bundestagsabgeordneter ein.“

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Es gibt 3 Kommentare

Schließe mich der Skepsis meiner Vorschreiber an, was das Vorhandensein von Rücklagen für die Renaturierung angeht. Es sollte mich schon arg wundern, wenn da wirklich Mittel in Größenordnungen vorhanden sein sollten. Das würde ja jeglichen finanzkapitalistischen Prinzipien widersprechen, deren erstes oberstes Prinzip ist: Gewinne sind unsere, die Folgen und Verluste gehören dem Staat. Und einen Tagebau zu sanieren ist verdammt teuer. Vielleicht sollte man sich auch davon verabschieden, die Tagebaue einfach mit Wasser zu füllen und einen schönen See zu bauen. Das ist auch aufwendig, ich weis. Aber diese Flächen waren vormals doch Äcker, Wälder, Dörfer und Straßen. Das sollten sie auch wieder werden. Wir brauchen die Wälder, die Äcker. Der Klimawandel könnte etwas gebremst werden.
Ich werde nie die Wüsten in Proofen und Jänschwalde vergessen. Ebenso wie die Wüste, die der Truppenplatz Lieberose einst war. Langsam holt sich die Natur dieses Land zurück. Dort greift der Mensch aber nicht ein, sondern lässt die Natur einfach machen, wissenschaftlich beobachtet und begleitet.
Aber die alten Tagebaue mit Laubgehölzen zu bepflanzen um doch in absehbaren Zeiträumen zu renaturieren, sollte doch sinnvoll und möglich sein. Nochzumal Bewuchs den Boden festigt und irgendwann auch wieder Bebauung möglich macht

Auch wenn es im Artikel vorrangig um die Folgen des DDR-Tagebaus und weniger des aktuellen Landfraßes geht, sei eine Frage gestattet: ist denn überhaupt bekannt, wo die tschechischen Exploratoren, deren Einstieg in die Ausbeutung der hiesigen Braunkohlelager unsere gloriose Landesregierung so frenetisch beklatscht hatte die zur Renaturierung vorgesehenen vielen Rückstellungs-Millionen von Vattenfall vergraben haben, die es als Morgengabe obendrauf gab? 1,7 Mrd. Euro, wenn ich mich recht erinnere. Wenn die nicht zu Gunsten des Landes besichert wurden, würde es mich nicht wundern, wenn die im Konzern versickert und einfach wech sind. Hoffen wir mal, dass es nicht so ist. Ich fürchte, der „billige“ Braunkohlestrom wird uns noch teuer zu stehen kommen.

Dass es ohne eine solche Sicherheit bisher erlaubt war, ist skandalös.
Und zeigt den Zustand unseres Gesellschaftssystems.
(Na gut, auch wieder nicht, wenn ich die letzten 20 Jahre Regierungszusammensetzung betrachte…)

Bei jedem Häuslebauer werden erhebliche zu hinterlegende Sicherheiten verlangt, bevor dieser einen Kredit bekommt. Oder behördliche Genehmigungen jedweder Art in ausuferndem Maße, um für nachfolgende Problemfälle alles juristisch abzusichern.
Selbst für eine Flasche Bier hinterlegt man einen Pfand.

Und bei Firmen, welche Profite aus dem Ausbeuten der Natur schlagen, und dabei Schäden in großem und zeitlich langem Ausmaß erzeugen, welche mit Milliarden von Euro wieder gerichtet werden müssen, gibt es KEINE Sicherheiten?
Nur die Auflage, etwas “Geld zu sparen”, ohne einen Nachweis darüber erbringen zu müssen?

Das ist ein monströser Fehler im System.
Man hätte ohne Garantien nicht einen Tagebau beginnen dürfen.
Worauf es hinausläuft, ist so gut wie sicher:
Die Kohleschürfer werden plötzlich über die wirtschaftliche Situation jammern, Insolvenz anmelden und wir Steuerzahler werden den ganzen Schaden zahlen dürfen.
Und hat selbst noch nicht mal was davon.

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