Wirklich Neues haben Norbert Menke und Volkmar Müller, die beiden Geschäftsführer der LVV, eigentlich nicht gesagt im LVZ-Interview. das die Zeitung am 10. Juli veröffentlichte, weil die ersten 100 Arbeitstage von Norbert Menke herum waren. Alles Wesentliche hat der LVV-Mann auch schon im April beim Pressemeeting erzählt. Seitdem hat sich nichts Wesentliches geändert. Und es ist auch nicht ganz neu, dass die LVV ganz froh darüber ist, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) nur 45 Millionen Euro haben wollen.

Seit der Bilanzpressekonferenz der LVV im Mai ist zumindest klar, dass wenigstens OBM Burkhard Jung, der in persona auch Vorsitzender des Aufsichtsrates ist, die Größenordnung von 45 Millionen Euro im nächsten Jahr überprüfen lassen will. Damit hat er das Thema zumindest erst mal angesprochen, aber auch vertagt.

Aber die LVZ fragte lieber Volkmar Müller noch mal danach, ob diese Summe nicht viel zu gering sei. Das fand er nicht. Auch wenn er zugeben musste: “Über höhere Fahrgasteinnahmen lassen sich diese Ausgaben jedoch nicht refinanzieren. Deshalb unterstützen wir die LVB, um den Finanzierungsrahmen von 45 Millionen Euro nicht verlassen zu müssen. Zum Beispiel indem wir durch effizientere Organisation von Service-Prozessen über die LVV-Gruppe hinweg Synergien heben.”

Er zeigt sich auch überzeugt, dass das Fahrgastwachstum bei den LVB mit den Anstrengungen der LVB um ein besseres Angebot zu tun habe.

Trotz alter Fahrzeuge im Betrieb, trotz Personalmangel.Diese Art Sicht auf die Probleme ärgert nun Michael Schmidt, Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen und für die Fraktion als Aufsichtsrat der LVB GmbH tätig.

“Angesprochen auf die 45 Millionen Euro aus dem Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag, die den LVB jährlich zugute kommen, spricht LVV-Geschäftsführer Volkmar Müller eine deutliche Sprache, indem er deutlich macht, dass er die Höhe des Zuschusses für ausreichend erachtet. Bei allem Lob über die wirtschaftliche Entwicklung der Verkehrsbetriebe, die sich von einem jährlichen Zuschuss von 60 Millionen Euro auf mittlerweile 45 Millionen Euro entwickelt haben, wird durch Herrn Müller völlig negiert, dass diese Einsparungen ihren Preis haben”, stellt Schmidt fest. Denn es geht nicht nur – wie Volkmar Müller suggeriert – um Investitionen in neue Werkstätten oder Fahrzeuge oder “effizientere Organisation von Service-Prozessen über die LVV-Gruppe hinweg”, mit denen man “Synergien heben” will. Im täglichen Betrieb muss weiterhin zuverlässige Arbeit geleistet werden. Doch genau da wird gerade bei den LVB am meisten geknausert.

“Die LVB hat seit Jahren mit Problemen in der Infrastruktur zu kämpfen. Marode Gleisanlagen und Langsamfahrstrecken sind Anzeichen für viel zu geringe Investitionen in das Netz. Der Bedarf für die Instandhaltung und den Ausbau des Netzbetriebes ist jedes Jahr deutlich höher, als durch die verfügbaren Eigenanteile gedeckt werden kann”, benennt Schmidt den für alle Straßenbahnnutzer sichtbaren Investitionsstau. “Lärmschutz ist nicht allein durch neue Fahrzeuge erreichbar, deren Anschaffung wir nachdrücklich unterstützen. An vielen Stellen müssen Gleisanlagen erneuert oder ausgetauscht werden, nur ein Bruchteil davon lässt sich jedes Jahr reduzieren, was den Investitionsstau aufschiebt und weiter erhöht. Zudem bieten sich verschiedene Stellen für lärmmindernde Rasengleise an, für die es derzeit keine Förderprogramme des Freistaates gibt. Zusätzliche Haltestellen, die zur Verdichtung des Netzes und somit zur Attraktivierung des ÖPNV dienen, sind Zukunftsmusik, deren Realisierung ebenso in den Sternen steht.”

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Und dann die Leute, die eigentlich für funktionierende Fahrpläne sorgen müssen. Michael Schmidt: “Dazu kommen die aktuellen Probleme im Fahrdienst, die sich auch schon lange andeuten, nun aber immer stärker zum Tragen kommen. Fahrpersonal wird aufgrund des vergleichsweise niedrigen Verdienstes bei LSVB und Leobus von anderen Unternehmen abgeworben. Gerade auch die in den Markt eingetretenen Fernbusunternehmen locken mit höheren Verdiensten und diversen Zusatzleistungen. Zudem bedeutet das Führen eines Fernbusses für die Fahrer deutlich weniger Stress als der Innenstadtverkehr. Um zukünftig wettbewerbsfähig zu sein, Dienste abzusichern und gutes Personal nicht an andere Unternehmen zu verlieren, muss sich das Unternehmen mittelfristig von der Strategie der Ausgliederung von Fahrpersonal und damit verbundener Haustarifverträge verabschieden.”

So wird die so genannte Liberalisierung des Fernbusmarktes zum akuten Problem für kommunale Verkehrsunternehmen.

“Bei der LVV scheint diese Realität bislang nicht angekommen zu sein”, sagt Schmidt. “Ein attraktiver und bürgerfreundlicher Öffentlicher Nahverkehr hat seinen Preis und lässt sich nicht mehr durch jährliche Fahrpreiserhöhungen finanzieren. Solange Stadt und LVV die notwendigen Investitionsmittel zurückhalten, dreht sich die Preisspirale ungebremst weiter. Hier erwarten wir Weitsicht und Unterstützung durch Gesellschafter, LVV und auch den Freistaat.”

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