Was haben sie von Liberalisierung geschwatzt und von Wettbewerb, als die deutschen Politiker 2012 das Personenbeförderungsgesetz änderten und das Verbot von Fernbuslinien, das bis dahin die Bahn vor billiger Konkurrenz schützte, aufhoben. Tatsächlich aber findet diese Liberalisierung ihre Opfer dort, wo genau zehn Jahre vorher die Liberalisierung im Schienennetz mit genau denselben Argumenten vorangetrieben wurde. Der InterConnex ist jetzt das erste Opfer.

Die Veolia Verkehr GmbH teilt nun am Dienstag, 14. Oktober, mit, dass sie den Betrieb ihres täglich verkehrenden Fernverkehrszuges InterConnex zwischen Leipzig, Berlin und Rostock/Warnemünde wegen stetig zurückgehender Fahrgastzahlen zum kommenden Fahrplanwechsel im Dezember nach 12 Jahren einstellen wird. Der letzte Betriebstag des InterConnex wird Samstag, der 13. Dezember 2014 sein.

“Unter den aktuellen Bedingungen ist in Deutschland der Betrieb eines eigenwirtschaftlichen Fernverkehrsangebots auf der Schiene auf Dauer nicht mehr möglich”, erläutert Christian Schreyer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Veolia Verkehr. “Wir können mit den parallel verkehrenden Fernbuslinien, die keine Straßenmaut bezahlen müssen, und deren Preisen nicht konkurrieren, wenn zugleich die Gebühren für die Nutzung der Schieneninfrastruktur der Deutschen Bahn (DB) immer weiter steigen. Alleine die an die DB zu zahlenden Infrastrukturkosten für die Fahrt des InterConnex belaufen sich pro Strecke und pro Richtung auf insgesamt 1.700 Euro. Für den InterConnex gibt es – im Gegensatz zum öffentlich geförderten Schienennahverkehr – als eigenwirtschaftliche Fernverkehrsleistung keine finanzielle Unterstützung.”

Schreyer weiter: “Ich bedauere sehr, dass wir diese Entscheidung treffen mussten und wir damit auch langjährige Kunden enttäuschen müssen. Aber als wirtschaftlich handelndes Unternehmen können wir nicht Monat für Monat rote Zahlen schreiben.” Veolia Verkehr habe zahlreiche Alternativen geprüft, leider ohne positives Ergebnis.
Marco Böhme, in der Fraktion Die Linke zuständig für Verkehrs- und Klimaschutzpolitik, erklärt zum Rückzug des Interconnex von Leipzig nach Berlin: “Die Erklärung der Veolia Verkehrs GmbH ist nachvollziehbar und gleichzeitig fatal für viele Reisende. Durch die Liberalisierung des Fernverkehrs für Busunternehmen im Jahr 2013 kam ein Konkurrent im Fernverkehr hinzu, was die Situation auf dem Fernverkehrsmarkt weiter anspannte. Dass nun die Schnellverbindung zwischen den Metropolen Leipzig und Berlin eingestellt wird, war absehbar. Damit fällt ein attraktives Angebot für viele Reisende weg, die auf ein schnelleres und umweltfreundlicheres Angebot als auf den Bus oder das Auto zurückgreifen wollen.”

Weiterhin halte Böhme es ” … für einen Fehler, dass der Fernverkehr auf der Schiene nicht vom Staat gefördert und durch die Liberalisierung im Busverkehr weiter unter Druck gesetzt wird. Wir brauchen schnelle, attraktive, kostengünstige und umweltfreundliche Fernverkehrsverbindungen. Das ist mit dem vorhandenen Schienenverkehrsnetz möglich. Der Bus bietet diese Eigenschaften nicht vollumfänglich. Der Steuerzahler kommt für die Infrastrukturkosten für Busreisende auf, die nicht einmal eine Maut bezahlen müssen. Dadurch und durch die Zahlung von niedrigen Löhnen sind die Discountpreise der Busunternehmen möglich. Eine gleichberechtigte Finanzierung der Infrastrukturkosten für Bus und Bahn muss daher dringend umgesetzt werden.”

Bereits jetzt zahle die Allgemeinheit also die Discountpreise der Busunternehmen. Ein Blick in die USA zeige, wohin solch eine Entwicklung führen kann: “Der schienengebundene Fernverkehr mit attraktiven Verbindungen ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Lange Busreisen oder teure Flugreisen sind die Realität für viele Reisende.”

Dass Kunden zu kostengünstigen Varianten greifen, ist natürlich nachvollziehbar. Doch bereits jetzt unterbieten sich viele Busunternehmen gegenseitig in einem letztlich ruinösen Preiskampf. Erste Auswirkungen nun der Rückzug von Veolia Verkehr, welche mit der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) noch ein regionales Zugunternehmen auf der Schiene hat. Marco Böhme abschließend: “Ziel muss es sein, die vorhandenen umweltfreundlichen schienengebundenen Schnellverkehrsverbindungen zu fördern, wie es schon jetzt im Nahverkehr der Fall ist – damit Reisen für alle Menschen kostengünstig möglich ist und der Autoverkehr zurückgedrängt wird.”

Rechnet man Fernbusse einfach mal unter den Begriff “Auto” in der großen Variante geschieht gerade das Gegenteil. Darüber hinaus ist Veolia Verkehr längst selbst im Busverkehr, auch in Sachsen aktiv. Noch als Nahverkehrsangebot.

Weitere Informationen zum Unternehmen

www.veolia-verkehr.de

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