Ganz so einfach ist die Sache nicht mit der Linie 9 und der geplanten Einstellung zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 ab Connewitz Kreuz. Zumindest nicht aus Leipziger Sicht. 17 Prozent der L-IZ-Leser, die sich an einer kleinen Umfrage dazu beteiligt haben, begrüßen die Einstellung der Linie und damit wohl auch das neue Markkleeberger Buskonzept. Nur: Wo bleibt die Diskussion der Verbindung für die Leipziger? Gab es die überhaupt?

Ja, lautet die Antwort aus Markkleeberg, gebündelt für entsprechende Anfragen an den Landkreis Leipzig, zu dem Markkleeberg und damit auch der Markkleeberger ÖPNV gehören, und den Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV), der die Sache mit dem neuen ÖPNV-Konzept für Markkleeberg zu dirigieren hatte. Jens Herrmann-Kambach, viele Jahre als ÖPNV-Kenner für die Linke im Leipziger Stadtrat aktiv, hatte gleich ein ganzes Bündel von Fragen formuliert, die die L-IZ – um ein paar weitere Fragen ergänzt – weitergeschickt hat.

Besonders der Vorschlag des Ökolöwen, statt die Linie 9 ganz einzustellen, sie künftig zum Cospudener See zu führen, war uns noch einmal wichtig. Denn aus Leipziger Perspektive sind die Stationen Wildpark, Forsthaus Raschwitz und Cospudener See natürlich wichtige Reiseziele in den Süden.

Immerhin 60 Prozent der Leser, die an der kleinen Umfrage teilgenommen haben, würden eine Führung der Linie 9 zum Cospudener See begrüßen. 22 Prozent könnten sich auch eine Endhaltestelle am Wolfswinkel (der noch zu Leipzig gehört) bzw. dem Forsthaus Raschwitz (wo heute die Tarifgrenze ist) vorstellen.

Warum wurde die Variante zum Cospudener See nicht untersucht?

Die Frage lautete also: Warum wurde die Idee des Ökolöwen Umweltbundes, welche schon in den 1990er Jahren erstmalig auftauchte, die Führung der Linie 9 entlang der Koburger Straße bis zum Zöbigker Hafen (-ggf. bis zum S-Bahnhof Großstädteln) nicht erwähnt bzw. untersucht?

Die Verantwortlichen für das neue Markkleeberger Verkehrskonzept dazu: “Eine Variante, eine Linienführung aus Leipzig über die Koburger Straße direkt nach Zöbigker, wurde schon bei den Grundvarianten als nicht zielführend nicht weiterverfolgt.

Argumente gegen diese Variante:
– das Stadtzentrum von Markkleeberg wird damit nicht erschlossen,
– die Außenstelle der HTWK wird geschlossen,
– die Anbindung der Siedlung Eulenberg, inkl. Seniorenwohnheim wird nicht berücksichtigt,
– die Anbindung an den S-Bahnhof Großstädteln wird nicht vorgesehen, so dass Besucher aus

Richtung Süden und Zwenkau keinen Anschluss zum Hafen Zöbigker haben werden,
Fazit: Es müsste für diese Erschließungsdefizite eine zusätzliche Buslinie verkehren, die sich jedoch mit der geplanten Tram Linie die Fahrgäste konkurrenziert. Auch die Schüler von Markkleeberg haben in der Regel keine Verbesserung auf dem Weg zum Gymnasium, da der Linienlauf insbesondere auf Leipzig und den Hafen Zöbigker abzielt.”

Rechnet sich die Linie 9 überhaupt?

Die entscheidende Frage ist natürlich immer: Könnte die Straßenbahn Linie 9 auf der Strecke Connewitz – Markkleeberg wirtschaftlich betrieben werden?

Die Frage lautete also: Gibt es eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung aller Kosten, insbesondere wenn die Busse der Linie 70 ggf. im Berufsverkehr und bei schönem Wetter (Freizeitverkehr) aufgrund geringer Kapazitäten häufiger fahren müssen, als derzeitig die Linie 9?

Die Antwort: “Die Straßenbahnen der Linie weisen südlich des Connewitzer Kreuz derzeit schon nur eine mäßige Auslastung auf. Eine weitere Verlagerung der Fahrgäste zur S-Bahn wird stattfinden und ist gewollt. Daher wurden die Busfahrpläne am S-Bahn-Fahrplan ausgerichtet und die Erhöhung der S-Bahn-Kapazitäten durch eine 6. Fahrt pro Stunde ist prinzipiell vorgesehen. Die Auslastung des ÖPNV auf der Koburger Straße wird daher weiter zurückgehen.”

Bei der Auslastung der Bahn freilich spielen die Akteure fürs neue ÖPNV-Netz ein bisschen Blinde Kuh.

Nach den Erhebungen aus dem letzten Jahr liegt die Auslastung der Linie 9 zurzeit bei 15,1 Fahrgästen pro Bahn (Mo-Fr). “Das entspricht bei Bahn NGT8 mit 155 Fahrgästen als Kapazität einer Auslastung von 9,7 Prozent.”

155 ist aber die Maximalzahl der Fahrgäste – dann ist die Bah wirklich rammelvoll. Offiziell hat so eine Bahn 68 Sitzplätze und 87 Stehplätze. Auf die Sitzplätze gerechnet, liegt die Auslastung bei 22 Prozent.

Schaffen Busse die nötige Kapazität?

Trotzdem sieht es nicht so aus, dass Busse das auf der Verbindung nicht ebenso abfangen können.

So betonen die Planer: “Bei ca. 100 Fahrten je Richtung und Tag (Mo-Fr) ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gelenkbus (Bsp. Solaris Urbino 18: Sitzplätze 38, Stehplätze 118 – LVB besitzt davon 45 Stück) überfüllt ist und es zu längeren Wartezeiten kommt, eher gering. Falls sich dennoch aufgrund von Einzelereignissen höhere Fahrgastspitzen ergeben, lassen sich extra Fahrten weiterhin wirtschaftlich darstellen. Damit sich die Kosten für die Fahrgäste und die öffentliche Hand im Rahmen halten, können im ÖPNV wie auch im MIV nicht immer Kapazitäten für Extremfälle vorgehalten werden. Geplanter und bestellter Mehrverkehr ist möglich (z.B. bei Festen etc.).”

Aber wurden denn nun auch die Leipziger befragt zur Einstellung der Linie 9?

Was sagen die Besucher des Wildparkes zu diesen Überlegungen? Gab es überhaupt eine Befragung auf Leipziger Seite? Denn ein Konzept, dass Markkleeberger Bedürfnisse erfüllt, muss ja noch nicht die starke Nachfrage aus Leipzig abdecken.

Antwort: “Das Konzept ist vom Landkreis in Auftrag gegeben. Es ist ein Konzept für die Stadt Markkleeberg. Im Zuge der Erstellung wurden die Einwohner per Info über das Amtsblatt befragt. Darüber hinaus war eine Beteiligung für alle Interessierten mit dem gleichen Fragebogen auf www.markkleeberg.de möglich. Die Medien in Leipzig (u.a. MDR, LVZ, BILD) haben das Thema vor allem auch in Leipzig kundgetan. Somit bestand für jeden Besucher des Wildparks auch die Möglichkeit sich zu äußern. Die Zahl der Rückmeldungen auf die Umfrage war überraschend hoch. Mehr als 1.000 Fragebögen wurden ausgefüllt und eingereicht.

Die Nachfrage aus Leipzig ist durchschnittlich betrachtet sogar recht niedrig. An einzelnen Tagen, zu einzelnen Zeiten gibt es Verkehrsspitzen. Diese einzelnen Verkehrsspitzen stellen das Gesamtkonzept nicht in Frage und werden außerdem genau beobachtet.

Für Besucher des Wildparks wird die gleiche Menge an Fahrten durchgeführt wie bisher, lediglich das Fahrzeug ändert sich. Es gibt Änderungen des Linienweges nördlich des Connewitzer Kreuzes. Dies kann für einige Kunden Verbesserungen durch neue Direktfahrmöglichkeiten geben, für andere Kunden einen Umstieg bedeuten.”

Und wie kommen die Leipziger, die bis jetzt immerhin bis Markkleeberg-West fahren konnten, künftig zum See?

Den Fragenkomplex behandeln wir gleich an dieser Stelle.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar