Die Reaktionen auf die mögliche Autobefreiung des Leipziger Innenstadtrings kamen postwendend und heftig: „Ja nicht!“ war die Devise. Womit das Thema wieder auf das von der erstberichtenden LVZ suggerierte „Ganz oder gar nicht“ reduziert war. Dabei zwingt das Leipziger Bevölkerungswachstum die Stadt geradezu, den Zuschnitt des Innenstadtrings bald deutlich zu verändern. Auch aus Sicherheitsgründen, wie Daniel von der Heide betont.

Er ist verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und fordert, die Straßenbahn-Haltestellen am Ring kundenfreundlicher umzubauen. „Enge fördert Kriminalität“, stellt er fest. Was nicht neu ist und was einer der Gründe dafür ist, dass in einem Workshop der Leipziger Stadtplaner mit Leipziger Architekten überhaupt über künftige Lösungen für den Promenadenring diskutiert wurde. Die extremste Lösung dabei war natürlich die Komplettsperrung des Innenstadtrings für den Individualverkehr.

Die andere Extremlösung ist übrigens das, was wir jetzt haben: ein überlasteter Ring, der an Nadelöhren wie der Kreuzung Gerberstraße immer wieder riesige Rückstaus produziert, die jede Verkehrsart am Ring massiv behindern.

Das andere Thema, das zum Umbau-Denken zwingt, hat Daniel von der Heide auch schon benannt: Der Ring ist auch das Nadelöhr für die Straßenbahnen der LVB. Minutenlang stecken sie vor und in den Haltestellen fest, weil andere Bahnen vor ihnen einfach nicht schnell genug weiterkommen. Und ein Ergebnis dessen ist natürlich auch, dass sich in den Haltestellen auch das Passagieraufkommen staut.

Und wo sich frustrierte Menschenmassen stauen, keine Fluchtwege mehr frei sind, keine Übersicht besteht und unberechenbar ist, wo welche Straßenbahn nun hält, kommt es – wie auch LVB und Polizei gerade an der Haltestelle Hauptbahnhof beobachten – zu vermehrten Vorkommnissen von Gewalt.

„Wenn insbesondere die Haltestelle am Hauptbahnhof als Kriminalitätsschwerpunkt genannt wird, hängt das auch mit dem dortigen Platzmangel für die Fahrgäste zusammen“, ist von der Heide überzeugt. „Diese Haltestelle platzt aus allen Nähten und muss dringend umgebaut werden. Den nötigen Platz dafür würde man gewinnen, indem man den Willy-Brandt Platz für den Autoverkehr sperren und damit den Hauptbahnhof wieder an die Innenstadt anbinden würde. Städtebaulich wäre es eine richtungsweisende Maßnahme für Leipzig.“

Gegen diese Idee – die auch 2004 schon diskutiert wurde und dann aus lauter Eile verworfen wurde – hatte jüngst FDP-Stadtrat René Hobusch argumentiert. Für ihn ist es unvorstellbar, die Passage am Hauptbahnhof für Kraftfahrzeuge zu sperren. Die Vorteile freilich liegen auf der Hand. Zu klein im Zuschnitt ist die LVB-Haltestelle so oder so. Tatsächlich braucht sie sogar mehr Bahnsteige, um den nötigen Durchfluss von Straßenbahnen für eine 700.000-Einwohner-Stadt aufnehmen zu können. Dazu kommt die bislang völlig verschenkte Möglichkeit, mit dem Bahnhofsvorplatz ein echtes Entrée in die City zu schaffen – barrierefrei.

Und mehr Platz und vor allem Ausweichmöglichkeiten würden auch dafür sorgen, dass Diebe weniger Gelegenheit zum Zuschlagen hätten.

Ganz verhindern könne man die zunehmende Kriminalität nicht, hatte am 20. Oktober Polizeisprecher Andreas Loepki in der LVZ erklärt, die sich recht hartnäckig nach den gestiegenen Kriminalitätszahlen im Bereich der LVB erkundigt hatte. Doch wenn man die Kriminalitätszahlen im LVB-Bereich allein nimmt, verfehlt man das Thema völlig. Loepki laut LVZ: „ÖPNV-Anlagen und -Verkehrsmittel schlagen da nicht besonders auffällig zu Buche. Die Ursachen der Entwicklung lassen sich maßgeblich auf den rasanten Bevölkerungsanstieg der Stadt Leipzig zurückführen, der zwangsläufig auch ein Mehr an Kriminalität nach sich ziehen muss.“

Die Zunahme der Eigentumsdelikte (Diebstähle und Einbrüche) habe aber vor allem mit der zunehmenden Beschaffungskriminalität im Zusammenhang mit Crystal Meth und anderen Rauschgiften zu tun. Man muss also mehrere Faktoren berücksichtigen, bevor man den Anstieg von Diebstählen „an Straßenbahnen und in öffentlichen Verkehrsmitteln“ von 229 (2012) auf 577 als „rasant“ bezeichnet. Und gerade für die überfüllten Haltestellen und Fahrzeuge gilt nun einmal: Gelegenheit macht Diebe. Und wer im Gedränge steht, hat kaum Chancen, sich zu wehren.

Allein die Problematik der Innenstadthaltestellen erzwingt geradezu, über eine Umgestaltung des Rings und eine höhere Durchlässigkeit für Straßenbahnen nachzudenken.

„Die verbesserte Aufenthaltsqualität wird auch zu weniger Kriminalität führen!“,  ist sich Daniel von der Heide sicher.

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Es gibt 2 Kommentare

“Die Ursachen der Entwicklung lassen sich maßgeblich auf den rasanten Bevölkerungsanstieg der Stadt Leipzig zurückführen, der zwangsläufig auch ein Mehr an Kriminalität nach sich ziehen muss.“”

So etwas muss nicht zwangsläufig so sein! Menschen werden nicht als Kriminelle geboren. Traurig ist’s, wenn es sich dann doch so entwickelt.

Komisch hier macht sich Herr Daniel von der Heide wieder für die Strassenbahn stark. Bei der Linie 9 klang das bei Ihm noch anderes.

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