Wenn Kinder Bilder der Zukunft in unseren Städten malen, dann malen sie meistens lauter bunte Hubschrauber und fliegende Autos. Zumindest, bevor sie mal in Physik dem Thema Energie begegnen. Doch das passiert ihnen auch eher beiläufig. Nicht mal heutige Politiker sind sichtlich in der Lage, Städte als energieverbrauchende Systeme zu begreifen. So sehen unsere Städte dann auch aus.

Normalerweise brauchen sie allesamt einen hauptverantwortlichen Energiebürgermeister und eine politische Leitlinie: Energieoptimierung. Denn wer den Energieverbrauch nachhaltig senken will, muss Strukturen verändern, nicht immer nur an Details wie Dämmung oder Smart-Metering herumoptimieren. Heute sind Städte absolute Energieverschwendungsmaschinen. Und all die teuren Gesetze der Bundesregierung, die versichern, das einzudämmen, nützen nicht die Bohne, machen im Gegenteil Wohnen und Verkehr immer teurer. Natürlich auch, weil die zuständigen Minister mit der Herstellung energiesparender Systeme auch nicht umgehen können. Woher auch? Deutsche Schulen bilden so etwas nicht aus.

Sie animieren Kinder lieber dazu, künftige Städte mit energiefressenden und völlig ineffizienten Transportsystemen auszustatten. Aus diesen Kindern werden dann Ingenieure, die ihre Leben damit verbringen, protzige fliegende Untertassen zu entwickeln.

So wird Zukunft nicht aussehen. Nicht weil diese fliegenden Taxis nicht machbar wären, sondern weil sie in einem System mit Millionen zu transportierender Passagiere völlig sinnlos sind. Sie verbrauchen unsinnig viel Energie, um ein paar reiche Schnösel durch die Lüfte zu kutschieren.

Automobile, gar spritgetriebene, sind nicht viel besser. Sie sind überzüchtete Energieverschwender, die auch noch Platz fressen und selbst die größten Verkehrsadern verstopfen.

Der Stadtverkehr der Zukunft muss ganz zwangsläufig energiesparend und umweltfreundlich sein. Das ist erst einmal keine gute Nachricht für die deutsche Automobilindustrie, die sich auf den Bau hochkomplexer Individualtransporter spezialisiert hat. Die es wohl noch eine Weile geben wird.

Denn es wird dauern, in deutschen Großstädten barrierefreie und hocheffiziente Transportsysteme zu bauen, die den Verkehr einer Großstadt problemlos bewältigen.

Vorher wird etwas anders passieren müssen, worauf die Fachverbände Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (ADFC), Verbund Service und Fahrrad e.V. (VSF) und Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV) am Donnerstag, 9. Februar, hingewiesen haben. Zur Bundestagswahl 2017 haben sie aus Verbraucher- und Wirtschaftssicht gemeinsame Forderungen artikuliert, wie eine nachhaltige Verkehrspolitik aussehen sollte, die sowohl den verkehrlichen Anforderungen als auch dem Klimaschutz gerecht wird.

Logischer Ansatz: Das Fahrrad muss eine zentrale Rolle in einem nachhaltigen Verkehrssystem spielen.

Aber eben nicht so an den Rand gequetscht, wie das aktuell noch als normal empfunden wird: Dem Umweltverbund (Rad-/Fußverkehr und öffentlicher Verkehr) sei Vorrang vor dem Kfz-Verkehr zu geben, fordern die Verbände.

„Das Fahrrad bietet Lösungen für viele gesellschaftliche Herausforderungen wie die Reduzierung von Staus, Emissionen und Lärm und trägt dadurch zur Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in den Kommunen bei. Es ist nach dem Fußverkehr das kosteneffizienteste Verkehrsmittel, reduziert die Infrastrukturkosten und fördert eine gesunde, aktive Mobilität. Das Fahrrad ist das ideale Alltagsverkehrsmittel für kurze und mittlere Entfernungen“, stellen die drei Verbände fest. „Radschnellwege können dabei helfen, den Radius nochmals deutlich zu erweitern. Innerhalb eines modernen Umweltverbundes besitzt der Radverkehr als Zubringer zu Bussen und Bahnen eine Schlüsselfunktion. Zudem könnten Lastenräder laut Studien rund 50 Prozent aller motorisierten Warentransporte in Städten übernehmen.

Die Bundesregierung habe im Nationalen Radverkehrsplan 2020 (NRVP) bereits den großen volkswirtschaftlichen Nutzen des Radverkehrs für Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit betont, betonen die drei Verbände. Hinzu käme der positive Beitrag, den Elektrofahrräder schon heute zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors und somit zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes leisten. Bereits mehr als 2,5 Millionen E-Bikes sind aktuell auf Deutschlands Straßen unterwegs. Tendenz steigend.

Angesichts der bisher mäßigen Erfolge bei der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 gebe es aber noch großen Nachholbedarf. Hier sollte sich eine neue Bundesregierung deutlich stärker engagieren und den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen.

Und damit es den zuständigen Ministern etwas einfacher wird, haben die drei Verbände ihre Forderungen in zehn Punkte gefasst.

Hier sind sie:

1. Die Bundesmittel für die Förderung des Radverkehrs im System, insbesondere für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, auf mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr anzuheben.

2. Den Kommunen über die Fortführung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) und eine Nachfolgeregelung des Entflechtungsgesetzes zweckgebundene finanzielle Mittel zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.

3. Bei der Verteilung der Verkehrsflächen dem Radverkehr deutlich mehr Platz einzuräumen. Der Bund sollte für den Bau von Radverkehrsanlagen in Bundesverantwortung verbindliche Qualitätsvorgaben machen. Zudem sollte die Breite von Radwegen dem steigenden Bedarf und den Anforderungen unterschiedlicher Fahrradtypen (z.B. E-Bikes, Lastenräder, mehrspurige Fahrzeuge) entsprechen.

4. Radwege so zu gestalten, dass sie den Radfahrenden aller Altersklassen objektiv und subjektiv Sicherheit geben.

5. Die Position eines/einer Radverkehrsbeauftragten auf Ebene der Bundesregierung zur ressort-übergreifenden Steuerung aller Radverkehrsthemen in den verschiedenen Ministerien zu schaffen.

6. Die Verkehrssicherheitsarbeit verbindlich an der Vision Zero – Null Tote im Straßenverkehr – auszurichten und dieses Ziel als oberste Prämisse in die StVO aufzunehmen. Als wichtiges Element ist Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften einzuführen.

7. Massiv in öffentliche Fahrradparksysteme zu investieren.

8. In urbanen Ballungsräumen bei der Planung von Autobahn-Ausbauprojekten Radschnellwege als Alternative zur Verkehrsentlastung zu prüfen.

9. Die Anschaffung von E-Cargo-Bikes mit Kaufprämien zu fördern, um dadurch eine Entlastung der Innenstädte vom Lieferverkehr durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu erreichen.

10. Das Falschparken auf Radwegen konsequenter zu verfolgen und mit deutlich höheren Bußgeldern zu belegen.

Die Forderungen im PDF.

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