Wenn denn irgendwann in den nächsten Monaten über den immer noch nicht vorliegenden Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig debattiert werden sollte, dann wird auch die Anbindung des Leipziger Nordens ein zentrale Rolle spielen. Denn zu vielen Arbeitsplätzen dort kommt man mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schlecht oder umständlich. Mit Partnern wollen die LVB dort jetzt einen autonomen Bus-Shutle ausprobieren.

Man kennt das von einem Pilotprojekt der Deutschen Bahn. Seit 2017 lässt die Deutsche Bahn im bayerischen Bad Birnbach einen fahrerlosen Bus zwischen Bahnhof und Kurort pendeln. Ein Projekt, das soweit funktioniert, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) es mit ihren Partnern TU Dresden, Continental, BMW und Leipziger Partnerunternehmen für möglich halten, dass man mit solchen unbemannten Shuttle-Bussen die Nahverkehrs-Verbindung zwischen der Leipziger Messe und dem Industriepark Nord herstellen kann, ohne gleich wieder aufwendige Buslinien samt Fahrpersonal unterhalten zu müssen.

Wobei natürlich noch einige Fragen zu klären sind. Deshalb hat das Leipziger Wirtschaftsdezernat jetzt erst einmal die Informationsvorlage „zur Abgabe eines Förderantrages zur Beteiligung der Stadt Leipzig am Forschungs- & Entwicklungs-Projekt ABSOLUT: Autonomer Busshuttle Leipzig Messe zum BMW-Werk“ formuliert. Sollte der Förderantrag positiv beschieden werden, bekommt der Stadtrat dann einen richtigen Beschluss über die Gelder vorgelegt, die die Stadt beisteuern muss.

Denn mit dem Projekt soll ja erst einmal ausgetestet werden, ob das funktioniert: Die Beschäftigten im Industriepark Nord (BMW-Werk) kommen mit S-Bahn oder Straßenbahn an der Neuen Messe an und steigen dort einfach in so einen kleinen Pendelbus ein, der dann völlig unabhängig von irgendwelchen Fahrplanzeiten zum BMW-Werk rüberfährt. Die autonomen Kleinbusse fahren nach Bedarf. Und wenn dann mal acht Stunden lang gar nichts passiert, weil die Schicht im Werk arbeitet und die anderen zu Hause brav schlafen, müssen die Busse auch nicht fahren. Sie setzen sich erst wieder in Bewegung, wenn wieder Wartende einsteigen.

„Ziel des Projekts ist die 24h-Anbindung des Industrieparks IP Nord, auch außerhalb der regulären und wirtschaftlich vertretbaren Bustakte und nachfragestarken Hauptverkehrszeiten“, formuliert das Wirtschaftsdezernat das Anliegen. „Weitere Ziele sind eine komfortable, flexible Nutzung von ÖPNV-Angeboten (Hop-on-Hop-off) und die Erschließung für weitere Pendlergruppen (Leiharbeiter ohne Führerschein/PKW, Azubi unter 18 Jahre, Besucher & Geschäftspartner von Unternehmen im Gewerbegebiet, Verwaltungsangestellte mit flexiblen Arbeitszeiten, Reinigungsfachkräfte/Nachtarbeiter).“

Also alle, die nicht unbedingt mit eigenem Auto zur Arbeit fahren wollen. Für die LVB übrigens ein zentrales Testprojekt, denn für Ende der 2020er Jahre sehen die Verkehrsbetriebe das Thema fahrerlose Fahrzeuge ziemlich unausweichlich auf sich zukommen.

Mit der Einbindung innovativer Kleinunternehmen (KMU) aus Leipzig sollen auch gleichzeitig noch der große Autobauer, Zulieferer und Top-Forschungspartner zusammengebracht werden, „um im Gewerbeschwerpunkt Leipziger Nordraum innovative Lösungsansätze umzusetzen und weiterzuentwickeln.“

Verbundkoordinator und Haupt-Antragsteller sind die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) als ÖPNV-Anbieter. Die Stadt Leipzig musste einen Teil-Antrag zur Beteiligung stellen. Für die Kommune besteht eine 100-prozentige Förderquote. Das Gesamt-Fördervolumen beträgt 1,9105 Millionen Euro in den Jahren 2019 bis 2021.

Und eine Betreuung in der Stadt brauche es auch. Deshalb habe man „im Rahmen des F&E-Projekt ABSOLUT 36 Personenmonate beantragt. Dies beinhaltet eine volle Projektstelle im Verkehrs- und Tiefbauamt (1,0 VZÄ). Die Projektstelle ist auf die Projektlaufzeit befristet. Im VTA erfolgt eine Ausschreibung und Stellenbesetzung zum 01.01.2019. In der Wirtschaftsförderung werden die Projektaufgaben mit vorhandenen Personalressourcen umgesetzt.“

Das Amt für Wirtschaftsförderung (Wifö) unterstützte die Projektentwicklung und Erarbeitung der Projektskizze seit der Ideenfindung und vermittelte Kontakte zwischen dem Konsortialführer LVB, dem Forschungspartner TU Dresden und den Unternehmen im IP Nord sowie mehreren Leipziger Unternehmen aus dem Bereich Automotive IT, betont das Wirtschaftsdezernat.

Womit das Projekt zu einem der ersten in Leipzig wird, in dem künftige Mobilitätsformen tatsächlich zu einem richtigen Forschungsprojekt gedeihen. Und die Ergebnisse dürften durchaus andere sein als in Bad Birnbach. Immerhin geht es hier um einige hundert Beschäftigte, die täglich pünktlich zur Arbeit müssen und auch wieder zurück. Und zwar so, dass sie nicht das Gefühl haben, dass das Ganze umständlich und zeitaufwendig ist.

Das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) betreut dann, wenn es 2019 zur Umsetzung kommt, die notwendigen technischen Veränderungen (Planung/Aufrüstung/Ertüchtigung) der Verkehrsinfrastruktur (Ampeln/V2X) im öffentlichen kommunalen Verkehrsraum. Auch die Ampelanlagen und der Verkehrsrechner sollen zu innovativen Lösungsmustern für zukunftsfähige ÖPNV-Ansätze entwickelt werden.

Noch ist das Projekt in der Bewilligungsphase. „Im Fall eines positiven Bescheides ist eine jährliche Berichterstattung an den Stadtrat vorgesehen. Sie erfolgt durch Info-Vorlagen in den Fachausschüssen Wirtschaft und Arbeit sowie Stadtentwicklung und Bau.“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar