In Leipzigs Verkehrspolitik dauern wichtige Weichenstellungen mittlerweile erstaunlich lange. Erst 2021 soll eine beschlussfähige Vision für die Gestaltung des Innenstadtrings vorliegen. Erst 2020 sollen die ersten Teilstücke des Rings für den Radverkehr freigegeben werden. Bei so einem Tempo wird man als Radfahrer alt und grau, bevor sich wirklich etwas ändert und das Radfahren am Ring kein Gefahrenparcours mehr ist. Zeit für eine Demo, findet der ADFC.

Vor genau einem Jahr gab das Oberlandesgericht dem ADFC Leipzig recht in einer Klage gegen das Radfahrverbot am Promenadenring. Eine konkrete Umsetzung der gerichtlichen Anordnungen lässt jedoch noch auf sich warten. Ebenso steht eine Änderung der Verkehrssituation in der Inneren Jahnallee noch aus, für die der Stadtrat im Frühjahr 2018 den Beschluss gefasst hatte, die Situation für Radfahrer zu entschärfen.

Der ADFC Leipzig möchte nun in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen seinen Forderungen nochmals Nachdruck verleihen, hier möglichst bald sichere Radverkehrsanlagen zu bauen. Aber dazu gehört auch die Einsicht: Ohne Mut zu tiefergreifenden Veränderungen können die Stadtverwaltung und die Landesstraßenverkehrsbehörde die Verkehrssicherheit an Unfallschwerpunkten nicht wesentlich verbessern.

Das angeordnete Parkverbot und die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30 in der Inneren Jahnallee reichen leider nicht aus, so der ADFC. Viele KfZ-Fahrer halten das Tempolimit nicht ein und besonders abends, aber auch tagsüber wird das Halteverbot oft ignoriert. Für Radfahrende ist die Situation also immer noch brenzlig. Ab 10 Jahren dürfen Kinder nicht mehr auf dem Gehweg Rad fahren. Wer aber lässt sein 12-jähriges Kind hier gerne fahren?

Die neue Ampelschaltung, die bald weniger motorisierten Individualverkehr durch die Jahnallee führen soll, sei da ein weiterer positiver Schritt.

„Aber wir erwarten noch mehr“, postuliert der ADFC seinen Anspruch.

Was in der Jahnallee und am Ring aus Sicht des ADFC schon möglich ist

Die Bürgerbeteiligung „Jahnallee“ hat neue Möglichkeiten aufgezeigt, die Jahnallee umzugestalten. Zum Beispiel kann eine neue oder verlegte Haltestelle an der Kreuzung Jahnallee/Lessingstraße die Situation für Fahrgäste der Straßenbahn deutlich verbessern. Autofahrer, die vor Ort keinen Parkplatz mehr finden – durch Anwohnerparken im Waldstraßenviertel und durch das Halteverbot in der Jahnallee – könnten weiter weg parken und dann per Straßenbahn in die Jahnallee fahren.

Die Innere Jahnallee könnte eine sehr attraktive Einkaufsmeile sein, wäre da nicht so viel Durchgangsverkehr. Die Schlösserstraße in Erfurt ist ein gelungenes Beispiel für einen sogenannten „shared space“, wo sowohl Lieferverkehr, Straßenbahn, Rad- und Fußverkehr leise und sicher einen Platz finden, direkt neben Läden und Gaststätten mit Freisitzen. Die Gleise liegen hier flach integriert im Straßenpflaster, sodass stolpern für Fußgänger ausgeschlossen ist.

„Uns schwebt eine derartige Lösung sowohl für den Bahnhofsvorplatz vor, als auch für die Innere Jahnallee. Der Promenadenring kann durchaus teilweise für Durchgangsverkehr freigegeben bleiben, aber die Innenstadt sollte nicht mehr von allen Seiten eingeengt sein durch eine Art Stadtautobahn“, so Rosalie Kreuijer und Volker Holzendorf für den ADFC.

„Neben Argumenten der Verkehrssicherheit und Lebensqualität spielen hier auch Faktoren wie Grenzwerte für Lärm und Luftschadstoffe eine wichtige Rolle. Alle Indizien weisen darauf hin, dass wir genau an diesen Stellen Handlungsbedarf haben. Dabei wollen wir dem Argument zuvorkommen, dass der Verkehr sich nur verlagert und es anderswo mehr Staus geben wird, wenn ein Teil des Promenadenrings autofrei wird. Menschen können durch veränderte Verkehrsregelungen auch ihr Verhalten umstellen, also sich statt per Auto sogar zu Fuß bewegen. Wo es angenehm ist, zu gehen oder Rad zu fahren, verzichtet man eher auf eine PKW-Fahrt als an einer vierspurigen Straße, wo man als Fußgänger oder Radfahrer an drei Ampeln warten muss und im Abgasqualm steht.“

Auf zur Fahrraddemo

Aus diesen Gründen rufen wir als ADFC auf zur Teilnahme an einer Fahrraddemonstration am 29. Oktober ab 16:30 Uhr. Versammlungsort ist die Willmar-Schwabe-Straße/Ecke Jahnallee vor dem Hauptgebäude der AOK plus. Parallel zur Demonstration findet in der Inneren Jahnallee eine Kundgebung statt für mehr Verkehrssicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Dabei wird nochmal eine abgetrennte Radspur („protected Bikelane“) an der Jahnallee stadtauswärts vorgeführt.

„Senioren, Kinder, Fußgänger und Radfahrer sollten ihr Leben nicht mehr riskieren müssen an dieser Stelle und nirgendwo anders“, so der ADFC. „Der Promenadenring und die Jahnallee sind exemplarisch für die Verkehrssituation in Leipzig im allgemeinen. Wir brauchen sichere, zügige und bequeme Wege für Fuß- und Radverkehr.“

2020 soll das erste Stück Innenstadtring für Fahrräder freigegeben werden

2020 soll das erste Stück Innenstadtring für Fahrräder freigegeben werden

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