Mit gebremster Geschwindigkeit kommen die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) aus ihrem Corona-Tief. Das deutete sich im März schon an, als die Fahrgastzahlen wieder etwas höher lagen als im Corona-Jahr 2021. Die meisten Einschränkungen, die noch in den beiden Vorjahren galten, wurden aufgehoben. Die Bahnen sind wieder voll, auch wenn das oft direkt mit den diversen „Ferienfahrplänen“ zu tun hat.

Denn selbst über den Sommer noch meldeten die Leipziger Verkehrsbetriebe Einschränkungen im Fahrbetrieb aufgrund von Fahrermangel.

„Die aktuellen Angebotsanpassungen der LVB sind daher in enger Abstimmung mit der Stadt Leipzig erfolgt, um den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu begegnen. Die weiterhin erhöhten Krankenstände führen bei der LVB nicht nur zu einer geringeren Zahl täglich verfügbaren Fahrpersonals, sondern auch zu mehr kurzfristigen Krankmeldungen. Infolgedessen kommt es trotz operativer Steuerung zu zahlreichen Ausfällen von Fahrten. Um den Kundinnen und Kunden aber eine verlässliche und vor allem planbare Verkehrsleistung anzubieten, sind daher Angebotsanpassungen zur Stabilisierung des Fahrplans notwendig“, hatten die LVB auf eine Einwohneranfrage hin mitgeteilt.

Bahnen, die nicht fahren, generieren aber nun einmal auch keine Fahrgäste. Und sie animieren nicht zum Umsteigen. Auch dann nicht, wenn Straßenbahn und Bus eigentlich eine Alternative zum eigenen Automobil wären. Entsprechend zögerlich kommen natürlich auch die Fahrgäste zurück, die bis 2019 den ÖPNV regelmäßig genutzt haben.

Für die ersten drei Monate 2022 meldeten die LVB nun 27,572 Millionen Fahrgäste, fast 7 Millionen mehr als im ersten Quartal 2021. Natürlich lohnt sich hier der Blick ins erste Quartal 2020, als die Corona-Einschränkungen noch nicht voll zum Tragen kamen. Damals verzeichneten die LVB noch 34 Millionen Fahrgäste in den ersten drei Monaten.

Doch die Entwicklungen im März – zum Beispiel mit der Absage der Buchmesse und den ersten verhängten Einschränkungen im öffentlichen Leben – zeigten auch da schon Wirkung. Im ersten Quartal 2019 hatten die LVB in dem Zeitraum noch 39 Millionen Fahrgäste verbucht.

Es ist also überhaupt keine gute Nachricht, dass selbst nach Aufhebung der meisten Einschränkungen im Sommer 2022 die Bahnen in einem „angepassten“ Fahrplan unterwegs sind und das Fahrpersonal spürbar fehlt.

So konnten die LVB nun zwar gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 wieder deutliche Zuwächse verzeichnen, aber die lagen noch immer deutlich unter dem Fahrgastpotenzial des Vor-Corona-Jahres 2019.

Zum 30. Juni meldeten die Leipziger Verkehrsbetriebe jetzt 63,45 Millionen Fahrgäste. Ob das 9-Euro-Ticket darin schon irgendwelche Auswirkungen hatte, müssen weitere Auswertungen zeigen. 2021 hatten die LVB zu diesem Zeitpunkt ein absolutes Tief erreicht, mit nur 45 Millionen Fahrgästen. Damit verglichen sind die 63 Millionen schon ein deutlicher Zuwachs.

Aber natürlich noch längst nicht genug, um das Fahrgastniveau von vor Corona wieder zu erreichen. Denn das lag im Juni 2019 noch bei 77 Millionen.

Was nicht nur an Fahrgastrückgängen aufgrund Homeoffice und Vermeiden des ÖPNV bei den Wegen zur Arbeit lag, sondern auch an einem massiven Einbruch bei Fahrten in die Innenstadt (Kultur, Gastronomie, Shopping) und dem Ausfall zahlreicher Großveranstaltungen wie Konzerten in der Arena, Fußballspielen mit eingeschränktem Publikum oder dem Ausfall zahlreicher Messen.

Die aktuelle Inflation und der starke Anstieg bei den Energiepreisen belasten auch die LVB, machen den Betrieb des ganzen ÖPNV-Netzes teurer. Und gleichzeitig deutet sich an, dass die Inflation viele Leipziger auch wieder davon abhält, zum Einkauf oder zur Freizeit in die Innenstadt zu fahren.

Sodass die bis 2019 erzielten Fahrgastzahlen auch weiterhin unerreicht bleiben werden, auch wenn die gemeldeten Zahlen bis Juni zumindest darauf hindeuten, dass ein Teil der Fahrgäste zurückgekehrt ist. Nicht genug, um den Einbruch durch die Corona-Pandemie zu kompensieren oder gar das eigentliche Ziel des Leipziger Mobilitätskonzeptes anzustreben, den Anteil des ÖPNV am Verkehr deutlich zu steigern.

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