Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. Mai die Rechtmäßigkeit der Tübinger Verpackungssteuer bestätigt, die bereits seit Januar 2022 in Kraft ist. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun eine Anfrage an die Leipziger Stadtverwaltung eingereicht, um die Entsorgungskosten des leicht vermeidbaren Einweg-Mülls und die Option einer Verpackungssteuer für Leipzig herauszubekommen.

Umweltverbände, wie die Deutsche Umwelthilfe, rufen bereits bundesweit zur Nachahmung der kommunalen Verpackungssteuer auf, viele Städte haben bereits angekündigt, dem Beispiel folgen zu wollen.

In Tübingen werden Einwegbecher und -verpackungen mit 0,50 Euro pro Stück, Einwegbesteck mit 0,20 Euro besteuert. Wer Mehrweg benutzt, zahlt nur Pfand, das erstattet wird. Mehrwegverpackungen werden damit für Verbraucher/-innen deutlich attraktiver. Zugleich fördert die Stadt die Anschaffung von Mehrwegsystemen in der Gastronomie. Tübingen beziffert die Ausgaben für die Beseitigung von Einweg-Verpackungen vor Einführung der Verpackungssteuer auf jährlich 700.000 Euro.

„Angesichts des jüngsten Urteils am BVG stellt sich die Frage, ob eine Verpackungssteuer auch für Leipzig infrage kommt. Schließlich erarbeitet Leipzig derzeit ein Zero-Waste-Konzept unter dem Motto ‚Mein Leipzig schon‘ich mir‘“, bemerkt Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

„Wir haben uns als Ziel gesetzt, das Leipziger Restmüllaufkommen bis 2030 um mindestens 10 % zu senken. In Tübingen hat die Steuer bereits nachweislich zu einer starken Reduktion des Abfallaufkommens von Einweg-Verpackungen geführt. Damit kann ein wichtiger Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz geleistet werden. Wir wollen daher, dass die Idee in Leipzig diskutiert, geprüft und gegebenenfalls umgesetzt wird.“

Die Anfrage der Grünen zur Verpackungssteuer.

„Die kommunale Verpackungssteuer steht als Lenkungssteuer auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie bezweckt die Vermeidung von Verpackungsabfall im Stadtgebiet und verfolgt damit auf lokaler Ebene kein gegenläufiges, sondern dasselbe Ziel wie der Unions- und der Bundesgesetzgeber.

Die Abfallvermeidung steht in der Abfallhierarchie an oberster Stelle, wie sich aus der EU-Verpackungsrichtlinie, der EU-Einwegkunststoffrichtlinie, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und dem Verpackungsgesetz ergibt; erst danach folgen Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung des Abfalls“, hatte das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Damit würde sie eben auch nicht gegen Bundesrecht verstoßen.

Freiwilligkeit funktioniert nicht

Und da ist man dann wieder beim Thema der Freiwilligkeit, die in Deutschland meist beschworen wird, wenn man unbequeme Einschränkungen nicht hinnehmen möchte. Doch das funktioniert auch in Leipzig nicht, wie der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Tobias Peter, feststellt.

„Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen, dass die Mehrwegpflicht in Leipzig weitgehend nicht greift. Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen sind leicht vermeidbarer Müll, der viele Ressourcen verschwendet und das Klima belastet. Unverändert kommt es vielerorts zu verstopften Mülleimern und Umweltverschmutzung durch Verpackungen“, beschreibt Peter die simple Wirklichkeit.

„Gastronomische Betriebe müssen bei der Reduktion des Abfallaufkommens und der Einführung von Mehrwegverpackungen oder der Anschaffung von Spülmaschinen stärker unterstützt werden. Dafür könnten die Einnahmen einer Verpackungssteuer genutzt werden. Als künftige Zero-Waste-City sollten wir vorangehen und alle kommunalen Spielräume nutzen, statt auf eine bundesweite Regelung zu warten.“

Seit Jahresbeginn gilt in Deutschland die Mehrwegangebotspflicht. Aus der Antwort zur Grünen-Anfrage zur Umsetzung dieses neuen Gesetzes in Leipzig (VII-F-08396-AW-01) geht hervor, dass die meisten Betriebe in Leipzig die Pflicht zum Mehrwegangebot nicht umsetzen. Als Hinderungsgrund wird dabei auch die mangelnde verbraucherseitige Nachfrage genannt.

„Diese Nachfrage würde mit einer Verpackungssteuer sicher in Schwung gebracht“, ist sich Peter sicher.

Die Antwort des Amtes für Umweltschutz auf die Anfrage der Grünen „Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht“.

Denn die Einweg-Praxis ist ja nicht entstanden, weil sie irgendwie kulturvoller wäre. Sie nimmt einfach die Bequemlichkeit der Menschen zum Ausgangspunkt, die sich in der modernen Konsumgesellschaft angewöhnt haben, dass man Dinge kauft und alsbald einfach wieder wegwirft – was dann eben auch den enormen Ressourcenverbrauch der Konsumgesellschaft zur Folge hat und damit die riesigen Müllberge.

Genauso wie die überquellenden Abfallcontainer in Leipziger Parks.

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