Greenwashing hat viele Formen. Auch die von einer Flut von unterschiedlichsten „Umweltsiegeln“ auf Verpackungen, die den Käufern der Produkte eine klima- und umweltfreundliche Herstellung des Produkts suggerieren. Doch eine wirklich unabhängige Instanz, die solche Siegel verleiht, gibt es nicht. Die Flut unterschiedlichster Motive mit hochheiligen Versprechen rief jetzt die Verbraucherzentrale Brandenburg auf den Plan, die die getätigten Aussagen für irreführend hält.

Auf Lebensmitteln tummelt sich eine Vielzahl verschiedener Zeichen und Werbeaussagen rund ums Klima. Wie ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen zeigt, bleiben diese jedoch häufig unklar und ohne nähere Erläuterungen. Sie fordern die Abkehr von nicht belegbaren Angaben wie „klimaneutral“ oder „CO2-positiv“. Einheitliche, rechtliche Vorgaben für Klimaaussagen müssten schnell eingeführt werden, fordert die Verbraucherzentrale. Unternehmen sollten ihre Klimaschutzbemühungen schon jetzt transparent und verständlich kommunizieren.

Klima und Nachhaltigkeit sind vielen Menschen beim Einkauf wichtig. Das nutzen viele Unternehmen für sich und werben mit zahlreichen Werbeaussagen auf Lebensmitteln. Den Wildwuchs an Siegeln und Klimaaussagen zeigt auch eine Stichprobe der Verbraucherzentralen.

„Wir haben allein das ‚Klimaneutral‘-Zeichen eines privaten Siegelgebers in sieben verschiedenen Varianten gefunden“, erklärt Annett Reinke, Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB).

Häufig unklar und ohne nähere Erläuterungen

Am häufigsten wurde mit Klimaneutralität geworben (53 von 87 Produkte). Doch Aussagen wie „klimaneutral“, „klimapositiv“ und „CO2-positiv“ können zu falschen Vorstellungen führen.

„Aus Sicht der Verbraucherzentralen lassen sich solche Angaben nicht belegen“, erklärt Reinke. „Sie sind für Verbraucherinnen und Verbraucher keine Hilfe. Meist stecken dahinter Ausgleichszahlungen in Kompensationsprojekte, deren Berechnungsgrundlagen durchaus fragwürdig sein können. Lebensmittelhersteller sollten diese daher grundsätzlich nicht mehr verwenden.“

Bei einem Drittel der Produkte blieb sogar völlig unklar, worauf genau sich das Werbeversprechen bezieht. „Aussagen wie ‚24 Prozent CO2-Reduzierung‘ sind nicht hilfreich, wenn nirgendwo angegeben ist, ob damit die Verpackung, die Herstellung oder das gesamte Produkt gemeint ist“, kritisiert die Expertin.

Außerdem wurde keine Vergleichsgröße genannt. Solche ergänzenden Erklärungen fehlten ebenfalls bei einem Drittel der Produkte. Häufig verwiesen die Unternehmen auf weiterführende Informationen im Internet (73 der 87 Produkte). Wesentliche Informationen zur Verständlichkeit von Klima- und CO2-Aussagen gehören jedoch aus Sicht der Verbraucherzentralen direkt auf die Verpackung.

Rechtliche Vorgaben dringend notwendig

Der Marktcheck mache deutlich, dass ein gesetzliches, standardisiertes Regelwerk einschließlich entsprechendem Kontrollsystem für die Werbung mit Klima- und Umweltaussagen nötig sei. Das zeige beispielsweise der Vergleich verschiedener Milchpackungen: Ein Produkt trug lediglich die Angabe „Klimaneutral“ mit Verweis auf „effektiven Klimaschutz“, ein anderes Produkt warb mit Aussagen und Erläuterungen auf allen Verpackungsseiten. Eindeutige Informationen lieferten diese jedoch auch nicht. Eine Einschätzung, welches der Produkte den größten Mehrwert für das Klima bringt, sei so für Verbraucher/-innen nicht möglich.

Als vielversprechend werten die Verbraucherzentralen zwei Richtlinien zu Umweltaussagen, die die Europäische Kommission aktuell vorbereitet, um rechtliche Lücken zu schließen. Bis die Richtlinien umgesetzt sind und sich damit direkt auf Werbeaussagen auswirken, können jedoch noch Jahre vergehen. Unternehmen, die ihre Klimaschutzbemühungen deutlich machen wollen, sollten daher schon jetzt transparent und verständlich kommunizieren, fordern die Verbraucherschützer.

„Die Werbung mit Klimaaussagen darf nicht dazu führen, dass Unternehmen Produkte besser darstellen als sie sind und Verbraucher/-innen dadurch täuschen“, fasst Annett Reinke zusammen.

Hintergrund des Marktchecks

In einer bundesweiten Stichprobe haben die Verbraucherzentralen im April 2023 Lebensmittel mit Klima- und CO2-Siegeln und Aussagen erfasst. Dazu wurde das Angebot in Discountern, Supermärkten, Biomärkten und Drogeriemärkten in zehn Bundesländern untersucht. Erfasst wurden 87 Produkte, die im Hauptsichtfeld mit Siegeln und Aussagen zu Klima und CO2 warben.

Der ausführliche Bericht zum aktuellen Marktcheck ist online hier zu finden.

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Dieser Wildwuchs an “Zertifikaten” ist nicht nur bei Lebensmitteln vorhanden. Auch bei Verbrauchsgütern werden die Käufer und Anwender vielfach getäuscht.

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