Am 7. Mai 2025 wurde die Stadt Leipzig für ihre Anstrengungen auf dem Weg zur Klimaneutralität, als eine von 39 neuen Städten, mit dem EU-Mission-Label „Climate-Neutral and Smart Cities“ der Europäischen Kommission ausgezeichnet. Die 2022 mit 112 Städten gestartete Mission „100 klimaneutrale und smarte Städte“ hat jetzt somit 92 Träger dieser Auszeichnung.
Was war die Motivation der EU für diese Mission?
Die Europäische Kommission stellt dazu fest: „Städte sind für mehr als 70 % der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich und verbrauchen über 65 % der weltweiten Energie. Städtische Maßnahmen sind für den Klimaschutz von entscheidender Bedeutung und können die Anstrengungen zur Erreichung der rechtsverbindlichen Verpflichtung der EU zur Klimaneutralität bis 2050 sowie des Zwischenziels, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % zu senken, erheblich beschleunigen.“
Es wurde beschlossen, dass die teilnehmenden Städte „Klimastadtverträge“ erarbeiten, die mit allen Interessenvertretern, wie Stadtverwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürgern, erarbeitet wird und eine Gesamtvision für die Klimaneutralität darstellt.
Bisher erhielten die deutschen Städte Mannheim, Heidelberg, Aachen und Münster das Label, in diesem Jahr kamen Dresden und Leipzig dazu.
Die Auszeichnung ist es wert, gefeiert zu werden, es begann mit einer Videobotschaft des Stellvertretenden Direktors der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission und Leiter der EU-Mission „100 klimaneutrale und smarte Städte“, Patrick Child.
Die Eröffnung

Burkhard Jung stellt in seiner Rede fest, dass es aber erst ein Anfang ist:
„Dieses Label, diese Auszeichnung rückt das Thema noch einmal ganz deutlich auf die Agenda, auf die Agenda unseres städtischen Handelns aller Akteurinnen und Akteure. Ein starkes Zeichen. Wir Kommunen können aus einem Umbruch einen Aufbruch machen. Um mal mit diesem Satz zu beginnen: Wir haben uns ein ambitioniertes Ziel gesetzt, bis 2040 wollen wir als Stadt klimaneutral werden. Wir stehen zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Und das ist weiß Gott ambitioniert.“
Der Oberbürgermeister legte dann auch gleich nach:
„Es ist ein unglaublich ambitioniertes Ziel. Und zwar durch die gesamten Bereiche einer Stadt, wo wir auch Einfluss haben. Ich rede nur von den Möglichkeiten, die wir miteinander haben, um diesem Ziel nahezukommen. Und das hat Charles wirklich sehr, sehr gut gesagt. Das kann man nicht alleine schaffen. Wir können das als Stadtverwaltung nicht alleine schaffen. Die Unternehmen können das nicht alleine schaffen. Die Zivilgesellschaft nicht. Sondern es geht nur in einem Miteinander von Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Vereinen, Verbänden, Bürgerinnen und Bürger und Stadtverwaltung.“
Burkhard Jung zeigte sich optimistisch. Die Ziele sind erreichbar, das machte er auch am Beispiel des weltweiten Verzichts auf den Einsatz von FCKW deutlich. Wenn die Weltgemeinschaft sich einmal entschlossen hat, dann kann sie es auch schaffen. Auch wenn der Anteil Leipzigs und der anderen Missions-Städte am globalen CO₂-Ausstoß gering erscheint, wenn niemand anfängt, dann wird es auch nichts.
Die Keynote

Prof. Anders Levermann, vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, machte den Zuhörenden klar: Mit Physik kann man nicht verhandeln und die Erderwärmung, verbunden mit dem Abschmelzen der Gletscher und des antarktischen Eisschildes, die vor 50 Jahren von John Mercer prognostiziert wurde, hat sich bestätigt.
Was passiert, wenn wir weitermachen wie bisher, dazu sagte er:
„Wir wissen, dass eine wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann, und was Wasserdampf, das wissen wir wieder aus der Quantenmechanik, mit Licht macht. Und diese beiden Aspekte zusammen sagen Ihnen, für jede Verdopplung von CO₂ in der Atmosphäre bekommen Sie 3 Grad globaler Wärme. Da kommen Sie nicht drumherum. Da können Sie alle Klimaskeptiker-Argumente heraussuchen, die Sie haben wollen, ich glaube, es gibt so 120, 150 in der Größenordnung, die können wir auch alle beantworten, müssen wir aber nicht. Weil: Wir verstehen fundamental, was CO₂ macht. […]
Wenn Sie alles verbrennen, was wir gefunden haben, alles Öl, alles Gas, alles Kohle. Dann kriegen Sie 15 Grad globaler Erwärmung. Im letzten Jahr haben wir 1,5 Grad globaler Erwärmung. Wir wissen, das war das Pariser Klimaabkommen. 15 Grad ist 10-mal so viel. Dann haben wir einen Meeresspiegeleinstieg von 70 Metern und 15 Grad wärmere Atmosphäre. […]
Und was Sie sehen ist, egal warum wir aufgehört haben, CO₂ zu emittieren, entweder weil wir vernünftig geworden sind, oder weil wir nichts mehr haben. Die CO₂-Konzentration fällt nur über Jahrhunderte bis Jahrtausende langsam ab. Und die Temperatur geht sogar noch langsamer runter, weil wir den Ozean mit Wärme vollpumpen.“
Er zieht den Schluss:
„Wir können die Temperatur egal, wo Sie die Temperatur des Planeten stabilisieren wollen, ob bei 1,5 Grad, bei 2 Grad, bei 3 Grad, bei 5 Grad oder bei 15. Sie müssen auf null Emission. Kein Öl, kein Gas, keine Kohle.“
Es war noch viel mehr in der Keynote zu hören, belassen wir es hierbei.
Die Paneldiskussion

Diese wurde, wie die gesamte Veranstaltung moderiert von Alexandra von Winning (Lust auf besser leben), hatte das Thema: „Welches Potenzial steckt im aktuellen Klimastadtvertrag?“
Heiko Rosenthal, Beigeordneter für Umwelt, Klima, Ordnung und Sport, Clemens Schülke, Beigeordneter für Wirtschaft, Arbeit und Digitales, Prof. Levermann, Dr. Andrea Diekhof, Geschäftsführerin Studentenwerk Leipzig, Stefan Fenchel, Projektleiter Nachhaltigkeit, BMW Werk Leipzig und Michael Mayer, Leiter Niederlassung Leipzig II, Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), stellten Projekte vor und sprachen auch über Herausforderungen beim Klimaschutz.
So sagte Stefan Fenchel aus der Perspektive der Industrie: „Die Schwierigkeit ist, glaube ich, die Wirtschaftlichkeit in langen Zeiträumen zu denken. Wir können immer kurzfristig Business Cases denken, aber die wirkliche Wirksamkeit entsteht eben manchmal erst nach 10, nach 20 Jahren. Ich glaube, wir müssen lernen, auch die Wirtschaftlichkeit in längeren Zeiträumen zu denken. Nichtsdestotrotz sind wir als Wirtschaftsunternehmen in diesem Diktat der Wirtschaftlichkeit verpflichtet.“
Dr. Diekhof stellte verschiedene Klimaschutzmaßnahmen, wie Photovoltaikanlagen und Energiesparmaßnahmen, vor und kam dann auf das Mensaessen zu sprechen. Ein großer Anteil der Gerichte ist schon vegetarisch oder vegan und wird auch gut angenommen. Viele Studierende fordern auch mehr regionale Lebensmittel, was aufgrund des begrenzten Angebotes schon schwieriger ist.
Weiterhin führte sie aus: „Vielleicht ein bisschen Wasser noch in den Wein gegossen. Wir werden immer wieder gefragt nach Bio-Angeboten in der Mensa. Also Umstellung auf Bio wäre natürlich großartig, aber das ist tatsächlich für uns als Studentenwerk unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, mit einem sozialen Versorgungsauftrag. Hauptauftrag: Das Essen für die Studis muss bezahlbar sein. Wir sind dort im laufenden Betrieb angewiesen auf Zuschüsse und auf Semesterbeiträge.
Und die Öko-Produkte sind halt in der Regel deutlich teurer im Wareneinkauf. Da müssten wir die Essenspreise für die Studierenden deutlich anheben. Und das geht mit dem sozialen Auftrag nicht einher. Also wenn wir das wollen, könnten wir einen großen Effekt erreichen, aber da bräuchte es eine gezielte Förderung von Angeboten in den Mensen.“
Michael Mayer stellte ebenfalls Klimaschutzmaßnahmen vor, wies aber auch auf Probleme bei Bestandsgebäuden, z.B. durch den Denkmalschutz, hin. Eine Herausforderung, für die er noch keine Lösung sieht, formulierte er so: „Der Freistaat Sachsen ist ja eine Behörde, zahlt also erstmal keine Steuern. Wenn wir aber jetzt PV-Anlagen über 200 kW Peak haben, dann sind wir praktisch steuerpflichtig, dann sind wir Stromversorger, was wir ja gar nicht sein wollen.
Deswegen plant man so, dass wir gerade den Grundverbrauch abdecken, aber eben nichts weiter, obwohl das da vielleicht viel mehr ergeben würde. Es ist zum Beispiel so, wenn ich jetzt an die HTWK denke. Das ist ja eine ganze Reihe von Gebäuden. Wenn ich jetzt am Geutebrückbau eine PV-Anlage habe und die hat eben zu viel für die Grundlast, dann kriege ich das nicht in die anderen Gebäude, weil die auf der anderen Seite der Straße sind. Da müsste ich ein extra Kabel ziehen.
Also wie verrückt ist das denn? Vielleicht könnte man sich mit den Stadtwerken einigen, dass man auf der einen Seite einspeist, auf der anderen herauszieht, dass man das irgendwie als Einheit betrachtet oder wie auch immer. Ich glaube, das ist eigentlich nur ein verwaltungstechnisches Problem, denn ich habe ein HTWK-Gebäude und versorge das andere. Aber praktisch ist es wahnsinnig schwierig.“
Bei allem Optimismus, der gezeigt wurde, gibt es teilweise doch noch Probleme, die der Lösung harren.
Zum Schluss sprachen Simone Ariane Pflaum, Leiterin Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz und Dr. Beate Ginzel, Leiterin Referat Digitale Stadt, zum Thema: „Wie geht es weiter mit dem Leipziger Klimastadtvertrag?“, und stellten das Team hinter der Arbeit am Klimastadtvertrag vor.
Zum Abschluss gab es die Möglichkeit, bei Snacks und Getränken, neue Netzwerke zu knüpfen oder mit alten Bekannten zu plaudern.
Fazit: Eine würdige Feier für einen ersten Schritt in Richtung Klimaneutralität. Es bleibt zu hoffen, dass der aufgenommene Schwung aller Beteiligten anhält und es auch nicht an den erforderlichen finanziellen Mitteln fehlt.
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Es gibt 5 Kommentare
Ich möchte ein markantes aktuelles Beispiel für angewandte Manipulation empfehlen: https://www.srf.ch/wissen/klimawandel/konsens-statt-konflikt-so-gelingen-gespraeche-ueber-den-klimawandel-ohne-streit
Der entscheidende Satz lautet “Tante, praktisch alle Klimaforschenden sind der Meinung, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel real ist.” Der Trick ist, daß im gesamten Text nur an dieser Stelle der “menschengemacht”-Aspekt vorkommt.
Es ist offensichtlich, daß sich die Erdatmosphäre seit Jahrzehnten erwärmt. Dumm nur, daß bei näherem Hinsehen keine Offensichtlichkeit hinsichtlich der Ursache(n) besteht.
Lieber Autor, ich weiß, daß die Arbeiten von Koutsoyiannis et al., und besonders die von mir angeführte Arbeit, von anderen Klimawissenschaftlern kritisiert wird. Ich hatte mir die Mühe gemacht, die Arbeit ausführlich zu lesen. Ich habe mir den Ansatz angeschaut und halte ihn für stichhaltig. Ich hatte nur eine leichte Verwunderung, wieso die Autoren anhand logathmierter Daten korrelieren, was man ja eigentlich nur macht, wenn die Meßgrößen mehrere Größenordnungen überstreichen. Leider kann ich nicht Italienisch, so daß ich die von Ihnen angeführte Kritik nicht ohne weiteres lesen kann.
Und damit wir uns erneut nicht falsch verstehen: es ist unstrittig, daß es auf der Erde wärmer wird. Die Frage ist “lediglich”, ob das durch einen CO₂-Konzentrationsanstieg bewirkt wird, oder nicht.
Bei meiner bleibt nur hängen, dass man alle Klimaskeptiker-Argumente beantworten, müssen wir aber nicht, denn wir verstehen fundamental, was CO2 macht. Es ist schon sehr angenehm immer auf der richtigen, der guten Seite zu stehen. Damit braucht man eben nicht diskutieren….
@urs Die von Ihnen genannte Studie wird von anderen Klimawissenschaftler kritisiert. Es ist immer problematisch, wenn man eine Einzelstudie als Argument heranzieht. https://www.climalteranti.it/2024/04/24/prima-luovo-o-la-gallina-come-prendere-fischi-per-fiaschi-nella-correlazione-tra-co2-e-temperatura/
Wenn Sie wieder mal auf eine so würdige Feier gehen, lieber Autor, dann fragen Sie doch mal eine solche Koryphäe wie Dr. Levermann (“Wir verstehen fundamental, was CO₂ macht.”), was er aber nun zu unternehmen vorschlägt, da sich CO₂ nicht als kausal für die Temperaturerhöhung erweist: https://doi.org/10.3390/sci5030035 Damit Sie mich nicht falsch verstehen: nichts spricht gegen eine beträchtliche Absenkung des Verfeuerns fossiler Ressourcen.