Zum Kurs der Neuausrichtung der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (LVV) gehört auch etwas, was man Straffung des Portfolios nennen könnte. Dazu gehört auch das Abstoßen von Beteiligungen und Tochterunternehmen, die nicht zum Kern der Daseinsvorsorge gehören. Schon vor zwei Jahren trennten sich deshalb die Wasserwerke Leipzig von einer Tochterfirma, der IESI Vertriebsgesellschaft Energie und Wasser mbH. Jetzt wurde die nächste in die Selbstständigkeit entlassen.

Schritt in die Eigenständigkeit, nennt die LVV das Ende eines Kapitels, in dem auch die Leipziger Wasserwerke seit dem Jahr 2000 versucht hatten, auf dem internationalen Parkett mitzuspielen. Nicht so, wie es wenig später KWL-Geschäftsführer Klaus Heininger mit dem Versuch wagte, die Wasserwerke zum Versicherer internationaler Finanzspekulationen zu machen. Sondern auf ganz pragmatische Art.

Denn zwischen 1989 und 2000 hatten Leipzigs Wasserwerker jede Menge Knowhow gesammelt, wie man ein in weiten Teilen sehr marodes Wasser- und Abwassernetz behutsam und nachhaltig wieder auf Vordermann bringt. Viele von ihnen hatten auch die Erfahrungen aus der Mangelzeit vor der deutschen Wiedervereinigung. Sie wussten also, wie man solche Transformationsprozesse gestaltet, wie man zu preiswerten Lösungen und bezahlbaren Lösungen kommt.

Und sie konnten beobachten, wie weltweit Länder und Großstädte in solche Transformationsprozesse übergingen, bei denen auch jedes Mal das wichtige Thema Infrastrukturen auf der Tagesordnung stand.

Damals übrigens ein Thema, das im gesamten LVV-Verfbund nicht nur diskutiert, sondern auch forciert wurde. Auch unterstützt von der Leipziger Stadtspitze und vom Stadtrat, denn die Stadt hatte großes Interesse daran, dass die kommunalen Unternehmen eigene Einnahmequellen erschlossen und damit auch eigene Gewinne erwirtschafteten. Was sie innerhalb Deutschlands kaum konnten. Oder nur in engen wettbewerbsrechtlichen Grenzen, was die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) mit ihrem Projekt eines eigenen Straßenbahnbaus in Heiterblick erleben konnten. Der Start mit dem Leoliner war euphorisch, Aufträge winkten aus Ägypten und kleinen Städten der Republik.

Die Stadtwerke begannen – anfangs mit Millioneninvestitionen verbundene – Engagemants zum Beispiel in Polen. Und die Ingenieure der Wasserwerke starteten eine Beratungstätigkeit weltweit. Keineswegs erfolglos: Die Mitarbeiter des Unternehmens sind weltweit unterwegs, um vor Ort zu beraten, wie die Wasserver- und -entsorgung mit den verfügbaren Mitteln auf Vordermann gebracht werden kann. 5,2 Millionen Euro Umsatz machte das 34-Mann-Unternehmen. Es erwirtschaftete seinen Aufwand komplett allein. Nur das Ergebnis für den Konzernabschluss ließ dann wohl die LVV-Geschäftsführung die Köpfe wiegen. Es steckt viel humanitäres Engagement in der Beratungstätigkeit – aber Engagement bringt nicht so üppige Gewinnmargen.

2012 stand ein Gewinnbeitrag von 83.000 Euro in den Büchern. Das ist nicht viel, wenn von den Wasserwerken Leipzig insgesamt Beiträge zum Konzernergebnis von 15 bis 20 Millionen Euro erwartet werden.

Nun ist also der Entschluss gefallen, hier auch einem seit Jahren aus dem Leipziger Stadtrat spürbaren Druck nachzugeben, und das “Geflecht der Leipziger Beteiligungsunternehmen” weiter zu entwirren und vor allem die ungeliebten Auslands-Engagements und Tätigkeiten, die nicht direkt der Leipziger Daseinsvorsorge dienen, zu beenden.

Dabei hat die Sachsen Wasser durchaus das Zeug, auch auf eigenen Füßen zu stehen, auch wenn das eigene Anlagevermögen mit 27.000 Euro eher nicht der Rede Wert ist. Der eigentliche Schatz des Unternehmens ist nun mal das Knowhow seiner Mitarbeiter, die neben sieben Projekten im Inland auch 16 Projekte im Ausland betreuen.

Die bisherige KWL-Tochterfirma wird aber nicht an neue private Eigentümer verkauft, die Sachsen Wasser GmbH wird vom bisherigen Geschäftsführer Dr. Jürgen Wummel zu 100 Prozent übernommen.

“Das Unternehmen, das auf internationalen Wissenstransfer in Ver- und Entsorgungsfragen spezialisiert ist, agiert künftig eigenständig”, betont die LVV in ihrer Mitteilung zu diesem Vorgang. “Der sogenannte Management Buy Out (MBO) aus dem KWL-Verbund erfolgte in gegenseitigem Einvernehmen und unterstreicht die strategischen Ziele beider Seiten.”

„In den vergangenen Jahren haben die Unternehmen ihre Ausrichtung geschärft. Die KWL möchte sich auf ihre Kernthemen, die regionale Wasserversorgung und Abwasserbehandlung, konzentrieren. Die Sachsen Wasser GmbH hingegen agiert außerhalb dieses Portfolios, nämlich international“, erklärt auch der Kaufmännische Geschäftsführer der KWL, Michael M. Theis, die Politik, die hinter dieser Eigenständigmachung der bisherigen Tochterfirma steckt. Man habe die Neuausrichtung der Sachsen Wasser GmbH gründlich und ausgewogen vorbereitet. „Die Herauslösung der Sachsen Wasser GmbH erfolgt absolut in gegenseitiger Wertschätzung. Man könnte sagen, die Sawa ist flügge geworden – die KWL entlassen sie in die Eigenständigkeit“, betont Theis.

Die 2000 gegründete Sachsen Wasser GmbH sieht ihren Schwerpunkt auch künftig in der Beratung von Kommunen und anderen Gebietskörperschaften sowie Dienstleistungsunternehmen weltweit, um diese bei der Optimierung der Wasserver- bzw. Abwasserentsorgung zu unterstützen. Dabei berät Sachsen Wasser, unterstützt auf technischem und kaufmännischem Gebiet und schult Fachpersonal. Einsatzorte waren bisher unter anderem Albanien, Bolivien, Tansania, Tadschikistan und Georgien, Ägypten, Brasilien, Mauretanien und Montenegro.

„Der Markt, auf dem wir uns bewegen, ist umkämpft. Wir haben dort nur eine Chance, wenn wir eigenständig und sehr flexibel agieren können. Dies betrifft zum Beispiel auch projektbezogene Kooperationen mit Baufirmen, Anlagenbauern und anderen Partnern, die wir im Konzernverbund nicht ohne weiteres eingehen konnten“, sagt Sachsen Wasser-Geschäftsführer Dr. Jürgen Wummel. Von bisher neun Mitarbeitern werden alle weiter beschäftigt. Wummel: “Wir verfügen über einen speziell in der Projektarbeit erfahrenen Mitarbeiterstamm, auf den wir auch in Zukunft bauen wollen.”

Dabei wolle Sachsen Wasser auch künftig weiter mit den Wasserwerken Leipzig kooperieren, etwa bei der technischen und personalwirtschaftlichen Unterstützung durch die KWL.

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