2016 kommt der Katholikentag nach Leipzig. Neben dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist das Bistum Dresden-Meißen Gastgeber. Dessen Bischof ist noch bis zum Herbst Dr. Heiner Koch. Erst 2013 kam er von Köln. Doch auch als Erzbischof von Berlin bleibt er für die Leipziger Veranstaltung mitverantwortlich. Im Herbst fährt er mit zwei weiteren deutschen Bischöfen nach Rom. Thema: Ehe und Familie. Auch darüber sprach er mit der L-IZ.

Manchmal scheitern Gespräche schon allein daran, dass unter dem gleichen Wort unterschiedliches einsortiert wird. Schon von daher lohnt es sich, genauer nachzufragen. Besonders, wenn es sich um eine Religion handelt, die nicht so schnell Schubladen neu sortieren kann, die über Jahrhunderte gebastelt wurden. Dann kann es etwas länger dauern.

Welches Bild von Ehe bringt die Kirche in die Diskussion ein?

Wir Katholiken verstehen unter Ehe die lebenslange Bindung von Mann und Frau, die prinzipiell offen ist für die Weitergabe des Lebens und die sich sakramental in Christus und die Kirche eingebunden weiß. Wir müssen schauen, wie es gesellschaftlich und kirchlich wieder gelingt, diese kleinste Einheit der Gesellschaft zu stärken und zu fördern. Wir müssen einen positiven Drive bekommen. Wir reden im Moment sehr viel von den negativen Seiten der Ehe und vom Scheitern. Das gehört natürlich dazu. Die positiven Seiten scheinen mir unterbelichtet.

Manche kirchlichen Äußerungen sind auch einfach verletzend und wirken fern der Realität. Etwa wenn betont wird, die Ehe sei unauflöslich und Paare dürften nicht wieder heiraten, wenn eine Beziehung gescheitert ist.

Die positive Idee ist, dass Gott mit den Paaren durch alle Höhen und Tiefen mitgeht. Es geht um die Verlässlichkeit Gottes, die unauflöslich ist, und um die bleibende Verantwortung gegenüber dem Anderen. Aus diesem Glauben schöpfen Paare die Kraft, beieinander zu bleiben.

Kann die bleibende Verantwortung nicht auch darin bestehen, den anderen freizugeben, wenn ich merke, dass er/sie mit jemandem anderen glücklicher ist?

Es ist eine große Freiheit des Menschen, zu seiner gefällten Entscheidung verlässlich zu stehen. Manchmal gehen heute Menschen zu schnell auseinander, schon bei kleinen Schwierigkeiten. Es kann aber auch einzelne Situationen geben, wo auch die Kirche empfiehlt, sich zu trennen. Dann muss freilich gefragt werden, ob vielleicht von Anfang an falsche Erwartungen mit der Ehe verknüpft waren und die Ehe im christlichen Verständnis nie bestand.

Ist Liebe durch ein Gebot erzwingbar?

Liebe ist eine Entscheidung, ist mehr als ein Gefühl. Liebe ist eine Entdeckungsreise, für die sich zwei Menschen ein Leben lang Zeit nehmen. Gespräche mit Paaren, die 50 oder 60 Jahre zusammenleben, sind für mich immer packend. So wie die Ehe geworden ist, konnte sich das keiner am Anfang vorstellen.

Sie hatten sich dafür ausgesprochen, dass wiederverheiratete Paare zu den Sakramenten zugelassen werden können.

Ich habe die Frage gestellt, ob es Ausnahmen geben kann zu einer von mir grundsätzlich bejahten Regelung des Glaubens. Das widerspricht nicht der Überzeugung von der Ehe als bleibende Verbindung. Mit dieser Frage fahre ich hin zur Synode, nicht mit einer Antwort. Und ich erwarte, dass auch andere Teilnehmer nicht mit fertigen Antworten in die Synode gehen.

Ist das Zeichen des Sakraments noch tragfähig, wenn die Liebe verlorengegangen ist?

Für ein Paar, das seine Beziehung als Sakrament lebt, ist das Bleiben ein hoher Wert. Bleiben ist auch anstrengend. Zudem: Die Liebe Gottes, die einem Ehepaar im Sakrament geschenkt wurde, ist nicht verloren gegangen. Das große Problem dieser Thematik ist, dass es sich um keine Sache handelt. Klar, man muss darüber rational reflektieren. Aber es handelt sich immer um Menschen und um Beziehungen. Das ist immer ein Geheimnis und nicht erfassbar. Und es hat immer etwas mit Verletzungen und mit Sehnsüchten zu tun. Deshalb wird es auch sehr emotional diskutiert.

Vielen Dank für das Gespräch! 

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