Es wird eins der großen Diskussionsthemen am Mittwoch, 7. Oktober, in der Ratsversammlung. Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal möchte dann gern die Fortschreibung des Wassertouristischen Nutzungskonzepts (WTNK) zum Beschluss bringen. Oder genauer: die „Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK)“ – und zwar als „städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB“. Die Umweltverbände sind aufs Höchste alarmiert.

Denn die Reihenfolge stimmt nicht. So sehen es übrigens auch die Grünen, die mittlerweile zwei Änderungsanträge eingereicht haben. Der zweite fasst sich sehr knapp und umfasst diese Ergänzung: „Der Beschluss des WTNK erfolgt unter Vorbehalt bis zur Verabschiedung des Auwaldentwicklungskonzepts. Das Auenentwicklungskonzept mit dem Ziel der Renaturierung der Auenlandschaft und Wiederherstellung der natürlichen Gewässerdynamik, sowie der Verbesserung des ökologischen Gesamtzustandes des Waldes ist die Zielstellung, der sich sämtliche touristische und wirtschaftliche Erwägungen unterzuordnen haben.“

Denn was will die Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland als neues Wassertouristisches Konzept im Gewässerverbund eigentlich planen, wenn noch nicht einmal feststeht, worüber „wassertouristisch“ in der Elster-Pleiße-Luppe-Aue überhaupt noch diskutiert werden kann?

Denn im Mai hat der Stadtrat die Erstellung des Auenentwicklungskonzepts beschlossen, das dafür sorgen soll, dass die Aue wieder Wasser bekommt und alle dies verhindernden Bauwerke aus der Aue zurückgebaut werden müssen.

Aber dieses Konzept wird erst 2023 fertig sein.

Wie will der Leipziger Stadtrat da schon in seiner nächsten Sitzung am 7. Oktober über die Fortschreibung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK) entscheiden können, wenn schlicht die Grundlagen fehlen?

Auch Ökolöwe und BUND Leipzig melden sich jetzt zu Wort und haben eine klare Botschaft: „Die Pläne für den Wassertourismus dürfen die Zukunft der Leipziger Aue nicht verbauen. Die Entwicklung einer intakten Auenlandschaft hat oberste Priorität und ist auch Grundlage für attraktive Naherholung.“

Erst im Mai dieses Jahres hat der Stadtrat ein Auenkonzept in Auftrag gegeben. Hierbei wurde explizit beschlossen, dass keine einzige Maßnahme der Revitalisierung im Weg stehen darf.

„Das Wassertouristische Nutzungskonzept mit seinen wasserbaulichen Projekten gehört ganz oben auf die Maßnahmenliste“, sagt Friederike Lägel, umweltpolitische Sprecherin der Ökolöwen und merkt an: „Wenn der Stadtrat vor dem Auenkonzept die Aufstellung und dann das WTNK beschließt, handelt er gegen seinen eigenen Beschluss!“

Das Sinnvollste wäre, einen Beschluss zur Fortschreibung des WTNK zu vertagen. Mindestens bis 2024, wenn auch die Ratsversammlung weiß, was das Auenentwicklungskonzept alles beinhaltet.

Der Ökolöwe und der BUND Leipzig bitten den Stadtrat deshalb eindringlich, erst nach der Aufstellung des Auenkonzepts Beschlüsse zur wassertouristischen Nutzung zu treffen.

„Durch voreilige Beschlüsse werden Verbindlichkeiten geschaffen, die die Zukunft des Auwaldes verbauen“, erklärt Martin Hilbrecht, Vorstandsvorsitzender vom BUND Leipzig. „Wenn nur wassertouristische Interessen verfolgt werden, wird eine lebendige und nachhaltige Gewässerlandschaft zum Wohle aller nicht gelingen.“

Das WTNK verfolgt als Plan zur wirtschaftlichen Nutzung der Gewässer das Ziel, eine „Bootsgängigkeit“ im Leipziger Neuseenland umzusetzen. Hierfür soll insbesondere der Neu- und Umbau von Gewässerabschnitten, der Bau von Schleusen und Boots-Pässen sowie der Neu- und Umbau von Brücken erfolgen. Mit dem Bau von Häfen, Steganlagen, Umtrage-Einrichtungen und Einsetzstellen sollen mehr Touristen angelockt und die Bootsdichte auf den Gewässern weiter erhöht werden, und das auch im Schutzgebiet Leipziger Auwald.

Das beißt sich gründlich mit der Tatsache, dass dem Leipziger Auenwald jetzt schon das Wasser fehlt. Normale Hochwasser kommen aufgrund der Deichanlagen nicht mehr in den Wald. Neue Luppe und Nahle sind so tief eingeschnitten, dass auch der Grundwasserspiegel dramatisch abgefallen ist. Der Auenwald leidet – obwohl er eigentlich mitten im Flussgebiet steht – unter Dürre, wie auch beim August-Termin mit Umweltminister Wolfram Günther an der Burgaue sichtbar wurde.

Grüne machen ernst: Die natürliche Gewässerentwicklung im Auenwald muss Vorrang haben vor allen Planungen im WTNK

Grüne machen ernst: Die natürliche Gewässerentwicklung im Auenwald muss Vorrang haben vor allen Planungen im WTNK

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Es gibt 2 Kommentare

Ein klares Zeichen von Missachtung der NuKLA PE, irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Lizzy seit langem ihre Auwald Ausrichtung hin zu den ewig gestrigen Verbänden, warum auch immer verändert hat.

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