Den aktuellen Doppelhaushalt 2025/2026 bekam Leipzig nur mit Ach und Krach und vielen Auflagen genehmigt. Aber dafür musste die Stadt schon vorher eine Streichliste im Umfang von 27 Millionen Euro für 2025 vorlegen. Und die umfasste auch wichtige Projekte aus dem Klimaschutz, dem Auenschutz und der Klimawandelanpassung. Die Linksfraktion wollte genau wissen, welche Projekte das betrifft. Und da war nicht nur die Sprecherin für Klima und Umweltschutz in der Fraktion, Susanne Scheidereiter, erschrocken. Denn damit schneidet Leipzig in wichtige Zukunftsthemen hinein.
„Die aktuelle Haushaltssituation verursacht viele Kürzungen und Stillstand für die wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit: eine gute öffentliche Daseinsfürsorge für alle, Energie- und Wärmewende, Klimawandelanpassung, etc. Dazu haben das Energie- und Klimaschutzprogramm (EKSP) beschlossen und den Klimanotstand ausgerufen“, ging die Linksfraktion in ihrer Anfrage auf diese Kürzungen ein.
„Die aktuellen Debatten um das freiwillige Haushaltssicherungskonzept bringen aber immer wieder verbale Angriffe auf den Klimaschutz hervor. Die letzte Ratsversammlung hat uns einen Eindruck darüber vermittelt, wie sehr die Verkehrswende, als wichtiger Baustein kommunaler Klimaanpassung, durch die Konsolidierung betroffen ist.“
Letztlich bestätigte das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz die Befürchtungen der Linksfraktion, dass hier bei Projekten gespart wird, die sowieso schon viel zu spät kommen und bei denen jedes Jahr zählt. Teilweise sind es, wie Susanne Scheidereiter formulierte, „Einsparungen, die nicht nachgeholt werden können“.
Sind ja keine Pflichtaufgaben
Die alarmierende Finanzsituation der Stadt trifft auf den zunehmend kritischen Zustand unserer Umwelt und die zunehmenden Extreme des Klimawandels, für die Leipzig nicht gewappnet ist.
So sieht es auch das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz: „Angesichts eines sich dramatisch beschleunigenden Klimawandels und dem daraus resultierenden enormen Handlungsdruck auf allen politischen Ebenen, ist eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung für das Gelingen von Klimaschutz notwendig. Kommunen sind dabei wichtige Akteure, gemeinsam mit ihren Stadtwerken, kommunalen Unternehmen sowie engagierten Institutionen und einer aktiven Bürgerschaft.
Sie sind Treiber der Energie- und Wärmewende und des Klimaschutzes vor Ort.“ Und gleichzeitig merkt es an, dass dafür Geld gebraucht wird, das aber allerenden fehlt: „Eine tragfähige, langfristige und ausreichende Finanzierungssicherheit zur Umsetzung der kommunalen Hebelsektoren und der vielfältigen lokalen Klimaschutzmaßnahmen ist mitunter abhängig von den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die EU, den Bund und den Freistaat.“
Dabei hat Leipzig durchaus ehrgeizige Programme, die Stadt zukunftsfähig zu machen.
„Das Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (EKSP 2030) ist die wichtigste vom Stadtrat beschlossene Fachplanung der Stadt Leipzig, um das Ziel der Leipzig-Strategie 2035 einer Klimaneutralität 2040 und einer sicheren Energie- und Wärmeversorgung zu erreichen. Das EKSP 2030 wird durch die zweijährigen Umsetzungsprogramme entsprechend der neuesten Entwicklungen konkretisiert und finanziell im Doppelhaushalt untersetzt“, erklärt das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz.
„Allein mit dem Umsetzungsprogramm 2023/2024 konnten über 80 Klimaschutzmaßnahmen begonnen werden, sowohl komplexe, langfristig angelegte Infrastrukturmaßnahmen, als auch konzeptionelle Vorbereitungen oder Maßnahmen mit zentralen Kooperationen. Mit dem Umsetzungsprogramm 2025/2026 werden die bereits laufenden Komplexmaßnahmen fortgeführt als auch mittel- bis langfristig wirkende Maßnahmen aus den sieben Handlungsfeldern weiter qualifiziert und übergeordnete EKSP 2030- Maßnahmen für eine Umsetzung weiter konkretisiert.“
Nur werden alle diese brisanten Themen, die über die Bewohnbarkeit der Stadt in Zukunft bestimmen, vom Gesetzgeber nicht als Pflichtaufgaben begriffen, sondern als freiwillige Leistungen. Und die werden sofort zum Opfer von Sparmaßnahmen, wenn ein Haushalt wie der aktuelle zu radikalen Einsparungen zwingt.
Planungen für die Auenentwicklungen starten erst 2026
„Die finanzielle Untersetzung des Umsetzungsprogramms 2025/2026 erfolgte durch den vom Stadtrat am 12.03.2025 beschlossenen Doppelhaushalt 2025/2026. Jegliche darin abgebildeten Finanzwerte sind vorbehaltlich der Genehmigung des Haushaltes durch die Landesdirektion zu verstehen und unterliegen weiteren möglichen auch internen Haushaltsauflagen“, formuliert es das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz.
Und dann listet es Projekte im Umfang von über 6 Millionen Euro auf, die im Jahr 2025 betroffen sind und ganz oder teilweise gestrichen wurden. Allen voran 1,5 Millionen Euro für das Auenentwicklungskonzept, für das die Planungen in diesem Jahr endlich starten sollten. Nun soll es erst 2026 losgehen.
250.000 Euro werden beim Einsatz energiesparender Beleuchtung „eingespart“, 250.000 Euro bei Photovoltaik-Anlagen auf kommunalen Gebäuden, 340.000 Euro bei Park-and-Ride-Plätzen, 630.000 Euro bei eigentlich geplanten neuen Radverkehrsanlagen, die 2025 begonnen werden sollten, 150.000 Euro allein 2025 bei der Planung für die Netzerweiterung der LVB (weitere 375.000 Euro im nächsten Jahr), 100.000 Euro bei der Klimaschutzoffensive. Und auch bei der Mobilitätswoche hat man über 200.000 Euro gestrichen.
Dazu kommt dann noch: „Von den sechs bestehenden Klimaschutzstellen in den Dezernaten I, III, VI und VIII wird aufgrund der aktuellen Situation die Klimaschutzstelle im MTA nicht nachbesetzt und damit gewandelt.“
Weitere Ausgabensperren sind absehbar
Und dabei wird es nicht bleiben. Denn auch andere Ausgaben für Programme und Projekte aus dem Bereich Klima und Umwelt sind von Ausgabesperren betroffen, wenn ab dem 6. Oktober die Haushaltssperre in Kraft tritt.
Dass das ganz und gar kein gutes Zeichen ist, merkt auch das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz an: „Auch nach Bestätigung des Haushalts durch die Landesdirektion ist zu erwarten, dass restriktive Vorgaben bestehen bleiben. Diese unterliegen weiteren möglichen auch internen Haushaltsauflagen.
Angesichts des bestehenden Klimanotstandes und der drastischen Konsequenzen einer sich rasant erwärmenden Atmosphäre hat diese zeitliche Verzögerung und unzureichende Finanzierungssicherheit eine direkte Auswirkung auf das noch rechtzeitige Erreichen der Klimaschutzziele.“
Ein Thema fehlte Susanne Scheidereiter dann noch in der Auflistung: Was wird aus der geplanten kommunalen Energieagentur? Das Projekt sei noch nicht beerdigt, teilte Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke in der Ratsversammlung am 24. September mit. Man arbeite daran und werde zum Jahresende einen Vorschlag dazu machen. Die Gründung der Energieagentur wurde im Dezember 2024 im Rahmen des 25-Millionen-Euro-Pakets zur Mittelstandsförderung von Stadtrat beschlossen.
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