Den Termin hätte Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal bestimmt gern wahrgenommen. Denn das gab es lange nicht, dass ein Umweltminister nach Leipzig kommt und im Auenwald über dessen Zustand redet. Das tat Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) nämlich am Donnerstag, 27. August. Und zwar nicht nur, weil auch der Leipziger Auenwald unter der Trockenheit leidet. Sondern auch, weil hier künftig andere Weichenstellungen passieren werden.

Von denen Heiko Rosenthal natürlich weiß. Der Stadtrat hat ja gerade erst beschlossen, dass im Projekt „Lebendige Luppe“ ein Auenentwicklungskonzept erarbeitet wird, das nach 2023 nicht nur die Bespannung einzelner Bachläufe in der Burgaue ermöglicht, sondern eine richtige und nachhaltige Wasseranbindung für die ganze Nordwestaue.

Von Heiko Rosenthal, an dessen Stelle Rüdiger Dittmar, Leiter des Amtes für Grünflächen und Gewässer, am Pressetermin an der Nahle teilnahm, gab es trotzdem ein paar grüßende Worte: „Leipzig hat die Notwendigkeit zum Schutz des Auwaldes, seine Bedeutung für das europäische Schutzgebietssystem (Natura 2000) sowie den dringenden Handlungsbedarf bereits früh erkannt. Auf Grundlage der Vorarbeiten des Grünen Rings Leipzig wurde daher das Förderprojekt ,Lebendige Luppe‘ des Bundesamtes für Naturschutz im Juni 2012 zusammen mit der Stadt Schkeuditz gestartet. Die letzten drei Dürre- und Hitzejahre in Mitteldeutschland machen deutlich, dass der Klimawandel die Probleme im Leipziger Auwald akut verstärkt und ein gemeinsames Handeln erforderlich ist.“

Und Fakt ist: Die mehrjährige Trockenheit hat die prekäre Situation des Leipziger Auwaldes als herausragenden Landschaftsraum weiter verschärft. Und auch schon vorher war klar, dass das Projekt „Lebendige Luppe“ 2011 zu klein gedacht war. Denn immer wieder scheiterte es daran, dass es praktisch keinen vernünftigen Anschluss an die bestehenden Wasserläufe von Nahle und Neuer Luppe gibt. Beide haben sich in den vergangenen 90 Jahren so tief in den Boden gegraben, dass der Auenwald nicht einmal dann normale Hochwässer (Ausnahme: die 100-jährlichen) bekommen würde, wenn es die Deiche nicht gäbe.

Ohne eine kluge Veränderung am Flusssystem wird der Auwald nicht wieder zum Auwald. Deswegen war auch der verantwortliche Bereichsleiter der Landestalsperrenverwaltung Axel Bobbe mit vor Ort.

Denn Ziel muss eine umfassende Revitalisierung des Auwaldes sein, der in der Vergangenheit durch menschliche Eingriffe vom prägenden Einfluss des Wassers abgeschnitten wurde. Die Revitalisierung soll im Rahmen des vom Stadtrat beschlossenen umfassenden Gesamtkonzeptes und in enger Kooperation unter anderem zwischen der Stadt Leipzig und dem Freistaat Sachsen erfolgen. Dabei sind die vielfältigen Zusammenhänge im Ökosystem zu berücksichtigen und die umfassende Forschung weiter zu forcieren.

Der sächsische Umweltminister Wolfram Günther besah sich den Zustand des Auwalds. Foto: Sabine Eicker
Wolfram Günther (Grüne). Foto: L-IZ.de

Anlässlich einer Begehung des Auwalds betonte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther: „Wir haben vermehrt Situationen, in denen einerseits Trockenheit herrscht und andererseits Hochwasser aufgrund kurzfristiger starker Niederschläge auftreten. Deshalb gehören Hochwasserschutz und die ökologische Gestaltung von Gewässern und Auenbereichen zusammengedacht.

Das gilt gerade auch im Leipziger Auwald als einem ökologisch hochbedeutsamen Gebiet. Und das gilt, da die Klimawandelfolgen den Auwald stressen. Für die Revitalisierung des Auwalds braucht es die Integration verschiedener Ansprüche und Notwendigkeiten in einer ökologisch ausgerichteten Gesamtkonzeption. Und es braucht die Kooperation der beteiligten Kommunen. Das gehen wir jetzt an.“

Der Leipziger Auwald ist ein Landschaftsraum und Ökosystem von gesamteuropäischer Bedeutung. Aufgrund der besonderen Lage in der Großstadt wollen Freistaat und Stadt Leipzig ihre Kräfte zum Schutz des Auwaldes bündeln. Basis der Revitalisierung ist eine zu erarbeitende Gesamtkonzeption. Die Gesamtkonzeption ist auch Voraussetzung für eine angestrebte Überführung in ein Naturschutzgroßprojekt, das sich auf die gesamte Elster-Luppe-Aue im Freistaat bezieht.

Womit so langsam Konturen annimmt, was die Landesregierung schon seit Jahren plant: Die Elsteraue zum ersten großflächigen Auenrevitalisierungsprojekt in Sachsen zu machen.

Im nördlichen Leipziger Auwald wird das Projekt „Lebendige Luppe“ mit der Stadt Schkeuditz und damit über Stadt- und Landkreisgrenze hinweg bearbeitet. Darüber hinaus hat Leipzig ein Auenentwicklungskonzept beauftragt, das mit mittel- und langfristigen Maßnahmen sowohl das Projektgebiet „Lebendige Luppe“ sowie den südlichen Leipziger Auwald in einer Gesamtkonzeption betrachtet.

Im Hinblick auf die Nordwestaue geht es um die Wiedervernässung der Aue durch Wiederanbindung von Altläufen. Neben dieser Maßnahme ist es ein zentrales Ziel der Auenrevitalisierung, eine auentypische Überschwemmungs- und Grundwassersituation zu schaffen. Was auch eine Änderung an Nahle und Neuer Luppe notwendig macht. Und natürlich wird das Ganze wissenschaftlich begleitet. Was zwar mit dem seit 20 Jahren stehenden Auwaldkran und im bisherigen Projekt „Lebendige Luppe“ auch schon geschah.

Aber eine so großflächige Untersuchung eines bedrohten Biotopes hatte auch das Leipziger Umweltforschungszentrum noch nicht auf der Agenda. Was alles zu beachten wäre, darüber informierte vor Ort Prof. Dr. Christian Wirth vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv).

Video Prof. Dr. Christian Wirth im Auwald

Video: L-IZ.de

Der Stadtrat tagte: Projekt Lebendige Luppe kann sich auf den Weg machen, ein richtiges Auenentwicklungskonzept zu erarbeiten + Video

Der Stadtrat tagte: Projekt Lebendige Luppe kann sich auf den Weg machen, ein richtiges Auenentwicklungskonzept zu erarbeiten + Video

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